Neckarbischofsheim

So könnte die Windkraft kommen

EnBW-Vertreter informierte über mögliche Anlagen in der Region. Jetzt soll "ergebnisoffen" darüber diskutiert werden.

26.01.2022 UPDATE: 27.01.2022 06:00 Uhr 3 Minuten, 1 Sekunde
Ob bei Neckarbischofsheim im Wirtschaftswald eine Windkraftanlage gebaut wird, soll nun ergebnisoffen diskutiert werden. Grafik: RNZ

Von Friedemann Orths

Neckarbischofsheim. Informationen zu möglichen Windkraftanlagen hat ein Vertreter der EnBW in der jüngsten Gemeinderatssitzung gegeben. Michael Soukopp, beim Energieversorger verantwortlich für Windkraft und Fotovoltaik in Süddeutschland, präsentierte dem Gremium und zahlreichen interessierten Bürgerinnen und Bürgern, wie sich das Unternehmen einen möglichen Ausbau vorstellt. Konkret könnten innerhalb von sechs bis sieben Jahren drei Windkraftanlagen in einem "Dreieck" zwischen Neckarbischofsheim im Westen, Flinsbach und Bargen im Norden sowie Helmhof und Untergimpern im Südwesten/Süden errichtet werden.

Bürgermeister Thomas Seidelmann forderte, dass man sich dem Thema als Gemeinde und Bürger "ganz ergebnisoffen" annehmen sollte: "Ist das was für uns oder nicht?" Bereits als die Gemeinde öffentlich bekannt gegeben hatte, dass man sich mit Windkraft beschäftig, sei im Internet schon "alles kaputtgeredet" worden. In den kommenden Wochen und Monaten müsse man aber darüber diskutieren.

Soukopp erläuterte zunächst, dass bestimmte Gebiete im Gemeindeverwaltungsverband Waibstadt (GVV) interessant für das Unternehmen seien, da dort Windverhältnisse herrschten, die einen "rentablen Ausbau" zuließen – vor allem im Südosten, also in dem Gebiet, um das es konkret geht. Maximal drei Anlagen wären auf dieser Fläche möglich, "wenn alles optimal laufen würde", erklärte Soukopp. Die Anlagen des Herstellers "Vestas" vom Typ V162 sind 169 Meter hoch; steht eines der drei Rotorblätter senkrecht, dann erreicht das Bauwerk 250 Meter Höhe. Es hätte einen Rotordurchmesser von 162 Metern. "Heutige Anlagen sind relativ groß", sagte er. Der Mast besteht aus Stahlbeton, das Fundament aus Beton.

Hellhörig wurden die Zuhörer dann bei der Lautstärke, die die Anlagen verursachen. Auf einer Karte präsentierte Soukopp, in welchen Orten welche Lautstärken zu erwarten seien. Dabei ist das Unternehmen aber an gesetzliche Vorgaben gebunden, die festlegen, wie laut es zum Beispiel in einem Wohngebiet sein darf. Dort liegen die Grenzwerte in der Nacht bei 35 Dezibel, so laut wäre es dann wohl auch in Teilen von Helmhof, Flinsbach und Bargen. In näherer Umgebung der Windräder sind 55 Dezibel möglich, was in etwa der Lautstärke einer Unterhaltung oder eines laufenden Fernsehers entspricht.

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Die Anlagen könnten laut Soukopp zusammen rund 30 Gigawattstunden pro Jahr produzieren. Das entspreche Strom für rund 10.000 Haushalte. Finanziell würden die betroffenen Kommunen auch etwas von der EnBW bekommen, nämlich rund 62.000 Euro jährlich. Davon bekäme Neckarbischofsheim etwa 60 Prozent. Wenn sich die Stadt tatsächlich für den Bau der drei Anlagen entscheiden würde, würde die EnBW noch in diesem Jahr mit Windmessungen beginnen, 2023 folgten dann die artenschutzrechtlichen Untersuchungen. 2026 könnte mit dem Bau begonnen werden, sodass die Anlagen 2027 in Betrieb gehen könnten. Ob das aber so passiert – dahinter stehen noch viele, auch teilweise große, Fragezeichen.

Und Fragen hatten auch die Bürgervertreter: Hans Peter Jelinek sprach Ängste mancher Bürger an, was den Lärm- oder Artenschutz betrifft, oder was das ganz konkret für die Häuser bedeuten würde. "Wie gehen Sie damit um, um all diese Dinge auszuräumen?" fragte er, ähnlich wie Seidelmann, der wissen wollte, was man besorgten Bürgern sagen könne, die sich Sorgen um die Milane und den Lärm in der Nacht machen würden. "Maximale Transparenz und frühzeitige Information", antwortete der EnBW-Vertreter. Die Sorgen seien berechtigt, allerdings werde eine solche Anlage nur nach geltendem Recht genehmigt. Zudem müsse man zwischen subjektiven und objektiven Sorgen unterscheiden. "Wir haben mehrheitlich für die Energiewende votiert", fügte er an. Die werde eben auch weh tun. Was das Thema Abholzung beim Bau der Anlagen angeht, verwies Soukopp darauf, dass es sich ja um Wirtschaftswälder handle. Die seien zur Holzproduktion gepflanzt worden. Außerdem müsse die EnBW jeden Eingriff in die Natur ausgleichen, forste also an anderer Stelle wieder auf. Ein Durchsetzungsrecht für den Bau von Windkraftanlagen habe die EnBW übrigens nicht, antwortete Soukopp auf Jelineks Frage. Das hänge ganz allein vom Grundstückseigentümer ab.

Walter Zeller wollte wissen, ob die Gemeinde für die Erschließung möglicher Wege zum Bau der Anlagen zahlen müsste. Der komplette Ausbau sei Aufgabe des Investors, antwortete Soukopp. Zudem wolle man wegen der Wirtschaftlichkeit so weit wie möglich bestehende Wege nutzen. Tilo Freund interessierte vor allem die Technik beziehungsweise die Frage, wie eine Windkraftanlage in sechs Jahren aussehen würde, also zu dem Zeitpunkt, an dem sie dann aufgebaut sei. Rein technisch würden die Anlagen immer größer, sagte Soukopp, nahm sogar das Wort "gigantisch" in den Mund. Allerdings müsse man die Rotorblätter ja auch transportieren können und dabei wirtschaftlich bleiben. Ein etwa 20 Meter höheres Windrad mit einem etwa 20 Meter größeren Durchmesser sei realistisch, schätzte er. Das Unternehmen rechne mit einer Nutzungsdauer von 25 Jahren für eine solche Anlage.

Seidelmann hofft, dass man sich das Thema in der Stadt "ergebnisoffen" anschaut und verwies auch darauf, dass acht von zehn geplanten Windkraftprojekten nicht realisiert werden.

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