Was Leimen und Eppelheim für die Straßenbahn zahlen
Jahrelang sanken die Kosten für Eppelheim und Leimen - Jetzt steigt der Kilometer-Preis wieder

Eppelheim/Leimen. (aham/fre) Straßenbahnfahren kostet. Das ist an sich nichts Neues. Was vielen aber nicht bewusst ist: Nicht nur die Nutzer müssen für jede Fahrt ein Ticket bezahlen. Auch die Städte Leimen und Eppelheim müssen zahlen für ihre Straßenbahnanbindung. Genauer gesagt für die Verluste, die von der Straßenbahn eingefahren werden. Dieser Zahlung liegt ein Ausgleichssatz von 6,41 Euro für 2019 und von 6,47 Euro für 2020 zugrunde, der wiederum mit der Anzahl der sogenannten "Nutzzugkilometer" multipliziert wird. Das sind jene gefahrenen Bahnkilometer, mit denen Eppelheim und Leimen bedient werden. Das für die beiden Städte Beste an diesen Zahlen: Der Rhein-Neckar-Kreis übernimmt 40 Prozent von diesem Defizit.
Hintergrund
Leimen/Eppelheim. (fre) In die Kalkulation der Ausgleichssätze von 6,41 Euro beziehungsweise 6,47 Euro pro Nutzzugkilometer fließen eine Fülle von Einzelkosten. Tarifliche Lohnsteigerungen von über drei Prozent sind hier genauso enthalten wie geplante Neuanschaffungen von
Leimen/Eppelheim. (fre) In die Kalkulation der Ausgleichssätze von 6,41 Euro beziehungsweise 6,47 Euro pro Nutzzugkilometer fließen eine Fülle von Einzelkosten. Tarifliche Lohnsteigerungen von über drei Prozent sind hier genauso enthalten wie geplante Neuanschaffungen von Straßenbahnen. Ausgehandelt wurden diese Ausgleichssätze von Vertretern der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV), des Rhein-Neckar-Kreises sowie der betroffenen Städte, darunter auch Eppelheim und Leimen (siehe Artikel links).
Nach Worten der Leimener Bürgermeisterin Claudia Felden war ein strittiger Punkt die neue Bahntrasse durch die Heidelberger Bahnstadt. Die neue Trassenführung sei ein Wunsch der Stadt Heidelberg gewesen, weshalb nach vielmaligen Verhandlungsrunden lediglich jene Kosten in die Kalkulation einflossen, die für eine Sanierung der alten, außer Dienst gestellten Bahntrasse angefallen wäre.
Gerungen wurde Felden zufolge zudem um den für das gesamte RNV-Gebiet geplanten kreditfinanzierten Ankauf von 80 neuen Straßenbahnen zu einem Preis von 265 Millionen Euro. Da die Städte Heidelberg, Mannheim und Ludwigshafen als RNV-Gesellschafter für das gesamte Kreditvolumen bürgten, konnten hier günstigere Kreditzinsen von rund zwei Prozent erreicht werden. In der Umkehr lassen sich die Städte ihre Bürgschaft über eine etwa 1,1-prozentige Provision bezahlen, was ebenfalls in die Kalkulation einfließt.
Auch die Diskussion um den Heidelberger Betriebshof bleibt nicht außen vor. Planungskosten für einen Neubau fließen nicht in die Ausgleichssätze ein, wohl aber Sondermaßnahmen zur Erhaltung des bestehenden Betriebshofs in Heidelberg-Bergheim.
Interessant ist nicht zuletzt, dass auch eine Reihe von Investitionen schon Eingang in die Kalkulation der 2019er und 2020er Ausgleichssätze gefunden haben, obwohl mit der Realisierung noch nicht einmal ansatzweise begonnen wurde. Die Erneuerung der 23er Trasse zwischen dem Kurpfalz-Centrum und dem Friedhof in Leimen, die mit insgesamt 11,5 Millionen Euro veranschlagt wird, zählt hierzu genauso wie in Eppelheim die neue Endhaltestelle für die 22er Linie, wofür 2,05 Millionen Euro angesetzt sind.
> In Eppelheim hatte der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung über den Ausgleichssatz der Straßenbahnlinie 22 zu entscheiden: Also über 525.620 Euro im zu Ende gehenden Jahr und 530.000 Euro im nächsten Jahr. Gerechnet wurde auf der Basis von 82.000 Nutzzugkilometern.
Für 2018 musste Eppelheim nur knapp 470.000 Euro berappen. 2018 war allerdings auch das Jahr der großen Brückenbaustelle, in dem keine Straßenbahn über die Autobahn nach Eppelheim fahren konnte. Der Gemeinderat stimmte der Verlustabdeckung mehrheitlich zu.
Hauptamtsleiter Reinhard Röckle erläuterte, dass die Ausgleichsbeträge alle zwei Jahre neu festgelegt werden. "In den letzten Jahren sind die Kosten immer gesunken", so Röckle. "Aber jetzt steigen sie langsam wieder an." Zum Vergleich: 2017 musste die Stadt noch 6 Euro für jeden Nutzzugkilometer hinlegen, 2018 waren es 5,76 Euro.
Nichtsdestotrotz fand CDU/FDP-Sprecher Trudbert Orth die Kalkulation "gerechtfertigt" und "nachvollziehbar". Renate Schmidt (SPD) meinte: "Wenn wir den Klimawandel ernst nehmen, müssen wir den ÖPNV ausbauen – und das geht nicht zum Nulltarif." Grünen-Chefin Christa Balling-Gündling fand allerdings eine Sache nicht so klar: die Zinsen für die neuen Bahnen. "Zahlt Eppelheim für alle 80 Bahnen Zinsen?", wollte sie wissen. Auf RNZ-Nachfrage erläuterte Bürgermeisterin Patricia Rebmann hierzu: "Die Zinsen für die Investitionen in die neuen Bahnen sind anteilig auf die Linien 22 und 23 heruntergebrochen worden, das heißt, wir zahlen nur für so viele Bahnen Zins, wie sie auch für diese Linien bestimmt sind."
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Die gestiegenen Kosten waren Bernd Binsch (EL) ein Dorn im Auge: "Wir haben im Konzessionsvertrag gelesen, dass Ausgleichskürzungen bei Qualitätsmängeln möglich sind", so Binsch. "Und beim Betriebsstart nach dem Brückenbau gab es doch viele Verspätungen." Außerdem sei der Umbau der Endhaltestelle schon berechnet, obwohl der Umbau noch nicht einmal begonnen hätte. Nach Ansicht des EL-Chefs hätte die Kostensteigerung also deutlich moderater ausfallen müssen. Daher stimmte er gegen die Ausgleichszahlungen, sein Fraktionskollege Jürgen Sauer enthielt sich und der Rest des Kommunalparlaments stimmte den ausgehandelten Beträgen zu.
> In Leimen bewegte der Gemeinderat noch mehr Geld. Kein Wunder: Die Große Kreisstadt muss für 162.000 Nutzzugkilometer mit der Straßenbahnlinie 23 aufkommen. Das macht 1,038 Millionen Euro im Jahr 2019 und 1,048 Millionen im nächsten Jahr. Das Ja zu dieser Verlustabdeckung war unstrittig, zumal es ja auch keine Alternative gibt.
"Was wäre", stellte Ralf Frühwirt (GALL) die rhetorische Frage, "wenn wir ablehnen würden?" Leimen könne auf die Linie 23 nicht verzichten, er nannte sie eine "wichtige Lebensader". Ohne sie "könnten wir den Laden zu machen". Wie Klaus Feuchter (FDP) rieb sich Frühwirt eher an dem späten Zeitpunkt, zu dem über die Ausgleichssätze für 2019 und 2020 verhandelt worden war. Seine Forderung: 2020 sollte verhandelt werden, was 2021 und 2022 passiert.
Für Christiane Mattheier (SPD) war der Öffentliche Personennahverkehr "die Zukunft, wenn es um das Klima geht". Auch wenn es um viel Geld gehe – wer für Klimaschutz sei, müsse dafür auch lokal eintreten, fand Alexander Hahn (FDP). Rudolf Woesch (FW) nannte die ausgehandelten Ausgleichssätze "eine gute Vereinbarung für Leimen".



