Schriesheim

Wald braucht bald viel Regen

Noch ist die große Katastrophe nicht eingetreten. Vor allem Flachwurzler wie die Fichte leiden. Förster setzen teilweise auf neue Arten.

10.08.2022 UPDATE: 10.08.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 51 Sekunden
Die beiden Schriesheimer Revierförster, Michael Jakob (links) und Walter Pfefferle, bangen um ihren Wald, der seit 2018 zunehmend unter der Trockenheit leidet. Foto: Kreutzer

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Wie geht es angesichts der Trockenheit dem Wald? Die beiden Förster, die für den Stadtwald zuständig sind, Michael Jakob (südlich der Talstraße) und Walter Pfefferle (nördlich), können keine pauschale Antwort geben – außer natürlich, dass im Prinzip alle Baumarten mit der Dürre seit 2018 kämpfen. Aber es kommt vor allem darauf an, wie tief diese wurzeln: "Am besten kommen diejenigen zurecht, die mit ihrer Pfahlwurzel tief in die Erde gehen", sagt Jakob: Eiche, Kiefer und sogar die früher oft schon abgeschriebene Weißtanne; sie alle profitieren von einem verhältnismäßig nassen Frühjahr. Die Fichte hingegen, als ausgesprochener Flachwurzler, "steht völlig trocken". Und ist dann entsprechend anfällig für Schädlinge, vor allem den Borkenkäfer. Wie unterschiedlich die Arten mit der Trockenheit zurechtkommen, zeigt eine Beobachtung vom Wendenkopf: Dort steht eine mächtige, 300 Jahre alte Eiche in sattem Dunkelgrün, die umgebenden Buchen hingegen – sie sind als Herzwurzler ein Mittelding aus Flach- und Pfahlwurzlern – leiden in Hellgrün. Aber so richtig gut geht es auch der Eiche nicht, denn gerade wirft sie die Eicheln ab.

Sind denn nun Vergleiche mit den Dürrejahren 2018, 2019 und 2020 angebracht? Noch nicht, denn erstens war gerade der April noch recht feucht, die Bäume hatten also einen kleinen Startvorteil. Allerdings fiel seit Mai kein nennenswerter Regen mehr. Zum Vergleich: 2018 war ein ganzes halbes Jahr, bis zum Oktober, völlig regenlos. Es kommt also jetzt drauf an, dass es in den nächsten Wochen ergiebige Niederschläge gibt, die aber momentan nicht in Sicht sind. Allerdings: Gerade die Flachwurzler kämpfen mit den Dürreschäden der letzten Jahre – vier der fünf letzten Sommer waren viel zu trocken –, daran würde jetzt auch kein Landregen mehr etwas ändern.

Wer jetzt durch den Wald geht, bemerkt bei den Fichten die vielen unausgebildeten Samen (eine Art Notblüte) und bei der Buche die vielen grünen Blätter, die abgeworfen werden, um ihren Wasserbedarf einzuschränken. Manchmal, wie am Montag in der Talstraße, brechen sogar große Äste aus dem gleichen Grund ab. Das hat auch Folgen für die Spaziergänger: "Im Wald gibt es momentan viel Totholz, das kann man nicht alles wegschneiden. Der Waldbesuch wird also gefährlicher", sagt Pfefferle.

Noch sieht man im Landschaftsbild wenig vom vielleicht drohenden Ungemach, im Großen und Ganzen präsentiert sich der Wald grün, wenn auch mit einigen braunen Stellen. Pfefferle ist sich jetzt schon sicher: "Es wird fleckiger werden." Wobei es am schwersten die Bäume im Vorgebirge haben, Richtung Odenwald geht es ihren Artgenossen schon deutlich besser.

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In gewisser Weise rettet den Schriesheimer Wald, dass in ihm die besonders notleidende Fichte relativ selten vertreten ist, hier setzte man seit gut 110 Jahren auf die Douglasie, die nicht nur tiefer wurzelt, sondern auch immun gegen den Borkenkäfer ist. Aber die Douglasie allein wird es nicht richten, daher suchen die Förster nicht nur in Schriesheim nach Baumarten, die klimastabiler sind. Die Expertenmeinungen gehen da auseinander, ob man auf einheimische Arten setzen soll oder nicht, für Jakob und Pfefferle zählt vor allem das Ergebnis: Wie kann sich der Wald halten? Im Moment stehen die Kastanie, die Roteiche, die Vogelkirsche, die Schwarzkiefer und sogar die Zeder hoch im Kurs. Und selbst die Douglasie, die längst heimisch ist, zählt nach Meinung mancher zu den eingewanderten Baumarten.

Forstwirtschaftlich kann man nicht viel mehr tun, als natürlich hier und da an besonders geschädigten Stellen nachzupflanzen. Aber das ist die Ausnahme, sie betrifft nur fünf der insgesamt 1650 Hektar Schriesheimer Stadtwald. Und auch die Setzlinge brauchen ihre Zeit, um anzuwachsen, und leiden gerade besonders; sie zu wässern ist aber logistisch unmöglich.

Ansonsten greift die Naturverjüngung, also die herabfallenden Samen der Bäume – von denen man hofft, dass die sich an die Trockenheit einigermaßen gewöhnt haben. Noch ist nicht ganz klar, ob dieses Konzept aufgeht, aber hie und da gibt es ermutigende Anzeichen. Auf dem Leichtersberg Richtung Wilhelmsfeld steht eine Gruppe von Fichten, die seit 130 Jahren in dieser exponierten Lage allen Widrigkeiten trotzen. Jakob verspricht sich von ihren Samen eine Menge, denn sie könnten jetzt schon eine Art "Anti-Dürre-Gen" entwickelt haben. Eine andere Strategie ist der Eingriff in den Waldbestand: Die Bäume sollen nicht mehr so hoch wachsen (was auch den Wasserverbrauch erhöht), sie sollen also früher gefällt werden und auch nicht mehr so dicht beieinanderstehen: "Damit lässt sich auf die Schnelle mehr erreichen als mit neuen Arten", meint Pfefferle. Was aber nichts an dem größten Wunsch der beiden Förster ändert: "Schnell ein kräftiges Tiefdruckgebiet!"

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