Waghäusel/Philippsburg: Die "Stromlücke" muss geschlossen werden

Pressekonferenz in Altlußheim zum Ausbau der "Stromautobahnen"

15.04.2015 UPDATE: 16.04.2015 06:00 Uhr 1 Minute, 36 Sekunden

Nahe dem Philippsburger Atomkraftwerk soll im Zug der Energiewende ein Großkonverter entstehen, der den Gleichstrom einer neuen "Stromautobahn" in Wechselstrom wandelt. Foto: Of

Waghäusel/Philippsburg. (of) Die Stromautobahn kommt. In Süddeutschland gehen in wenigen Jahren die letzten Kernkraftwerke vom Netz, im Norden kommen dafür neue Windkraftanlagen dazu. Die Leitungen müssen mehr Strom transportieren. Neue 380-Kilovolt-Trassen und Großkonverter, die den Gleich- in Wechselstrom umwandeln, sind nötig, um die Energie zum Verbraucher zu bringen. Doch es gibt Probleme. Die Energiewende lässt sich nicht so leicht umsetzen, wie viele anfangs dachten. Kritiker wollen keine neuen Trassen, fürchten um Landschaftsbild oder den Wert eigener Immobilien, bezweifeln sogar die Notwendigkeit der einen oder anderen geplanten Stromtrasse.

Hintergrund

Mit der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) kann Strom über weite Strecken transportiert werden, beispielsweise von den Windenergieanlagen in Norddeutschland bis zu den Verbrauchern im Süden. Die HGÜ ermöglicht aufgrund einer höheren Leistungsdichte eine bessere

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Mit der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) kann Strom über weite Strecken transportiert werden, beispielsweise von den Windenergieanlagen in Norddeutschland bis zu den Verbrauchern im Süden. Die HGÜ ermöglicht aufgrund einer höheren Leistungsdichte eine bessere Nutzung bestehender Stromtrassen. Mit dem Bau einer solchen "Gleichstrom-Autobahn" wird der Bedarf neuer Stromleitungen reduziert. Zusammen mit den bestehenden Höchstspannungsleitungen sollen sie zum Rückgrat der bundesweiten Energieversorgung werden. Wichtige Kriterien in den Genehmigungsverfahren sind die Verträglichkeit für Mensch, Tier und Umwelt und Auswirkungen auf die Infrastruktur - beispielsweise tatsächliche Autobahnen. Mit "Ultranet" ist der südliche Teil einer von drei geplanten "Gleichstrom-Autobahnen" gemeint. Mit Startpunkt Emden (Ostfriesland) und weiter über Osterath (Nordrhein-Westfalen) soll die Leitung über rund 600 Kilometer bis in die Region Philippsburg reichen. Ultranet ist ein Gemeinschaftsprojekt von EnBW-Tochter Transnet BW und Übertragungsnetzbetreiber Amprion. Deren Ziel ist, die Leitung - vor allem aus Kostengründen - auf bestehenden Trassen zu realisieren. Eine solche Kombination von Gleich- und Wechselstromübertragung in diesen "Hybridleitungen" gibt es weltweit noch nicht und hat deshalb Pilotcharakter. Das Projekt Ultranet soll 2019 fertiggestellt werden. Dann geht Block 2 des Philippsburger Kernkraftwerks vom Netz. of

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In diesem Spannungsfeld arbeiten Übertragungsnetzbetreiber wie die EnBW-Tochter Transnet BW. Einer von vielen Streitpunkten in der Region war zuletzt der sogenannte Konverter und dessen ideale Platzierung (siehe Infokasten). Wie die RNZ berichtet hatte, waren rund zehn mögliche Standorte zwischen Heidelberg und Philippsburg in der Diskussion. Das Bundesbedarfsplangesetz schreibt die Anfangs- und Endpunkte für die HGÜ-Leitungen - also die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Leitungen - fest. Als Bindeglied zwischen Gleichstrom und Wechselstrom muss sich ein Konverter in der Nähe eines solchen Netzverknüpfungspunktes befinden. Je weiter ein Konverter davon entfernt ist, desto mehr Stichleitungen - und damit zusätzlicher Leitungsneubau - sind erforderlich.

Bei einer Pressekonferenz in Altlußheim wurde nun verkündet, dass man im Waghäuseler Stadtteil Wiesental in der Nähe des Solarparks, der Schnellbahntrasse und der Bundesstraße B 36 den idealen Standort gefunden habe. Das Gelände, ein Ackergrundstück, liegt in Sichtweite zum Kernkraftwerk Philippsburg, aber nicht auf dessen Gemarkung.

Philippsburgs Bürgermeister Stefan Martus hatte einen Konverter auf dem Gelände der rund 13 000-Einwohner-Stadt zuvor strikt abgelehnt. Auch aus Oberhausen kamen keine positiven Stimmen. Gleichwohl wurde von Transnet BW klargestellt, dass Widerstand gegen einen Konverterstandort nichts nütze, da letztlich die Bundesnetzagentur entscheide. Der kürzlich für eine weitere Amtsperiode gewählte Oberbürgermeister Walter Heiler von der benachbarten Großen Kreisstadt Waghäusel gab sich salomonisch und meinte: "Grundsätzlich gibt es bei mir und in der Kommune keine Verweigerungshaltung". Man habe die Energiewende gewollt und ein Konverter werde dafür nun mal gebraucht, so Heiler. Allerdings will man in Waghäusel die Bürger einbeziehen und baldmöglichst in den Entscheidungsprozess einbinden.

"Eine echte Alternative gibt es nicht. Die Stromlücke muss geschlossen, die Geräuschemission des Konverters allerdings auch untersucht werden", so Walter Heiler. Der Kommunalpolitiker hatte die Fläche auf der Rheinschanzinsel - also in unmittelbarer Nähe zum Kernkraftwerk - für den am besten geeigneten Standort gehalten. "Wenn der Konverter neben der bestehenden 380-KV-Leitung gebaut und damit keine zusätzliche Stichleitung benötigt wird, ist das die richtige Entscheidung", so Heiler.

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