Das sind die Kriterien für den Bauplatz-Kauf im Oberfeld
Gemeinderat beschließt Richtlinien für Vergabe von Bauplätzen für mögliches Festpreisverfahren - Diskussion um Höchstpreisgebote

Von Tobias Törkott
St. Leon-Rot. Zwölf Bauplätze im Roter "Oberfeld" bietet die Gemeinde St. Leon-Rot wohl ab dem Sommer 2021 zum Verkauf an. Mehrere Grundstücke sind zudem auch in privater Hand. Noch ist es auf dem Feld am Ortsausgang in Richtung Malsch aber ruhig. Die Bagger schaufelten nur Material für kleinere Vorarbeiten. Vor dem Frühjahr 2022 wird wohl kein Baukran Material verheben, keine Bodenplatte gegossen und erst recht kein Garten angelegt. Doch schon ein Jahr zuvor hat das von der Gemeinde St. Leon-Rot ausgewiesene Gebiet – zwischen Bahnhofsstraße und Verlängerung der Ipflerstraße – das Potenzial, sprichwörtlich Steine ins Rollen zu bringen. Denn der Rat einigte sich in der vergangenen Sitzung Ende März einstimmig auf Kriterien für die Vergabe von kommunalen Grundstücken. Potenzielle Interessenten sollen hier Punkte erhalten, um so auf der Käuferliste nach oben zu rutschen.
"Das wird derzeit von einem Anwalt auf mögliche Diskriminierungen und geltendes Recht überprüft", sagte Ludwig Kudis, Rechnungsamtsleiter der Gemeinde, über das achtseitige Dokument. Geht alles durch, dann regeln die Paragrafen künftig die "Vergabe von Wohnbauflächen, die sich im Eigentum der Gemeinde St. Leon-Rot befinden", wie es wörtlich in dem Dokument heißt. Also auch den Verkauf der zwölf Plätze im Oberfeld. Alles bereit machen zum Baggern, könnte man meinen, aber der Reihe nach:
Hintergrund
Wer wird hier bevorzugt?
Wer in St. Leon-Rot ein Grundstück bebauen will, kann – bei einem Festpreisverfahren – in Zukunft Punkte sammeln, um in der Rangliste der Interessenten Boden gutzumachen. Bei Punktgleichheit soll das Los entscheiden. Die Preise
Wer wird hier bevorzugt?
Wer in St. Leon-Rot ein Grundstück bebauen will, kann – bei einem Festpreisverfahren – in Zukunft Punkte sammeln, um in der Rangliste der Interessenten Boden gutzumachen. Bei Punktgleichheit soll das Los entscheiden. Die Preise für die Flächen legt der Gemeinderat fest. Noch muss die Richtlinie rechtlich überprüft werden. Hier Auszüge:
> Wohndauer in der Gemeinde: Pro Jahr, das die Bewerber in St. Leon-Rot gemeldet waren, gibt es Punkte. Das gilt auch für "verwandte Angehörige ersten Grades" gerader Linie. Maximal sieben Jahre können angerechnet werden, so sind sind 28 Punkte möglich.
> Kinder: Pro Kind gibt es Punkte. Dabei ist das Alter relevant: Unter sechs Jahre gibt es 20 Punkte, zwischen sechs und zehn sind es 15 Zähler von elf bis 21 Jahren zehn. Maximal 40 Punkte sind drin.
> Arbeitsort: Geht ein Bewerber in St. Leon-Rot seiner Haupttätigkeit nach, erhält er dafür vier Punkte pro Jahr. Maximal 20 Zähler sind möglich.
> Ehrenamt: Eine ehrenamtliche Tätigkeit innerhalb der vergangenen fünf Jahre in einer "arbeitsintensiven oder herausgehobenen" Position wird mit vier Punkten pro Jahr belohnt.
> Vorhandenes Eigentum: Wer kein Eigentümer oder Erbbauberechtigter eines bebauten oder bebaubaren Grundstücks ist, erhält zehn Punkte. Ebenso, wer in der Vergangenheit kein Grundstück der Gemeinde gekauft hatte.
Die Gemeindeverwaltung hatte in der vergangenen Sitzung die Vergaberichtlinien ausgearbeitet und dem Rat zum Beschluss vorgelegt. So sollte beispielsweise die Anzahl der Wohnjahre in St. Leon-Rot vier Punkte pro Jahr geben. Außerdem war vorgesehen, die Anzahl der Kinder mit Punkten zu berücksichtigen – aufgeteilt in drei Altersbereiche von unter sechs, bis zehn und zwischen elf und 21 Jahren. Auch der Arbeitsort in der Gemeinde und das ehrenamtliche Engagement sowie vorhandenes Wohneigentum wurden in die Vorlage aufgenommen. "Das, was hier drin steht, ist keine Verpflichtung", sagte Bürgermeister Alexander Eger. Generell stimmten die sechs Fraktionen dem Katalog zu, lobten gar die mehrseitige Ausarbeitung. Doch gerade die Details der Richtlinien wurden teils intensiv diskutiert. Wie brisant das Thema Grundstücksmarkt ist, wurde während der eineinhalb stündigen Diskussion deutlich. "Wir haben Leute im Bekanntenkreis, die seit Jahren darauf warten, hier zu bauen", sagte Rouven Dittmann, Fraktionsvorsitzender der Jungen Liste. Die Parteien hatten daher einige Vorschläge, um die Vergaberichtlinien anzupassen. So pochte die FDP darauf, dass verstärkt Mitglieder von Feuerwehr, Rotem Kreuz oder der DLRG bei der Kategorie Ehrenamt berücksichtigt werden. Dabei geht es laut Roland Hecker nicht um eine "Differenzierung der Wertschätzung". Man wolle aber wegen der geringen Zahl an Grundstücken Menschen aus diesen Bereichen bevorzugen. Bürgermeister Eger hatte dabei Bedenken, dass dies ein falsches Signal senden könnte.
Die Freien Wähler störten sich an den maximal 30 Punkten für Kinder und forderten hier eine Erhöhung. "Wir könnten uns also vorstellen, zum Beispiel auf 40 Punkte zu erhöhen, um Familien mit mehreren Kindern, von denen es ohnehin nicht allzu viele gibt, einen kleinen Vorteil zu verschaffen", so Tobias Rehorst. Zustimmung gab es dafür unter anderem von der SPD und den Grünen. "Wir können mit dem Vorschlag der Freien Wähler mitgehen", erklärte Norbert Knopf (Grüne), der darauf hinwies, dass Baugebiete endlich seien: "Wir müssen für unsere Kinder Spielmöglichkeiten schaffen."
Auch interessant

Letztlich verabschiedete der Gemeinderat aber per Einzelabstimmung fünf Kriterien, wenn auch mit kleinen Änderungen, mit großer Mehrheit – nur zwei Gegenstimmen gab es insgesamt, dazu noch vereinzelt Enthaltungen. Verändert wurde beispielsweise das Punktesystem für die Kinderanzahl, oder die Kriterien für vorhandenen Wohnraum. Wer noch keinen Grund und Boden in St. Leon oder Rot hat, wird hier stärker berücksichtigt.
"Wir haben uns Gedanken gemacht, wie wir für alle Bewerber die gleichen Chancen ermöglichen", begründete Kudis die Kriterien. Doch ob diese dann tatsächlich für die zwölf Plätze am Roter Ortsausgang maßgeblich sein werden, steht noch lange nicht fest. "Der Gemeinderat muss darüber entscheiden, welches Verfahren verwendet wird, wann die Ausschreibung beginnt und wie hoch der Preis pro Quadratmeter ist", erklärte der Kämmerer gegenüber der RNZ. Die Kriterien greifen nur bei einem Festpreisverfahren. Sollte der Rat sich für eine Höchstpreisvergabe entscheiden, bekommt den Zuschlag der Interessent oder die Interessentin mit dem höchsten Gebot. In der kommenden Sitzung, Ende April, werden die Fraktionen wohl darüber abstimmen. Dass das hitzig werden könnte, wurde bei der vergangenen Zusammenkunft schon deutlich.
"Die Gemeinde darf sich nicht die Taschen voll machen", kritisierte Udo Back, der CDU-Fraktionsvorsitzende, scharf und stellte den Sinn des Höchstpreisverfahrens in Frage, da so eher der Zuzug anderer gefördert werde, wenn nicht mal die eigenen Bürgerinnen und Bürger Platz hätten. Eger konterte direkt: "Wir als Gemeinde sind da emotionslos. Solche Sprüche, dass wir uns die Taschen voll machen, verbitte ich mir." Auch die anderen Fraktionen wie die Junge Liste oder die SPD stellten sich gegen ein solches Verfahren: "Wir lehnen aus sozialen Gründen die Vergabe an den Höchstbietenden ab", erklärte Wolfgang Werner (SPD). Eger nahm nach der Fraktions-Kritik die Verwaltung in Schutz: "Hier wird etwas dargestellt, was so nicht stimmt."
Kudis pflichtete ihm gegenüber der RNZ im Nachgang bei: "Die Gemeinde-Ordnung sagt, dass ein Grundstück nicht billiger veräußert werden darf, als es wert ist." Höchstpreisverfahren seien einfacher, weil es rechtlich keine Hürden gebe.
Wie beliebt die Bauplätze bereits weit vor der Ausschreibung sind, erfährt die Verwaltung im Übrigen am eigenen Leib. Nach Gemeinde-Angaben hatten bereits mehr als 150 Interessenten vorgefühlt, täglich kommen Anrufe. Und das lange vor Bekanntgabe über Art des Verfahrens, Grundstücksgröße oder wie hoch letztlich der Quadratmeter-Preis sein wird.