Sandgebiete zwischen Walldorf und Sandhausen

Dünenraritäten sind nicht leicht zu entdecken

Exkursion mit Staatssekretär Baumann zum Walldorfer Maulbeerbuckel und ins Gebiet Zugmantel-Bandholz

16.04.2018 UPDATE: 17.04.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden

Die Sandbiotope bei Walldorf und Sandhausen mit ihren seltenen Arten waren das Ziel einer Grünen-Exkursion gemeinsam mit Staatssekretär Andre Baumann (re.). Foto: Hebbelmann

Walldorf/Sandhausen. (heb) Fast fünfzig Interessierte sind der Einladung des Grünen-Kreisverbands Kurpfalz-Hardt zu einer Exkursion mit Umwelt-Staatssekretär Andre Baumann in die Sandgebiete zwischen Walldorf und Sandhausen gefolgt.

"Was für Ruanda der Berggorilla, ist für die Kurpfalz die vom Aussterben bedrohte Sand-Silberscharte", bemerkt Baumann, dem als Schwetzinger und vormaligem Landeschef des Naturschutzbunds (Nabu) die heimischen Sandbiotope besonders am Herzen liegen. Das Land sei gegenüber der Europäischen Union verpflichtet, bestimmte seltene Arten zu erhalten, "sonst gibt es einen Blauen Brief aus Brüssel". Dank gemeinsamer Anstrengungen von Land, Nabu, Forst und Kommunen habe sich der Erhaltungszustand der Sandrasen auf Binnendünen verbessert - die Ampel sei von Rot auf Gelb gesprungen.

Kreisvorstandssprecher und Lehramtsstudent Maximilian Himberger leitet an der Waldschule in Walldorf eine Arbeitsgemeinschaft, welche die Naturschutzmaßnahmen auf dem nahen Maulbeerbuckel aktiv begleitet. Seine Schüler hat er zu kurzen Texten über die Dünen je ein Bild malen lassen und stellt nun das selbst gestaltete Spiel vor. "Wer hat Lust mitzumachen?", fragt er und schickt - ganz Pädagoge - augenzwinkernd hinterher: "Ansonsten bestimme ich jemanden." Auf zweigeteilten Karten findet sich auf einer Seite eines der Kinderbilder oder ein Foto, auf der anderen ein Text. Es gilt, diese "Dominosteine" so zusammenzulegen, dass Bild und Text zusammenpassen.

"Aufpassen!", ruft der angehende Lehrer auf dem Weg zum Sandbuckel plötzlich. Jemand hätte beinahe auf die Wohlriechende Skabiose getreten, eine streng geschützte Dünenpflanze, die im Sommer zartviolett blüht. "Hier muss man auf dem Weg bleiben, das sag ich auch immer meinen Schülern", so Himberger. "Wir wollen von klein auf für die heimische Natur sensibilisieren", ergänzt Lorenz Kachler, Rektor der Waldschule.

Himberger informiert, dass demnächst ein Handlauf den Weg über den Maulbeerbuckel vorgibt und eine Tafel über Schützenswertes informiert. Laut Forstbezirksleiter Sebastian Eick wird es auch den Hinweis geben, dass Hunde - besonders in der Brutzeit - an die Leine zu nehmen sind. Die Stadt Walldorf habe sich verpflichtet, das Gebiet nach Ablauf des Nabu-Projekts "Lebensader Oberrhein" in den forstlichen Revierdienst zu übernehmen und für die Erhaltung zu sorgen.

"Wir brauchen Flächen, auf denen die Natur Vorrang hat", betont Baumann. Auch wenn sie nicht immer einsichtig seien: "Sprechen Sie Hundebesitzer an, die ihre Hunde im Naturschutzgebiet frei laufen lassen!", appelliert er an die Teilnehmer. "Je mehr das tun, desto besser." Förster und Ehrenamtliche im Naturschutz solle man mit dieser undankbaren Aufgabe nicht allein lassen.

Tatsächlich sind die Raritäten der Sanddünen wenig spektakulär und oft erst bei genauem Hinsehen zu entdecken. Baumann zeigt das winzige Sand-Vergissmeinnicht und das Frühlings-Hungerblümchen, die früh im Jahr blühen, die trocken-heiße Jahreszeit überdauern und sich so an die extremen Standortbedingungen angepasst haben.

Zu sehen ist auch die Graue Zackenmütze, die beispielsweise am Stuttgarter Neckartor als "Mooswand" eingesetzt wird, um den Feinstaub aus der Luft zu filtern. Zahlreiche kleine Wildbienen verschiedener Arten fliegen herum oder verschwinden in unterirdischen Gängen im Sandboden. Am Hardtbach weist Naturschutzwart Peter Weiser darauf hin, dass man hier im Sommer mit etwas Geduld die seltene Libellenart Grüne Flussjungfer beobachten kann.

Die größte Fraktion im Landtag habe sich den Naturschutz auf die Fahnen geschrieben, versichert Staatssekretär Baumann. Nachdem die Naturschutzverwaltung lange "ausgedünnt" worden sei, habe sie 255 neue Stellen geschaffen. Doch ohne die ehrenamtlichen Naturschutzbeauftragten und Naturschutzwarte gehe es nicht.

Baumann geht auch ein auf den Streit um die L 600 bei Sandhausen-Bruchhausen und das als Ersatzausgleichsmaßnahme geplante Naturschutzgebiet am Brühlweg. Hier werde auf rund 30 Hektar je zur Hälfte lichter Kiefernwald und Sandrasen entstehen. "Ich gehe davon aus, dass in Kürze das Naturschutzgebiet ausgewiesen wird", sagt er. Das neue Sandbiotop zwischen Pferdstriebdüne und Zugmantel-Bandholz soll für Austausch zwischen den kleinen Populationen sorgen, sagt Baumann und ergänzt: "Wir wollen Isolation verhindern, denn von Königshäusern und Pharaonen wissen wir: Inzucht ist nicht gut."

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