Flüchtlinge in Schönau: Familien kommen in die Schmerzklinik

Informationsabend zur Unterbringung von 270 Flüchtlingen in Schönau war sehr gut besucht - Zwei Sozialarbeiter sollen vor Ortsein

17.03.2016 UPDATE: 18.03.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 28 Sekunden

Volles Haus mit Stehplätzen: Groß waren Interesse und Andrang bei der Informationsveranstaltung über die Zuweisung von rund 270 Flüchtlingen in der Sporthalle.

Von Karin Katzenberger-Ruf

Schönau. "Ich danke Ihnen für die faire und sachliche Diskussion." Dass Bürgermeister Marcus Zeitler am Ende des rund zweieinhalbstündigen Informationsabends des Landratsamtes zur Flüchtlingsunterkunft in Schönau diesen Satz sagen könnte, war anfangs nicht absehbar. Der erste Redner, der sich nach den Erläuterungen durch die Verantwortlichen in der voll besetzten Sporthalle zu Wort meldete, hielt sich noch nicht so recht an die angesagten Spielregeln. Statt Fragen zu stellen, bezeichnete er sich selbst als "Flüchtlingskind" von Anfang der 1960er-Jahre aus der DDR übergesiedelter Eltern, über die damals finanziell noch kein Füllhorn ausgeschüttet worden sei.

Als sich die Halle gegen 21.30 Uhr schon wieder zur Hälfte geleert hatte, ging die Diskussion zum Teil auf dem Nachhauseweg weiter. Manche meinten, am Podium sei zu viel über die allgemeine Lage und zu wenig über das Projekt Schmerzklinik gesagt worden. In der Tat hätten die einführenden Vorträge kürzer sein können, waren aber mit eineinviertel Stunden auch nicht übermäßig lang.

Die gute Nachricht: Christoph Schauder, Ordnungsdezernent beim Landratsamt, geht davon aus, dass in der ehemaligen Schmerzklinik unter den rund 270 Menschen tatsächlich vor allem Familien untergebracht werden. Einfach deshalb, weil rund 3000 Quadratmeter Wohnfläche samt Außengelände auch für Kinder geeignet und in allen Zimmern Bad und WC vorhanden seien. Wie er sagte, werden solche Gegebenheiten bei den Zuweisungen durch das Regierungspräsidium in Rücksprache mit dem Landratsamt gerne berücksichtigt.

Bei den Flüchtlingszahlen ist seiner Schilderung nach trotz derzeit geschlossener Balkanroute kein Rückgang auf Dauer garantiert. Deshalb arbeite das Landratsamt weiterhin im Krisenmodus. In über 30 von 54 Städten und Gemeinden im Kreis entstünden derzeit Gemeinschaftsunterkünfte oder seien schon bezogen worden.

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Die Zusammenarbeit mit der Stadt Schönau in dieser Sache sei sehr gut. Allerdings lebten im Rhein-Neckar-Kreis immer noch um die 2000 Flüchtlinge in Notunterkünften, vor allem junge Männer. Dort komme es auch verstärkt zu Konflikten; und meistens wegen Kleinigkeiten.

Stefan Becker vom Kreisordnungsamt bestätigte, dass etwa 4000 von rund 6500 im Kreis untergebrachten Flüchtlingen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als zuständiger Behörde noch keinen Asylantrag hätten stellen können. Und noch eine Zahl: Baden-Württemberg muss nach dem Verteilungsschlüssel circa 13 Prozent der in der Bundesrepublik angekommenen Flüchtlinge aufnehmen, davon entfallen circa 5,6 Prozent auf den Rhein-Neckar-Kreis. Nach besagtem Schlüssel hätte Schönau bezogen auf Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft nach jetzigem Stand nur 27 Flüchtlinge unterbringen müssen.

Die mit dem Besitzer für zehn Jahre vereinbarte Anmietung der ehemaligen Schmerzklinik, die Ende Mai oder Anfang Juni bezugsfertig sein dürfte, war für das Landratsamt wiederum ein Glücksfall, wie beim Infoabend deutlich wurde. "Wir sind mit den notwendigen Umbaumaßnahmen im Zeitplan", verkündete Karl Winkler als Leiter der Aufnahmebehörde. Seiner Schilderung nach gab es vor dem Informationsabend eine Baustellenbesichtigung.

Wenn die Flüchtlingsunterkunft bis zu 270 Bewohnern beherbergt, sind alle bislang noch verschlossenen Eingänge geöffnet. Viel mehr Menschen sollen in Schönau nicht untergebracht werden. Da habe das Landratsamt die Gesamtentwicklung im Blick, hieß es.

Nach Bezug des Gebäudes werden tagsüber unter anderem zwei Sozialarbeiter vor Ort sein sowie rund um die Uhr ein Sicherheitsdienst, so eine Nachricht bei der Informationsveranstaltung. Wie der Flüchtlingssozialdienst in Unterkünften arbeitet, schilderte Christoph Kollmel, Leiter der Sozialberatung im Rhein-Neckar-Kreis.

Die Leistungen der 2000 Ehrenamtlichen, die im Kreis zwischen Deutschkursen, Hausaufgabenbetreuung und der Begleitung bei Behördengängen so einiges leisten, würdigte Konrad Nerz vom Landratsamt. Auch in Schönau gibt es dieses Potenzial.

Über das Rathaus sollen durch "Steckbriefe" außerdem Patenschaften für Flüchtlinge vermittelt werden. Da sei vieles möglich, so der Bürgermeister. Interessierte sollten sich einfach bei der Verwaltung melden. Eine Besucherin des Infoabends ermunterte dazu, einfach auf Flüchtlinge zuzugehen, ihnen Aufmerksamkeit, vielleicht sogar etwas Liebe zu schenken. Wenn man sich für etwas engagiert, bekommt man oft viel zurück, weiß auch Peter Wojcik, stellvertretender Leiter der Aufnahmebehörde, der die Fragerunde des Abends moderierte.

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