Fridays for Future - Es soll nicht beim Demonstrieren bleiben
Eppinger "Fridays for future"-Aktivisten veranstalten erste Kleidertauschbörse - Bewusstsein für nachhaltiges Handeln schaffen

Von Angela Portner
Eppingen. Einfach nur auf die Straße zu gehen, reicht den Mitgliedern der Eppinger "Fridays for future"-Ortsgruppe nicht. Mit Aktionen wie dem "Kleidertausch", der nun im Jugendhaus erstmals stattfand, wollen sie ein Bewusstsein für nachhaltiges Denken und Handeln schaffen.
Dabei geht es auch darum, sein eigenes Konsumverhalten zu hinterfragen. Warum muss es denn immer eine neue Klamotte sein, wenn bei anderen jede Menge textile Schrank-Leichen darauf warten, endlich mal ausgeführt zu werden? Rund 20 vorwiegend Jugendliche nutzten die Gelegenheit, Kleidung, die nicht mehr passt oder gefällt, einfach nur zu verschenken oder in neue Lieblingsteilchen umzutauschen.
Helga Hellemann war eine der wenigen Erwachsenen, die sich beteiligte. Sie erinnert sich noch sehr genau, wie das bei ihr früher war. Damals war der Kleiderschrank eher übersichtlich ausgestattet: zwei Hosen, eine dünne, eine dicke Jacke, ein paar selbstgestrickte Pullover, Unterwäsche, Nachthemden und Socken – selten neu, eher praktisch und oft bereits von den Geschwistern getragen. "Wir hätten auch gern mal was Neues gehabt", erzählt die 72-Jährige. Doch Geld für Kleidung hatte man kaum. Stattdessen saßen die Frauen an der Nähmaschine und arbeiteten alte Kriegskleidung in warme Wintermäntel um. "Upcycling", heute Trend, war damals Notwendigkeit. Jedes Fitzelchen Stoff, jedes Knöpfchen, jedes Bändchen wurde abgetrennt; Heftfäden wurden aufgerollt und so lange wiederverwendet, bis sie so porös waren, dass sie partout nichts mehr zusammenhalten konnten.
Doch die Zeiten ändern sich. In Billiglohnländern wie Bangladesch ziehen Kinderhände minderwertige Baumwollstoffe durch die Maschinen. Wühltischware gibt es für ein paar Euro. Tütenweise schleppen heute junge Mädchen ihre Beute vom Textildiscounter nach Hause.
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Gesa Höhn weiß, dass vieles davon nie getragen wird. Wenn sie Lust auf neue Klamotten hat, fragt sie bei ihren Freundinnen nach und wird meist fündig. "Ich war seit mindestens einem Jahr nicht mehr shoppen", sagt die 17-Jährige, die das sowieso eher stressig findet. Viel schöner findet sie dagegen, gemeinsam zu kochen – vegan, versteht sich. Denn Nachhaltigkeit ist in Zeiten des Klimawandels für sie fast schon zum Lebensgefühl geworden.
Deswegen engagiert sie sich auch in der Eppinger Ortsgruppe, die sich vor zwei Monaten gegründet hat und inzwischen 17 Mitglieder zählt. "Wir wollen viele Aktionen starten", sagt ihr Sprecher Alexander Johl. Kooperationen sind geplant, und auch Ideen für Vorträge zum Thema gibt es bereits. Ohne erhobenen Zeigefinger will man Generationen an einen Tisch bringen, um gemeinsam zu diskutieren und Veränderungen anzustoßen. Jakob Zürn glaubt, dass das möglich ist. Im Gymnasium hat er sich in Nachhaltigkeitsprojekten engagiert, hat sich für Mülltrennung, besser ausgezeichnete Radwege und die Beschaffung von Wasserspendern in der Schule eingesetzt. Außerdem sitzt er bei der Jugendkonferenz der Stadt mit am Tisch. Schade findet er, dass nur wenig dann auch umgesetzt wird, aber: "Es ist ein gutes Gefühl, sich zu engagieren."
"Wir sind viel zu spät dran", sagt Höhn, die kritisiert, dass von der Politik viel zu wenig getan werde, um den Klimawandel aufzuhalten. Doch jeder Einzelne habe die Möglichkeit und auch die Pflicht, Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen, denn die Konsequenzen müssten letztlich alle tragen. Hilfreich finden alle, dass es durch die Gruppe, die sich weitgehend über soziale Netzwerke organisiert, möglich ist, viele Menschen zu erreichen und für das Thema zu sensibilisieren.
Info: Eine von den Jugendlichen selbst organisierte Demonstration fürs Klima gab es in Eppingen bereits, eine weitere ist für kommenden Freitag, 13.15 Uhr, geplant. Treffpunkt ist am alten Edeka-Markt. Abends geht es dann im Jugendzentrum in der Scheuerlesstraße weiter, diesmal in Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendförderung. Ab 19 Uhr heißt es dort: "Coole Konzerte statt Kohlekonzerne".