Philippsburg: Konverter bleibt großes Streitthema

Gleichstrom-Umspannwerk wird am Altrhein gebaut - Philippsburg kündigt Widerstand an

14.01.2016 UPDATE: 15.01.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 16 Sekunden

Heftig umstrittenes Projekt: Vor oder auf dem Gelände des Kernkraftwerks Philippsburg soll ein großes Gleichstromumspannwerk entstehen. Foto: Hans-Joachim Of

Philippsburg. (Of) Die nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima 2011 eingeleitete Energiewende nimmt Fahrt auf. Am Altrhein bei Philippsburg soll ein neues Gleichstrom-Umspannwerk, ein sogenannter Konverter, entstehen. Er ist ein wichtiges Element des Netzausbauprojekts Ultranet und zugleich Drehscheibe für die zukünftige Stromversorgung der Haushalte und der Industrie in Baden-Württemberg, wird aber weiter kontrovers diskutiert.

In Windparks in der Nord- und Ostsee sowie an der Küste werden große Mengen an Strom erzeugt. Dieser kommt zukünftig über Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) am sogenannten Netzverknüpfungspunkt am bestehenden Umspannwerk beim Kernkraftwerk Philippsburg an. Wie die RNZ im Vorjahr berichtet hatte, erstrecken sich die Stromleitungen über 340 Kilometer von Osterath in Nordrhein-Westfalen bis nach Philippsburg. Allerdings muss dort in sogenannten Konvertern der Gleichstrom in Wechselstrom umgewandelt werden. Eingebettet sind diese Konverter oder Stromrichter, die sich in vier großen Hallen mit einer Gebäudehöhe von bis zu 20 Metern befinden werden, in zu erstellenden Schaltanlagen für Gleich- und Wechselstrom.

Seit Monaten sind Konverter und die damit einhergehende Standortsuche ein großes politisches Streitthema im nördlichen Landkreis Karlsruhe. Der Betreiber Transnet BW hatte, nachdem ein Gelände in Altlußheim als nach Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie schützenswert eingestuft wurde und daher ausgeschlossen wurde, nach einem Auswahlprozess zwei Favoriten benannt: ein Gelände direkt an der Landstraße zwischen Oberhausen-Rheinhausen und Waghäusel (Gewann Landstraßenäcker) oder eines direkt an der Zufahrtsstraße zur Rheinschanzinsel in unmittelbarer Nähe zum Kernkraftwerk.

Kürzlich hatte Regionalpolitiker und Landtagskandidat Markus Rupp (SPD) noch einen weiteren Vorschlag unterbreitet und einen Standort auf der Fläche des heutigen Kraftwerks, also hinter dem Zaun, ins Spiel gebracht. Dazu müsste das Kraftwerks-Areal jedoch erweitert werden, zumal der geplante Rückbau der beiden Blöcke KKP 1 (bereits begonnen) und KKP 2 (ab 2019/20) eine große Fläche beansprucht.

Gegen alle potenzielle Standorte gibt es erheblichen Widerstand aus der Kommunalpolitik und vielen Teilen der Bevölkerung in der Großen Kreisstadt Waghäusel, der Stadt Philippsburg sowie Oberhausen-Rheinhausen. In den genannten Ortschaften hängen seit Wochen von der Bürgerinitiative "Konverter 21" initiierte, überdimensionale Banner mit der Aufschrift "Konverter - Nein!" an Hauswänden oder zentralen Stellen. Die Kritiker führen Umweltgefahren und eine zu hohe Lärmbelästigung ins Feld, zumal die Konverter-Anlage - deren Projektkosten auf rund eine Milliarde Euro geschätzt werden - in unmittelbarer Nähe von Wohnungen liege.

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Während die CDU-Bürgermeister Stefan Martus aus Philippsburg ("Es reicht. Wir sind durch Zwischenlager und den Rückbau schon genug belastet") und Martin Büchner aus Oberhausen-Rheinhausen einen Konverter auf ihrer Gemarkung kategorisch ablehnen, sieht Waghäusels SPD-Oberbürgermeister und Landtagsabgeordneter Walter Heiler in einem Bau in unmittelbarer Kraftwerksnähe die beste aller Varianten und sagte kürzlich: "Dadurch entfallen aufwendige Stichleitungen." Zudem würde eine Integration des Konverters vor oder auf der Rheinschanzinsel einen größeren Abstand zur Wohnbebauung bedeuten. Das wichtigste Kriterium sei jedoch der Mensch, der vor wirtschaftlichen Interessen stehen müsse. Zudem sei die Natur so wenig wie möglich zu belasten.

Zum heutigen Zeitpunkt ist nicht klar, welchen Standort die EnBW-Tochter Transnet präferiert. Fakt ist, dass rund 100 000 Quadratmeter Fläche für das Gleichstromumspannwerk, das 2019 planmäßig in Betrieb gehen soll, benötigt werden. "Uns ist an einer einvernehmlichen Lösung gelegen", heißt es bei der Firma Transnet, die mit Siemens den festen Baupartner nannte und noch im Januar eine Entscheidung bekannt geben will. Die Nennleistung des umstrittenen Konverters wird mit 2000 Megawatt angegeben. Im europäischen Vergleich befinde man sich bezüglich Leistung und Spannung im Mittelfeld, wird informiert.

Zum Vergleich: Der seit 1984 in Betrieb befindliche Block 2 des KKP, ein Druckwasserreaktor, erzeugt 1468 Megawatt. Die sogenannte "Gleichstromautobahn" und das Stromnetz sollen bis zum Jahre 2023 in Richtung Norden bis nach Emden in Niedersachsen ausgebaut werden, hieß es.

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