Gasthaus "Goldener Hirsch" schließt am 31. Dezember
Pächter Fabian Gieser hört nach fünf Jahren auf. Ein Nachfolger steht noch nicht fest. Ist die Pacht zu hoch und der Reparaturstau zu groß?

Von Micha Hörnle
Schriesheim. Schon im Frühjahr hatten es die Gerüchte längst gewusst: Der "Hirsch" werde zum Jahresende schließen. Damals wollte Pächter Fabian Gieser, der das Lokal vor fünf Jahren von Jürgen Opfermann übernommen hatte, nicht sagen ("über ungelegte Eier spreche ich nicht gern"), allerdings kann er jetzt die Katze aus dem Sack lassen: Sein Vertrag läuft zum 31. Dezember aus. Konkret hat er nur noch sechs Mal – jeweils ab 17 Uhr – geöffnet: am Donnerstag, am Freitag, dann an den beiden Weihnachtsfeiertagen (mit dem Weihnachtsmenü), am 27. Dezember und letztmalig am Silvestertag.
Über die Gründe für den auslaufenden Pachtvertrag will Gieser nichts sagen: Er und Eigentümer Peter Bausback hätten einen Vergleich geschlossen und vertraglich Stillschweigen vereinbart – was wiederum nicht so klingt, als sei man im Guten und ganz ohne Zuhilfenahme von Anwälten auseinandergegangen.

Das bestätigt auch Bausback: "Jetzt geht der alte Pächter erst mal raus, dann sehen wir weiter." Im Moment sei auch noch kein neuer Pächter in Sicht, vorher "muss noch renoviert werden". Zumal sei es im Moment "sehr schwer, jemanden zu finden", angesichts des Personalmangels in der Gastrobranche. Auch Gieser sagt, er habe keine Ahnung, wie es weitergeht: "So weit ich weiß, gibt es niemanden."
Die wie immer munter brodelnde Schriesheimer Gerüchteküche wusste auch dieses Mal, wer der nächste Pächter werden soll: Michael Adamietz. Der war schon zu Jürgen Opfermanns Zeiten im "Hirsch", wechselte dann zu Gieser, allerdings kündigte er Ende Juni, um in den Ende März wiedereröffneten "Kaiser" zu gehen – dabei nahm er fast das ganze "Hirsch"-Team mit –, wo er aber schnell gekündigt hat. Adamietz bestätigte zwar, es habe wochenlange, ziemlich intensive Kontakte zu Bausback gegeben. Allerdings konnte man sich nicht einigen, vor allem bei der Höhe der Pacht und beim Reparaturstau in den Gebäuden: "Das war für uns finanziell nicht darstellbar", sagt Adamietz.
Das war auch schon vor fünf Jahren, als Opfermann hingeschmissen hatte, das große Thema. Die Schäden wurden offenbar immer massiver, man hört (oder liest auf Hotelbewertungsportalen) von Feuchtigkeit, ausgefallener Heizung und defekter Elektrik. Und so fragt sich auch Adamietz: "Wer soll den ,Hirsch’ unter diesen Voraussetzungen übernehmen?"Auch Gieser sagt: "Da müssen dringend Dinge – und zwar nicht nur Kleinigkeiten – gemacht werden, sonst wird kein Pächter kommen."
Er selbst hätte an sich gern weitergemacht, "hätte es die Schäden und die Probleme mit Herrn Bausback nicht gegeben", aber nun habe er seine Pachtzeit "vernünftig zu Ende gebracht". Der baldige Ex-Pächter, der aus Heidelberg stammt und dort in der Altstadt wohnt, schaut auf seine Schriesheimer Zeit durchaus zufrieden zurück: "Das ist schon eine sehr lebenswerte Stadt. Ich sehe die Zeit in Schriesheim sehr positiv – und freue mich, im nächsten Jahr den Mathaisemarkt zu besuchen." Er könne sich durchaus vorstellen, sich hier wieder in der Gastrobranche zu engagieren oder gar herzuziehen.
Aber hat er es als Heidelberger nicht unterschätzt, in einer Kleinstadt wie Schriesheim zu arbeiten? Nein, findet er: "Die Heidelberger Altstadt ist ja auch wie ein Dorf. An Schriesheim hat mir besonders der Zusammenhalt gefallen. Gerade in der Corona-Zeit konnte ich auf meine Stammgäste zählen." Mit der Tapas-Bar und ihren Tischen in der Heidelberger Straße schuf Gieser sogar eine neue gastronomische Attraktion, die allerdings nach ihrem furiosen Start im Sommer 2021 in der letzten Freiluftsaison nur noch in einer Art Notbetrieb lief. Gieser will sich jetzt auf seine Heidelberger Lokale – den "Reichsapfel" und das "Lager" sowie die "Sudpfanne" – verlagern, außerdem plant er, in Kürze ein neues Restaurant in der Hauptstraße zu eröffnen. Und die ständige Fahrerei nach Schriesheim entfalle nun für ihn und sein Personal – nach dem Weggang von Adamietz kamen die meisten aus Heidelberg.
Im Moment suchen drei Lokale einen neuen Pächter: neben dem "Hirsch" der "Strahlenberger Hof" (auch im Besitz Bausbacks) und die Strahlenburg. Doch für die Vereine ist der drohende längere Leerstand im "Hirsch" eine mittlere Katastrophe: Hier finden viele Jahreshauptversammlungen bis hin zu den jüngsten Weihnachtsfeiern statt – und einen ähnlich großen Saal gibt es nirgendwo sonst in der Stadt. Aber möglicherweise gibt es einen Funken Resthoffnung: Adamietz streicht die Pächter-Segel noch nicht ganz, zumal er aus Schriesheim nicht weg will: "Vielleicht bin ich noch nicht ganz raus. Mal sehen."