Schüler machen Zeitung

Das Winzermuseum hat viele Eisen im Feuer

Spannende Führung mit Museumsleiter Wolfgang Rößler für die Nachwuchsreporter der RNZ-Aktion

07.02.2018 UPDATE: 08.02.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden

Was es in einem Krämerladen einst alles zu kaufen gab: Museumsleiter Wolfgang Rößler zeigt es seinen interessierten Besucherinnen. Foto: Pfeifer

Rauenberg. (oé) Wer kennt nicht die Redensart von der Braut, die man "vom Fleck weg heiraten" würde. Was es damit ursprünglich auf sich hatte, das erfuhren die Besucher, die im Rahmen des Unterrichtsprojekts "Schüler machen Zeitung" an einer Führung durch das Rauenberger Winzermuseums teilnahmen. Zwar hatten sich nur wenige für diesen "Recherchetermin" angemeldet. Die gekommen waren, zeigten sich dafür umso interessierter an den informativen Erklärungen und lebhaften Erzählungen des Museumsleiters Wolfgang Rößler, der die Schülerinnen und auch eine Mutter eine gute Stunde lang durch sein (gar nicht so) kleines Reich führte.

Wie war das also mit dem Fleck? Ganz einfach: Bevor in früheren Zeiten eine junge Frau ihren Auserwählten heiraten durfte, musst sie ihrer Schwiegermutter in spe demonstrieren, wie geschickt sie in den Handarbeiten war. Dazu zeigte sie ihre Arbeitsproben im Sticken, Nähen, Stopfen und Stricken auf kleinen Flecken vor. Bestand sie die Prüfung, durfte sie "vom Fleck weg" heiraten.

So erzählte es Museumsleiter Wolfgang Rößler, und der hatte noch viel mehr solcher interessanten Geschichten in petto. Zum Beispiel von den vielen Eisen, die einer im Feuer hat. Die Redensart geht auf den Ofen zurück, in dem der Schneider seine Bügeleisen für den Gebrauch "vorglühte". Mit einem separaten Holzgriff konnte er sie bei Bedarf dann aus der Ofenaufhängung herausnehmen.

Wie ein solcher Schneiderofen aussah, das konnten die Gäste im Winzermuseum bestaunen. Das Gerät gehörte zu einer komplett eingerichteten Schneiderwerkstatt. Auch wie der Küfer oder der Sattler früher arbeitete, konnte man im Winzermuseum anschaulich nachempfinden. Außerdem gab es Einblicke in ein Klassenzimmer von anno dazumal, in einen Krämerladen oder eine Schmiede.

Beim Winzermuseum geht es also keineswegs nur um Weinbau (obwohl auch der eine wichtige Rolle spielt, schließlich war Rauenberg vor noch gar nicht allzu langer Zeit die größte Weinbaugemeinde Nordbadens). Vielmehr will das Museum die ganze Lebenswelt in einem Weindorf wie Rauenberg vor hundert und mehr Jahren abbilden. Wie lebten die Menschen damals, womit verdienten sie ihren Lebensunterhalt?

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In Rauenberg war es neben dem Weinbau auch die Tonindustrie und der Tabakanbau. Dort, wo seit 1986 das Museum untergebracht ist, wurden bis 1980 Zigarren hergestellt. In Spitzenzeiten zählte die Zigarrenfabrik Landfried rund 400 Beschäftigte, wusste Wolfgang Rößler zu erzählen. Vorwiegend waren es Frauen. Eine Wickelmacherin stellte pro Tag rund 500 "Wickel" her. Fertig war die Zigarre, sobald das Deckblatt über den Wickel gerollt war. Dafür war die Zigarrenmacherin zuständig, die täglich bis zu tausend Zigarren rollte. Wie anerkannt die Zigarren aus Rauenberg waren, zeigt eine Urkunde der Weltausstellung von 1867 in Paris. Schon damals gewann die Firma Landfried für ihre Produkte eine Silbermedaille.

Bevor das historische Gemäuer das Winzermuseum und die Zigarrenfabrik beherbergte, war es ein fürstbischöfliches Schloss. Damian Hugo von Schönborn hatte es 1738 erbauen lassen als neuen Sitz seines Amtes Rotenberg. Die Besucher erfuhren auch, dass es in dem einstigen Schloss heute ein Tonstudio gibt, in dem schon Herbert Grönemeyer Musik aufgenommen hat, und auch ein bedeutender Fotograf und Künstler lebte hier viele Jahre. Selbst heiraten kann man hier. Dafür wurde ein schmuck eingerichtetes Wohnzimmer des Winzermuseums eigens als Standesamt gewidmet. Rund zehn Trauungen finden hier pro Jahr statt, erzählte der Museumsleiter.

Es gab also viel zu berichten von diesem "Recherchetermin", und die jungen Nachwuchsreporterinnen notierten ebenso fleißig mit wie ihr Kollege von der Zeitung. Denn Ziel des von der Sparkasse Heidelberg, der Medienagentur Promedia Wolff und der RNZ gemeinsam betreuten Unterrichtsprojekts "Schüler machen Zeitung" ist nicht nur, den kritischen Umgang mit Medien einzuüben. Die Schüler sollen auch selbst einmal in die Reporterrolle schlüpfen und eigene Artikel schreiben. Auf den Bericht über das Winzermuseum darf man also gespannt sein. Er soll zusammen mit anderen Schülertexten in einer eigenen Beilage im Frühjahr erscheinen.

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