Eppelheimer Bürger und Räte kritisierten Mörleins Entscheidung, im Amt zu bleiben
Im Eppelheimer Gemeinderat kochten nun die Emotionen über: "Über uns lacht die Capri-Sonne"

Von Manuel Reinhardt
Eppelheim. Es war kurz, aber heftig: Die Klage eines Eppelheimers gegen die Bürgermeisterwahl vom 23. Oktober und die Entscheidung des amtierenden Rathauschefs Dieter Mörlein, weiter im Amt zu bleiben, bis das Ergebnis rechtsgültig ist, erhitzte auch bei der jüngsten öffentlichen Gemeinderatssitzung die Gemüter. Zumindest die der Bürger und Räte, die Bürgerfragestunde und Anfragen aus dem Räterund nutzten, um den Bürgermeister für seine Haltung - teils vehement - zu kritisieren. Der blieb zumeist jedoch stoisch und entgegnete wiederholt: "Ich sage dazu nichts."
Über 40 Eppelheimer hatten den Weg ins Rathaus gefunden. Der Bürgersaal war voll besetzt. Da als Tagesordnungspunkt "nur" eine Umbesetzung im Rat anstand, war schnell klar: Alle waren wegen des derzeit alles bestimmenden Themas gekommen. Und es dauerte auch nicht lange, bis die Situation ums höchste Amt der Stadt zur Sprache kam.

Sie war nicht anwesend, aber um sie ging es: Patricia Popp, die Siegerin der Bürgermeisterwahl am 23. Oktober.
Im ersten Tagesordnungspunkt nämlich, der Bürgerfragestunde: Christiane Steffen war es, die den Reigen eröffnete. In den letzten Tagen hatte sie schon Unterschriften gesammelt, um die designierte Bürgermeisterin Patricia Popp zu unterstützen, damit sie doch zum 1. Januar 2017 als Amtsverweserin die Stadtgeschicke lenken kann. "Es gibt eine Menge Gerüchte", eröffnete sie ihre "Frage". Und stand auf, umquerte den Ratstisch und überreichte Bürgermeister Mörlein persönlich einen offenen Brief. "Ich sage alles immer direkt", verkündete sie und bat um fünf Minuten Sprechzeit. "Das geht leider nicht", begegnete der Ratsvorsitzende trocken.
Stoppen ließ sich Christiane Steffen aber nicht. "Warum, Herr Bürgermeister, haben Sie nicht selbst kandidiert?", fragte sie dann doch. "Hatten Sie Angst vor dem Ausgang?" Doch Dieter Mörlein blieb bei der Linie, die er noch mehrfach an dem Abend fahren sollte: "Das werde ich nicht beantworten." Feige sei dies, begegnete Steffen. Da hatte der Verwaltungschef schon den Nächsten aufgerufen.
Auch interessant
Und musste sich ähnliche Vorwürfe anhören. Mörlein verneinte die Frage des Bürgers, ob er schon vor der Klage gewusst habe, dass er länger im Amt bleibt. "Wem nützt dieses Hickhack?", platzte es aus dem Fragesteller heraus. "Das ist nicht gut für Sie." Dem schlossen sich Stimmen und Applaus aus der Zuhörerschaft an. "Das mag sein", blockte Mörlein ab. Er wisse nicht, wem das nütze, er habe es ja nicht verursacht. "Ich verhalte mich nach dem Gesetz, wer etwas anderes fordert, begeht Rechtsbeugung und da machen wir nicht mit."
Hat der Gemeinderat die Möglichkeit, Patricia Popp als Amtsverweserin einzusetzen oder zumindest per Eilantrag das Verfahren zu beschleunigen, wollte ein weiterer Bürger wissen. "Völlig ausgeschlossen", antwortete der Bürgermeister, was zu Protesten aus Reihen der SPD und Grünen führte, die darauf hinwiesen, dass der Rat durchaus Popp als Amtsverweserin einsetzen könnte - sofern Mörlein auf sein Amt verzichtet.
Eppelheim sei durch die Sache im negativen Sinne bis zum Bodensee berühmt geworden, meinte der Bürger. "Wenn ich aufhören will, höre ich auf", sagte Mörlein. "Dann werden wir auch am Bodensee wieder positiv gesehen." Die Retourkutsche: Es gehe dabei nicht um das Interesse der Eppelheimer Bürger, sondern um das Mörleins.
CDU-Rätin Martina Rubik-Kreutzfeldt wandte noch ein, dass die Justiz frei sei und die Gemeinde keinen Einfluss auf das Verfahren nehmen könne. Und sie verteidigte den Kläger: "Es steht uns nicht frei, zu urteilen, der Bürger nimmt ein Recht wahr." Der CDU-Fraktionssprecher Trudbert Orth erklärte auf Bürgernachfrage einmal mehr, dass seine Partei mit Mörleins Entscheidung nichts zu tun habe: "Der Bürgermeister kann so lange im Amt bleiben, wie er will."
Damit war das Thema aber noch nicht durch. Denn es standen ja noch die Anfragen der Räte an. Christa Balling-Gündling (Grüne) eröffnete die Kanonade auf den Rathauschef. Die ganze Sache schade Eppelheim. "Über der Kurpfalz lacht die Sonne und über Eppelheim die Welt", so die Grünen-Rätin. Sie legte nach: "Ihnen wäre es vorbehalten gewesen, würdevoll zum 31. Dezember aus dem Amt zu scheiden." Um Mörlein schließlich nochmals zu attackieren: "Wenn es ein Mann gewesen wäre, hätten sie es nicht getan, das zeigt ihre Position gegenüber Frauen." Das Stadtoberhaupt reagierte - natürlich stoisch: "Dazu sage ich nichts, sie sollten Stil bewahren." Und lapidar bemerkte Dieter Mörlein noch: "Über uns lacht die Capri-Sonne."
Einen Antrag der Grünen-Fraktion zur "Ernennung einer Amtsverweserin" hätte Balling-Gündling gerne schon in der aktuellen Sitzung besprochen. Doch Mörlein hatte ihn nicht aufgenommen, da er zu spät für die Tagesordnung eingegangen war. Es sei aber nicht angemessen dem Rat diesen Antrag vorzuenthalten. Er müsse nun in der nächsten Sitzung am 30. Januar 2017 behandelt werden. Das sah auch Renate Schmidt (SPD) so. "Wenn der Verzicht stattfinden würde, wäre der Wählerwille respektiert." So stehe die Frage im Raum, wem die Klage nütze, meinte die Fraktionsvorsitzende: "Eppelheim garantiert nicht." Höchstens dem Bürgermeister, der im Amt bleiben könne. Und das habe Mörlein ja gewollt, als er gegen die Altersbeschränkung gekämpft hatte. "Insofern haben Sie das indirekt bekommen", sagte Schmidt zum amtierenden Bürgermeister.
Der geriet übrigens einmal aus dem Tritt. Denn zum Tagesordnungspunkt zum Ausscheiden von Stadtrat Peter Bopp rutschte Mörlein statt dem Bopp’schen B ein Popp’sches P über die Lippen. Und ein schelmisches Lächeln hinterher.
Am Ende der hitzigen, mit rund 40 Minuten Dauer kurzen Sitzung meldete sich Christiane Steffen doch noch einmal. Aber obwohl der Bürgermeister ihre Meldung ignorierte, verkündete sie lauthals: "Wenn man sieht, wie lustlos Sie heute die Sitzung geführt haben, muss man sich fragen, warum Sie an Ihrem Amt kleben." Und Dieter Mörleins Reaktion? Stoisch, wie immer: "Das war doch ein schönes Schlusswort."



