Überschuss schießt durch die Decke
Gemeinderat stimmt Zahlenwerk zu - Mahnende Worte zu Schuldenstand, Infrastruktur und Generationengerechtigkeit

Rathaus Rauenberg. Foto: Reinhard Lask
Rauenberg. (aot) Der Haushalt 2017 der Stadt Rauenberg schließt bei 19 Millionen Euro Einnahmen und 16 Millionen Euro Ausgaben mit einem Überschuss von 3,1 Millionen Euro ab. Das ist doppelt so viel wie geplant. Nachdem die Stadt im Jahr 2015 unerwartet Gewerbesteuer von sieben Millionen Euro hatte zurückzahlen müssen, was einige Turbulenzen ausgelöst hat, ist dies für den Gemeinderat eine erfreuliche Entwicklung.
Die ist das Ergebnis der im vergangenen Jahr beschlossenen Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen, aber auch der allgemein guten konjunkturellen Entwicklung mit sprudelnden Einkommens- und Umsatzsteuereinnahmen.
Bürgermeister Peter Seithel, der sich über das "sehr positive Ergebnis" freute, wies allerdings darauf hin, dass darüber hinaus nicht alles ausgegeben worden sei, was geplant war.
Während im Jahresergebnis der erwirtschaftete Überschuss unter Anrechnung der Abschreibungen erfasst ist, werden in der Finanzrechnung 2017 die tatsächlichen Ein- und Auszahlungen, einschließlich der Investitionen, einander gegenübergestellt. Nach dieser Rechnung ergibt sich mit 4,1 Millionen ebenfalls ein ansehnlicher Überschuss.
Christiane Hütt-Berger (SPD) wies in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass die Zuflüsse aus Grund-, Gewerbe-, Einkommens- und Umsatzsteuer mit über 9 Millionen Euro fast die Hälfte der Erträge ausmachen. "Dieser Betrag wird direkt und indirekt von unseren Einwohnern gezahlt."
Auch interessant
Sie bedauerte gleichzeitig, dass "es wieder nicht geschafft wurde, unsere Infrastruktur in Schuss zu halten". Dringende Erhaltungsmaßnahmen in Höhe von einer halben Million Euro seien zwar geplant, die Finanzierung gesichert, sie seien aber nicht verwirklicht worden.
Jürgen Steger (CDU) wies darauf hin, dass sich die Bilanzsumme erfreulicherweise von 55 auf 60 Millionen Euro erhöht habe - durch höhere Zuweisungen von 3,1 Millionen, geringere Verbindlichkeiten von 0,6 Millionen und einem Zuwachs an Stammkapital von 3,1 Millionen Euro.
Durch konsequentes Sparen sei es gelungen, große Teile der außerplanmäßigen Gewerbesteuer-Forderung aus dem Jahr 2015 weitgehend zu kompensieren. Mahnend wies er darauf hin, dass der Schuldenstand in den vergangenen zehn Jahren von 3,25 Millionen auf 13,25 Millionen Euro angewachsen sei, die damit verbundenen Zinsaufwendungen von 28.000 auf 213.000 Euro. Die Investitionen im Rahmen der Stadtkernsanierung und Abwasserbeseitigung seien zwar sinnvoll, trotzdem müsse er die Frage nach der Generationengerechtigkeit stellen.
Für Rolf Becker (Freie Wähler) zeichnet sich ab, dass sich nach zu erwartenden Defiziten 2018 und 2019 der Haushalt ab 2020 wieder in "ruhigem Fahrwasser bewegen wird". Zu verdanken habe man dies der Tatsache, dass die Verlustvorträge aus dem Jahr 2015 in Höhe von 4,3 Millionen Euro bereits Ende 2017 ausgeglichen waren.
Er ging auch auf die positive Entwicklung der einzelnen Steuerarten in den letzten zehn Jahren ein, beispielsweise den Anstieg der Einkommensteueranteile von 3,3 auf 5,8 Millionen Euro. Er warnte aber auch vor politischen und wirtschaftlichen Risiken, jedes Prozent weniger Wachstum dürfte sich in der Stadtkasse im sechsstelligen Bereich bewegen. "Wegen diesen Unwägbarkeiten aber auf eine realistische, vorsichtig positive Planung zu verzichten, hieße den Verzicht auf einen Kompass mitten auf dem Meer und in der Nacht."
Jürgen Abt (FDP) analysierte in seiner Stellungnahme den Bevölkerungszuwachs und kam zum Ergebnis, dass die Neubürger überdurchschnittlich gut verdienten, vor allem auch weil Männer und Frauen gleichermaßen berufstätig seien. Das wiederum wirke sich positiv auf die Zuweisung des Einkommenssteueranteils für die Stadt aus.
Der Haushalt sei aber mit seinen langfristigen Abschreibungen auch eine Belastung für Kinder und Enkelkinder, alleine für die Kulturhalle seien 154.000 Euro und für die Stadtkernsanierung 357.000 Euro jährlich anzusetzen. Sein Fazit: Man müsse langfristig zu einer fairen Mittelverteilung zugunsten der Kinder und Enkel kommen.
Nach der Aussprache verabschiedete der Gemeinderat den Jahresabschluss 2017 in der von der Verwaltung vorgelegten Fassung, ebenso wie den Abschluss des Eigenbetriebs Abwasser mit einem Gewinn von 109.000 Euro, der erfreulicherweise zu einer Gebührensenkung von rund zehn Prozent führen wird.
Zum Schluss der Haushaltsberatungen konnte Kämmerer Thomas Dewald einen positiven Einblick in die Entwicklung im laufenden Jahr geben. Nach den neusten Steuerschätzungen und wahrscheinlich geringerem Personalaufwand sei zu erwarten, dass sich der Jahresabschluss 2018 um rund 280.000 Euro verbessern werde. Trotzdem geht Dewald davon aus, dass auch im kommenden Jahr der gesetzlich vorgeschriebene Haushaltsausgleich nicht erreicht wird.



