So feiert die Region Internet-Fastnacht
"Kürzeste Kampagne aller Zeiten" in Eppelheim - Auch andere setzen auf interaktive Live-Elemente - Hexen haben geheime Pläne

Region Heidelberg. (bmi/cm/lew/luw) Selbst über ein Jahr nach Ausbruch der Corona-Pandemie ist an Prunksitzungen oder Straßenumzüge noch nicht zu denken. Doch viele Narren reagieren kreativ und feiern die die "fünfte Jahreszeit" diesmal virtuell: im Internet. Dazu hat sich RNZ bei Karnevalsvereinen und Fastnachtsgruppen der Region rund um Heidelberg umgehört:
> Der Eppelheimer Carneval Club (ECC) fährt seine "kürzeste Kampagne aller Zeiten" komplett virtuell. Der Rathaussturm wurde unter Einhaltung aller Corona-Regeln aufgezeichnet und bereits ausgestrahlt, das Ordensfest mit den befreundeten Vereinen findet am heutigen Freitagabend per Videokonferenz statt und die Prunksitzung am morgigen Samstag ist eine Mischung aus Live-Stream und einem Zusammenschnitt aus Aufzeichnungen von Darbietungen der vergangenen Jahre. Das Live-Element bedeutet, dass die Zuschauer die Möglichkeit haben, Bilder von sich zu Hause – idealerweise in Kostümierung – per WhatsApp an den ECC zu senden. Die Fotos werden dann in den Stream eingebettet. Aktuelle Büttenreden und die Moderation von ECC-Sitzungspräsident Jens Schneider sind ebenfalls vorab aufgezeichnet. Die virtuelle Prunksitzung beginnt am Samstag zur besten Sendezeit um 20.11 Uhr unter www.ecc1974.de
> Die Neckargemünder Karneval Gesellschaft (NKG) verspricht "Fastnachtsfeeling digital" und will Fastnacht in die Wohnzimmer bringen. Bis Aschermittwoch soll auf der Videoplattform "Youtube" eine kunterbunte Fastnachtsmischung veröffentlicht werden. Los geht’s am Freitag und Samstag, 5. und 6. Februar, jeweils um 19 Uhr mit einem "Sitzungsfeuerwerk". Unter dem Motto: "NKG at its best" werden die Sitzungshöhepunkte der vergangenen 15 Jahre gezeigt und von Susanne Konrad und Wolfgang Göbes moderiert. Auch am Schmutzigen Donnerstag, 11. Februar, wird abends um 19 Uhr virtuell das Rathaus gestürmt. Am Fastnachtssamstag – dem Tag des Umzuges – wird ab 14 Uhr der Rekord-Umzug aus dem vergangenen Jahr zu sehen sein. Am Aschermittwoch, 17. Februar, wird die Fastnacht schließlich virtuell verabschiedet. Bereits im November war die NKG zum Beginn der fünften Jahreszeit virtuell aktiv. "Leider sind keine echten Veranstaltungen möglich", bedauert der NKG-Vorsitzende Thomas Muley. Einen Orden gab es nicht, aber die Mitglieder erhielten ein "Fastnacht-Überlebenspaket". Darin waren laut Muley "Geduldsfäden" und "Beruhigungspillen" ...
> Der Karneval Club Nußloch (KCN) hält am Faschingssonntag, 14. Februar, ab 14.11 Uhr eine Prunksitzung per Livestream abrufbar unter der Internetadresse www.kc-nussloch.de ab. Dabei werden ein Zusammenschnitt von Auftritten und Tänzen der vergangenen Jahre sowie aktuelle Grußbotschaften aus den Gruppen gezeigt, wie KCN-Vorsitzender Thomas Kretz berichtet. "Wir werden das Ganze live moderieren und interaktiv gestalten", kündigt Kretz etwa Quizfragen und ein Gewinnspiel für die rund zweistündige Veranstaltung an. An den Tagen, an denen die Prunksitzungen und der Nußlocher Karnevalsumzug geplant waren, teilt der Verein mit seinen Anhängern über das soziale Netzwerk Facebook Fotos aus den Vorjahren. "Wir haben zudem unser Magazin Okular als Rückblick auf die vorherige Kampagne wie immer aufgelegt", so Kretz. Selbst Orden wurden im kleinen Rahmen bestellt und sollen nun über die Trainer an die Gruppenmitglieder verteilt werden.
> Die Nußlocher "Giggelsburg Waiwa" wären zu dieser Zeit normalerweise jedes Wochenende auf einem oder zwei Umzügen in der Region unterwegs. Nun feiert der Verein im Sinne der schwäbisch-alemannischen Fasnet "Fastnacht auf dem Sofa", wie ihr Zunftmeister Patrick Schulz sagt. Er kreiert seit Beginn der "normalen" Fastnacht am 11. November immer wieder Büttenreden, machte etwa auch aus dem Christbaum einen Narrenbaum, schickt Videos an seine Mitglieder oder teilt diese auf der Vereinsseite im sozialen Netzwerk Facebook. Dort erscheint in den kommenden Tagen auch eine Grußbotschaft an eine befreundete Narrenzunft.
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> Die Nußlocher Hexen von Grobrunn halten über Nachrichtendienste miteinander Kontakt, führen aber keine öffentlichen digitalen Veranstaltungen oder ähnliches durch. Was den Blick voraus angeht, befürchtet Zunftmeister Thorsten Menrath, dass die Walpurgisnacht im Brunnenfeld am 30. April ein zweites Mal Corona zum Opfer fallen wird.
> Die Wiesenbacher Schisslhocker wollen voraussichtlich auf der vereinseigenen Internetseite Fotos und Videos aus vergangenen Fastnachtskampagnen präsentieren, wie der Erste Vorsitzende Eike Jung berichtet. "Wir wissen noch nicht genau, auf welchen Kanälen wir das machen", erklärt der dafür zuständige Zweite Vorsitzende Reiner Baier. "Wir haben einen Aufruf an unsere Mitglieder gestartet, um Fotos und Filme zusammenzustellen." Möglich sei neben der Veröffentlichung per Internet auch eine Art analoger Foto-Flyer für die Mitglieder.
> Die Wiesenbacher Hexen stürmen eigentlich traditionell das Rathaus am "Schmutzigen Donnerstag". Dies sei so in diesem Jahr natürlich nicht möglich, erklärt Petra Weigelt, eines der Mitglieder der privat organisierten Gruppe. "Aber wir haben etwas geplant, was wir jetzt noch nicht verraten können." So viel dürfe sie aber schon sagen: "Unser Bürgermeister Eric Grabenbauer hat gesagt, dass er uns Sekt spendiert, wenn wir es schaffen, eine Corona-konforme oder virtuelle Fastnachtsaktion auf die Beine zu stellen." Diese Herausforderung hätten die Hexen jedenfalls gerne angenommen, so Weigelt.



