Parken mit Höhen und Tiefen
Nach sieben Jahren wird am Freitag das Parkhaus eingeweiht

Von Armin Guzy
Eppingen. Am Freitag wird Wirklichkeit, was viele Eppinger zumindest zwischenzeitlich schon fast abgeschrieben hatten. Die Eröffnung des Parkhauses markiert die Fertigstellung eines der größten Bauvorhaben in der jüngeren Eppinger Geschichte - und zugleich eines der teuersten und umkämpftesten. Sieben Jahre liegen zwischen dem ersten planerischen Schritt für eine "Parkierungsanlage Wilhelmstraße" und der tatsächlichen Fertigstellung.
Die Zwischenzeit war gefüllt mit großen Visionen, herben Rückschlägen, den Protesten einer Bürgerinitiative, anhaltenden Diskussionen in Bürgerschaft und Gemeinderat, der Ungeduld der Einzelhändler, wiederholten Bauverzögerungen und der ständigen Suche nach Einsparmöglichkeiten.
Hintergrund
Als die Stadt 2001 die ehemalige Süßmosterei der Palmbräu Zorn Söhne KG kaufte, war noch recht unklar, was aus dem Gelände werden sollte. Parkplätze spielten hier seither zwar immer eine Rolle, aber insgeheim gingen die Überlegungen weit darüber
Als die Stadt 2001 die ehemalige Süßmosterei der Palmbräu Zorn Söhne KG kaufte, war noch recht unklar, was aus dem Gelände werden sollte. Parkplätze spielten hier seither zwar immer eine Rolle, aber insgeheim gingen die Überlegungen weit darüber hinaus - spätestens als 2007 auch das restliche Süßmosterei-Areal gekauft werden konnte. 2009 beschloss der Gemeinderat, das Industriedenkmal Süßmosterei abzureißen - was dann allerdings erst Ende 2016 umgesetzt wurde.
In der Zwischenzeit nahm die Idee Gestalt an, auf dem Gelände ein Einzelhandelszentrum mit angeschlossenem Parkhaus zu bauen. 2011 ging die Stadt auf Investorensuche, und die Pläne wurden immer konkreter - bis Anfang 2013 der erste Rückschlag kam: Weil kein großer Ankermieter hier eine Filiale eröffnen wollte, wurde das Vorhaben beerdigt. Inzwischen hatte sich auch eine Bürgerinitiative (Foto re.) formiert, die eigene Pläne für ein nur zweigeschossiges Parkhaus auf der Gesamtfläche des damaligen Parkplatzes vorschlug. Immer wieder ging es auch darum, ob das Gasthaus Ratskeller und das Kesselhaus der Palmbräu-Brauerei mit seinem markanten Schlot erhalten oder abgerissen werden sollten.
Ab Ende 2014 wurde dann von der Stadt der reine Parkhausplan verfolgt und ein Finanzierungsbeschluss gefasst, aber schon Mitte 2015 kam der nächste Dämpfer: Das mit der Planung beauftragte Ingenieurbüro musste Planungsfehler einräumen. Die Folge waren 600.000 Euro Mehrkosten; der Gemeinderat zog in einer turbulenten Sitzung die Notbremse, hielt aber am Grundsatzbeschluss fest, hier ein Parkhaus bauen zu wollen. Alles stand wieder auf Null - ob das Parkhaus deswegen noch immer mit dem Namen "P 0" auf den Hinweistafeln der Stadt vermerkt ist?
Ende 2015 starteten Verwaltung und Gemeinderat dann den nächsten Anlauf, diskutierten über Varianten, Fassadengestaltung, das schwierige Bauumfeld, über einen ursprünglich geplanten Fußgängertunnel unter der Wilhelmstraße und immer wieder über Kosten und Einsparmöglichkeiten. Ein halbes Jahr später fiel der neuerliche Bau- und Finanzierungsbeschluss, Ende 2016 begann der Abriss der alten Süßmosterei, Mitte 2017 war das Gelände bereit für die Neubebauung. Später als geplant, im Februar 2018, wurden dann mit dem Aufbau des Stahlskeletts die Form und die Dimension des Parkhauses deutlich. (guz)
Am Ende werden die 192, mit 2,70 Meter großzügig bemessenen Parkhausplätze voraussichtlich 3,6 Millionen Euro kosten - zuzüglich Mehrwertsteuer und der Neugestaltung des Parkhausumfeldes, die mit fast einer weiteren Million Euro zu Buche schlägt. Nicht berücksichtigt sind in dieser Rechnung Grunderwerb sowie Kosten für verworfene Planungen und Rechtsstreitigkeiten.
An stadtkassenentlastenden Fördermitteln fließen etwa 1,5 Millionen Euro. Dennoch werden die Kosten pro Stellplatz oft höher sein, als der Neuwert der darauf parkenden Autos. Die viel diskutierten und nur mit Mühen gebändigten Kosten sind die Kehrseite. Sie lassen sich spätestens dann addieren, wenn alle Arbeiten abgerechnet sind.
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Nicht berechnen und wohl auch nicht (hoch genug) schätzen lässt sich hingegen der infrastrukturelle Wert des Parkhauses für die Stadt - aktuell, vor allem aber für die kommenden Jahre. Schräg gegenüber, in der Ludwig-Zorn-Straße, soll ein Sozial- und Kulturcampus entstehen, das angrenzende ehemalige Kesselhaus der Palmbräu-Brauerei wird vielleicht zu Theaterspielstätte und Büchereirefugium, die Einkaufsmeile Brettener Straße möglicherweise zumindest zeitweise zur Fußgängerzone, zudem rückt die Gartenschau 2021 immer näher - und egal ob sie Bücherei, VHS, Verwaltung, Innenstadt oder Bürgerpark ansteuern: Die meisten Besucher kommen mit dem Auto.

Schon vor Monaten hat eine Untersuchung ergeben, dass in der Kernstadt rund 300 Parkplätze fehlen, und die Beschwerden der Innenstadthändler, dass ihre Kunden oft keinen Parkplatz finden, sind seit dem Umbau der Brettener Straße unüberhörbar. Aber auch die Bewohner des dicht bebauten Stadtkerns klagen - spätestens, wenn ihre Kinder auch Auto fahren.
Kein Wunder, dass das vom Gemeinderat genehmigte Maximum von 30 Prozent Dauerstellplätzen bereits vor der Parkhauseröffnung erreicht und eine Warteliste eingerichtet ist. Die Gebühren sind so moderat gestaltet, dass sich das Parkhaus darüber zwar wohl nie amortisieren lassen wird, sie aber auch niemanden abschrecken: Das Tagesmaximum liegt bei vier Euro, die erste Stunde kostet 50 Cent, die zweite ist sogar frei.

Die Zukunft der beliebten Traditionsgaststätte "Ratskeller" wurde durch die Planungen wiederholt in Frage gestellt. Und hat überlebt. Foto: Armin Guzy
Inzwischen hat mit dem Modehändler Oliver Spieß auch der erste Geschäftsmann das Parkhaus als Werbefläche entdeckt und einen entsprechenden Vertrag mit der Stadt geschlossen, die auf Nachahmer hofft. Spieß hatte sich früh als Befürworter des Baus positioniert und rechnet mit einem positiven Effekt für die Innenstadt. Ob und inwieweit die Händler die Parkhausnutzung beim Einkauf vergüten, ist noch offen. Dass ihnen die günstigen Parkgebühren aber entgegenkommen, daran herrscht kein Zweifel, auch wenn diese indirekte Subventionierung nicht jedem gefällt.
Das Thema Gefallen war auch in der langen Planungsphase immer wieder Streitpunkt. Während die Verwaltungsspitze und einige Gemeinderäte Wert auf eine ansprechende städtebauliche Gestaltung mit Holz und Naturstein legten, sahen andere das Parkhaus als reinen Zweckbau, den man notfalls auch offen verwirklichen könnte - eine Art Hochregallager fürs Heilige Blech.

Alt und Neu verbunden: Zwischen den Fotovoltaikmodulen auf der oberen Parkhausebene zeigt sich nach wie vor der markante Schlot des Kesselhauses. Er sollte ursprünglich sogar beleuchtet werden. Dieser Plan wurde aber aus Kostengründen wieder ad acta gelegt. Foto: Armin Guzy
Durchgesetzt hat sich nun eine Stahlkonstruktion mit Sandsteinsockel, verkleidet mit Streckmetallelementen in leichtem Goldton und zwei hellen Treppenhäusern. Die große Fotovoltaikanlage auf der obersten Ebene und die Energiezentrale im Keller schaffen einen Mehrwert über das reine Parken hinaus. Ein Pärchen, das am Dienstag alle Ebenen schon mal mit dem Fahrrad erkundete, war offenkundig angetan. Die beiden Vorabbesucher werden wohl mit dem Auto wiederkommen, Freitag, ab 15 Uhr.



