Markus Weber über die coronakonforme Fastnacht
Über seinen Online-Auftritt in Frankenthal und volle Säle nach der Pandemie

Von Carsten Blaue
Weinheim. Hinter der hoch betagten Kultfigur der Kurpfälzer und Mainzer Fastnacht "Frl. Baumann" steckt der Weinheimer Apotheker und Künstler Dr. Markus Weber. Wir sind vormittags mit ihm zum Gespräch verabredet und rufen in der Antonius-Apotheke an. Man hört Weber im Hintergrund. Er verabschiedet gerade noch einen Kunden, auch mit Grüßen an die Ehefrau. Dann kommt Weber ans Telefon.
Herr Weber, wie bewerten Sie die Corona-Maßnahmen als Apotheker, wie als Künstler?
Die Kunst muss zurückstecken. Über 59.000 Tote sprechen für sich. Wären FFP2-Masken Pflicht – und nicht nur OP-Masken – könnte der Handel unter strengen Hygienemaßnahmen eventuell wieder öffnen. Schauen Sie, Douglas schließt hier in Weinheim seine Filiale. Das zeigt doch, dass auch die Großen nur mit Wasser kochen. Ansonsten kann ich leicht reden. Ich genieße meine künstlerische Freiheit im Sessel des bürgerlichen Berufs. Ich muss nicht von der Kunst leben. Aber ich hätte jetzt zum Beispiel die Premiere meines neuen Mundartkabaretts gehabt. Aber auch ich habe alles auf den Herbst verschoben.
Sie haben schon im Sommer entschieden, dass "Frl. Baumann" in der Fastnacht nicht auftreten wird. Warum so früh?
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Weil ich als Apotheker Verantwortung trage und aus Respekt vor dem Coronavirus. Ich habe auch mit Risikopatienten zu tun und wusste, wie gefährlich das Virus ist. Und wissen Sie, wie eng es hinter der Bühne der Fastnacht zugeht? Da war gar nicht dran zu denken.
Fastnachtsmuffel werden sagen, dass wir zurzeit andere Probleme haben als abgesagte Festzüge und Prunksitzungen. Was sagen Sie denen?
Klar gibt es andere Probleme! Deswegen muss man aber nicht die kleinen Freuden vertreiben. Lachen ist gut für das Immunsystem. Klar, wir haben die Pandemie. Aber deshalb muss man sich nicht zu Hause im Keller einschließen und in Trauer verfallen. Deswegen ist es auch gut, die Fastnacht coronakonform zu genießen.
Hintergrund
> Dr. Markus Weber ist nicht nur Apotheker und promovierter Altphilologe und Romanist, sondern auch vielseitiger Künstler. Lachen, sagt er, sei die beste Medizin. Er muss es wissen. Denn er sorgt nicht nur in der Fastnacht als "Frl. Baumann" für Heiterkeit. Weber, der eine
> Dr. Markus Weber ist nicht nur Apotheker und promovierter Altphilologe und Romanist, sondern auch vielseitiger Künstler. Lachen, sagt er, sei die beste Medizin. Er muss es wissen. Denn er sorgt nicht nur in der Fastnacht als "Frl. Baumann" für Heiterkeit. Weber, der eine Schauspielschule besuchte und Stepp- und Gesangsunterricht nahm, analysiert als Kurpfälzer Mundart-Kabarettist die Geschichte und Mentalität der Menschen beidseits des Rheins. In seinem Chansonprogramm mit dem Pianisten Dieter Scheithe "Die Zwei von der Klangstelle" wird die schillernde Zeit der Zwanziger- und Dreißigerjahre lebendig. Schließlich ist Weber auch noch Rezitator und als Zauberer auch Mitglied des "Magischen Zirkels", der internationalen Vereinigung der Zauberkünstler. cab
Sie sprechen es an: Die Fastnacht geht dieses Jahr online. Sie glauben also, dass das etwas bringt für die Narren, die sich nicht schunkelnd in den Armen liegen können?
Die Fastnacht ist das Streaming wert. Natürlich fehlt uns auf der Bühne das Getragensein vom Publikum. Aber für die Zuschauer der Online-Angebote ist das doch so wie früher zu unserer Kindheit. Da saß die ganze Familie vor dem Fernseher, Konfetti lag auf dem Tisch, Bohle wurde angesetzt, und alle haben "Mainz bleibt Mainz" geschaut. Die Menschen werden das also auch jetzt annehmen. Als ich auf Facebook angekündigt habe, dass "Frl. Baumann" auftreten wird, habe ich damit 73.000 User erreicht. In den Kommentaren stand: "Das schauen wir uns an!". Die Fastnacht findet also zu Hause statt. Coronakonform.

Wo treten Sie ausnahmsweise nun doch auf?
Bei der Badisch-Pfälzischen Fastnacht am 14. Februar aus Frankenthal. "Frl. Baumann" wird dort etwas ganz anderes machen. Sie wird das Geheimnis lüften, dass sie in den Zwanziger- und Dreißigerjahren Soubrette in Berlin war. Zum Couplet "Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben" dreht sich der Text darum, wie die Menschen mit der Maske umgehen, nämlich oft falsch. So wird sie etwa zum Schnaufen mal kurz von der Nase gezogen. Also der didaktische Hintergrund ist: Tragt Eure Masken bitte richtig! Es geht aber auch darum, wie "Frl. Baumann" und ihre Freundinnen mit der Ausgangssperre umgehen. Ich mache mich dabei sicher nicht lustig über die Pandemie und die Maßnahmen. Ich nehme das alles sehr ernst.
Glauben Sie, dass die Menschen die eingeübte Distanz wieder überwinden können, wenn wir die Pandemie im Griff haben? Volle Säle und schunkelnde Menschen kann man sich irgendwie gar nicht mehr vorstellen.
Doch, das wird wieder kommen. Hätten Sie vor einem Jahr denn gedacht, dass wir alle Masken tragen? Früher haben wir die Asiaten dafür doch noch belächelt. Wenn die Herdenimmunität hergestellt ist, wird das normale Leben wieder zurückkehren, und auch Mutationen sind schneller impfbar. Es wird sicher dauern, die Angst wieder zu überwinden. Aber die Gewöhnung an die Freiheit wird schneller gehen als die Gewöhnung an den Abstand.



