Kein Edeka-Markt zwischen Neidenstein und Eschelbronn (Update)
Der Gemeinderat argumentierte von "Überangebot" bis zu "großer Chance".

Von Berthold Jürriens
Neidenstein. Es wird keinen Vollsortiment-Einkaufsmarkt der Firma Edeka Südwest auf der Fläche zwischen Burgdorf und Eschelbronn geben. In der jüngsten Gemeinderatssitzung wurde dem Projekt eine Absage in Form einer Pattsituation erteilt. Anders als im Eschelbronner Gemeinderat, der dem von Edeka geforderten Kooperationsvertrag mit Neidenstein zum "Zukunftsprojekt gemeinsamer Einkaufsmarkt" mehrheitlich zugestimmt hatte (wir haben berichtet), gab es in der Von-Venningen-Halle eine vier zu vier Stimmengleichheit. "Somit ist der Beschluss für einen Kooperationsvertrag abgelehnt", verkündete der stellvertretende Bürgermeister Hans-Dieter Kretzler nach einem regen Meinungsaustausch. Bürgermeister Frank Gobernatz, der die Entscheidung im Anschluss gegenüber der RNZ bedauerte, hatte wegen Befangenheit im Zuschauerbereich Platz nehmen müssen.
Die Zustimmung zum Kooperationsvertrag hätte noch keine Entscheidung über die Umsetzung des Projekts bedeutet, das eine Verkaufsfläche von rund 1250 Quadratmetern bieten soll. Dafür wäre eine Änderung der Flächennutzungspläne der Gemeindeverwaltungsverbände "Elsenztal" und "Brunnenregion" erforderlich gewesen. Darauf wies Gemeinderat Roland Ziegler (Unabhängige Bürgerliste) bei seiner Argumentation hin. "Ob zum Beispiel eine Überversorgung hier vorhanden ist, wird dann noch erst überprüft. Das hier ist eine Absichtserklärung in Form eines Kooperationsvertrags."
In der Sitzungsvorlage war von einer "nicht repräsentativen Umfrage in der Bürgerschaft" beider Gemeinden die Rede, die "auch in der Gemeinde Neidenstein eine Zustimmung zum Projekt" ergeben habe. Doch mehrheitlichen Beifall gab es im gut gefüllten Zuhörerbereich nur nach den Argumentationen gegen die Ansiedlung, während ein Besucher die "Pro-Edeka-Seite" beklatschte. Schon zu Beginn der Sitzung hatte eine Bürgerin von "hochgekochter Stimmung im Ort" berichtet und dass es nicht sein könne, dass die Kommune sich vor Kurzem öffentlich zum Klimaschutz bekenne und nur eine Sitzung später einem "Flächenfraß" zustimme.
Für Peter Oehmig (SPD) ist die Versiegelung dieser überschaubaren Fläche gegenüber der im neuen Baugebiet, als sich keiner beschwert habe, "marginal". Gerade wegen der neuen Baugebiete in Eschelbronn, Neidenstein und auch Spechbach sei dieser Einkaufsmarkt eine Investition in die Zukunft. Den demografischen Wandel müsse man berücksichtigen und den immer älter werdenden Bürgern fußläufige Einkaufsmöglichkeiten vor Ort bieten. "Ich selbst laufe regelmäßig zum Netto-Markt nach Eschelbronn." Die Ansiedlung sei eine einmalige Chance, die man nutzen sollte, "weil sie wahrscheinlich nicht wieder kommt." Auch SPD-Kollegin Merit Klenk wünschte sich den Edeka-Markt. "Viele junge Familien kamen auf mich zu und fragten schon, wann es losgeht."
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Für Peter Grolms (Unabhängige Bürgerliste) war seine Entscheidung nicht gegen Eschelbronn gerichtet, "aber ich sehe keine Vorteile". Er glaubt, dass auf der Fläche dann weiteres "Gewerbe" nachziehen werde. Edeka habe sich aus dieser Region von Rewe verdrängen lassen und möchte nun wieder "Konkurrent" werden, glaubt Grolms. "Den Dorfmittelpunkt auf die grüne Wiese zu verlegen, ist nicht sinnvoll." Grolms ist noch nicht so weit, dass er Visionen für das Burgdorf mit einer Wiederbelebung des Ortskerns ad acta gelegt habe und hofft nun auch auf das bevorstehende Dorfentwicklungskonzept.
"Das ist eine der schwersten Entscheidungen", gestand Nina Walter (CDU). Sie habe mit vielen Bürgern gesprochen und die Spaltung des Orts zu diesem Thema gespürt. "Wir sind mit zahlreichen Märkten und Discountern zwischen Waibstadt und Meckesheim überversorgt." Auch möchte sie nicht, dass der Klimaschutz nur ein leeres Wort bleibe und diese "sinnlose Flächenversiegelung" vermeiden. Als "Bullshit" bezeichnete sie den Vergleich mit dem Flächenfraß durch das Neubaugebiet von Gremiumskollege Oehmig. "Und wenn ich für sechs Personen einkaufen muss, dann kann ich das nicht zu Fuß machen." Petra Dinkel (CDU) entgegnete Oehmig, dass die reine Verkaufsfläche Augenwischerei sei, denn Parkplätze und Lager kämen hinzu, sodass viel mehr Fläche versiegelt werde. Auch Jörg Engelhardt (Unabhängige Bürgerliste) entzog nach kurzer Begründung dem Beschluss seine Zustimmung. Bereits in den sozialen Medien war unter Bürgern, aber auch mit Gemeinderäten kontrovers diskutiert worden. Auch eine Unterschriftensammlung gegen das Projekt machte bereits die Runde.
Was auch bei diesem Tagesordnungspunkt bekannt wurde: Die Ansiedlung eines Norma-Markts auf dem ehemaligen Umdasch-Gelände ist vom Tisch, da es zu keiner erfolgreichen Abstimmung der Firma und des Grundstückseigentümers gekommen ist. > Kommentar
Update: Donnerstag, 31. März 2022, 18.40 Uhr
Es wird konkret mit dem neuen "Edeka"
Von Roland Wolf
Eschelbronn. Vor eineinhalb Jahres ist die Firma Edeka Südwest mit Sitz in Offenburg erstmals an die Gemeinden Eschelbronn und Neidenstein herangetreten, mit der Absicht, einen Vollsortiment-Einkaufsmarkt in Eschelbronn im Gewann "Hau" zu errichten. Es handelt sich dabei um ein Gelände in der Mitte zwischen den beiden Gemeinden, liegt aber ausschließlich auf Eschelbronner Gemarkung.
In der Zwischenzeit wurde über dieses Thema in beiden Gemeinden viel diskutiert, und schnell war klar, dass darüber nicht ganz reibungslos ein Konsens erzielt werden kann. Die Meinungen sind unterschiedlich, sowohl in den Gemeinderäten als auch innerhalb der Bevölkerung in beiden Kommunen. Die Gemeinderäte beider Ortschaften haben sich mit diesem Thema in gemeinsamen Besprechungen schon intensiv beschäftigt.
Aber jetzt wird es konkret: In der Eschelbronner Gemeinderatssitzung wurde der Kooperationsvertrag zwischen Eschelbronn und Neidenstein zum Zukunftsprojekt "gemeinsamer Einkaufsmarkt" zur Abstimmung vorgelegt. Die Unterzeichnung dieses Kooperationsvertrags ist für das Edeka-Unternehmen Voraussetzung dafür, dass überhaupt weitere Planungsschritte erfolgen können. Es ist ein "Letter of Intent", also eine Absichtserklärung beider Gemeinden, dieses Projekt zu verwirklichen. Die Absichtserklärung beider Gemeinden ist für das Unternehmen von gravierender Bedeutung.
Die Eschelbronner Verwaltung und auch die Mehrheit des Gemeinderats steht hinter diesem Projekt, was dann auch in der Abstimmung zum Ausdruck kam: Demnach hat die Sicherung der Versorgung der Eschelbronner Bevölkerung hohe Priorität, auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Zukunftsfähigkeit des derzeitigen Netto-Marktes zumindest als fraglich beurteilt werden muss.
Der neue Markt soll eine Verkaufsfläche von rund 1300 Quadratmetern haben, wird von einem selbstständigen Kaufmann geführt und gilt per Definition als "großflächiger Einzelhandelsbetrieb", womit für ihn weitergehende rechtliche Voraussetzungen gelten als für kleinere Discountmärkte.
Beide Gemeinden sind im Zugzwang: Eine Änderung der Flächennutzungspläne der Gemeindeverwaltungsverbände "Elsenztal" und "Brunnenregion" sind erforderlich. Die Gemeinden müssen sich verpflichten, das Verfahren zu betreiben und auf eine zügige Umsetzung des Projekts hinzuwirken.
Bei drei Gegenstimmen wurde dem Kooperationsvertrag im Eschelbronner Gremium mehrheitlich zugestimmt. Insbesondere im Hinblick auf die "langfristige Standortsicherheit des Schreinerdorfs" mit all seinen existenziellen Angeboten der Nahversorgung war aus Sicht der Mehrheit im Rat diese Entscheidung sinnvoll und notwendig.
Martin Schilling, Petra Binder und Klaus Reischl aus der Fraktion der "Unabhängigen Bürger für Dorf und Umwelt" sehen dies nicht so und stimmten gegen den Kooperationsvertrag. Hauptsächlich die weitere Flächenversiegelung durch die Marktansiedlung und die aktuell fehlende Notwendigkeit einer zusätzlichen Nahversorgung bringen sie dabei ins Spiel.
Jetzt ist der Neidensteiner Gemeinderat in seiner Sitzung in dieser Woche an der Reihe, um darüber zu entscheiden: Sagt die Burgdorf-Mehrheit dazu "Ja", dann kann das Projekt wohl weiterverfolgt werden. Edeka will den eindeutigen politischen Willen beider Gemeinden für das Projekt – von Eschelbronn hat das Unternehmen ihn jetzt, zumindest mehrheitlich.