Landkreis Heilbronn

Kreishaushalt 2020 sendet positive Signale

Senkung der Kreisumlage beschlossen - Große Mehrheit für besseren Nahverkehr - Sanierung des Berufschulzentrums in Böckingen für 100 Millionen geplant

18.12.2019 UPDATE: 19.12.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 51 Sekunden
Verbesserungen beim Nahverkehr stehen bei fast allen Kreistagsfraktionen auf der Agenda. Foto: Guzy

Von Armin Guzy

Heilbronn. Die Müllgebühren bleiben auch im 15. Jahr in Folge stabil, die Kreisumlage sinkt und entlastet die Kommunen, der Ausbau Bus- und Bahnanbindungen und Radwegen wird im kommenden Jahr deutlich vorangetrieben, und die Steuerkraftsumme der Städte und Gemeinden ist um fast zehn Prozent auf nun 525 Millionen Euro deutlich gestiegen. Das sind die positiven Signale, die vom jetzt mit großer Mehrheit verabschiedeten Haushalt des Landkreises Heilbronn an die 46 Kommunen und ihre Bürger ausgehen.

Dennoch sind die in geballter Formation aufziehenden dunklen Wolken nicht zu übersehen: Die Konjunktur schwächelt, wodurch auch die Steuereinnahmen zu sinken drohen, in der für die Region wichtige Automobilindustrie werden Jobs abgebaut, die Ausgaben des Kreises im Bereich "Soziales" und auch die Personalkosten steigen weiter, und mit der anstehenden Generalsanierung des Kreisberufschulzentrums im Heilbronner Stadtteil Böckingen sowie der Ertüchtigung der Fachklinik in Löwenstein kommen millionenschwere Investitionen auf den Kreis zu: Alleine für die Sanierung des Berufschulzentrums rechnen Landrat Detlef Piepenburg und Kämmerer Thomas Schuhmacher mit mehr als 100 Millionen Euro, die der Kreis, über die kommenden Jahren verteilt, aufbringen muss. Die ebenfalls kostenträchtige zweite Erweiterung des Gesundbrunnen-Klinikums in Heilbronn läuft bereits und wird den Haushalt im kommenden Jahr mit zwei Millionen Euro belasten.

Hintergrund

Wo das Geld hinfließt

Im Aufgabenbereich > Verkehr will der Landkreis im kommenden Jahr 39 Millionen Euro ausgeben, alleine sechs Millionen davon für Baumaßnahmen an den Straßenmeistereien, eine Million für das Radwegeförderprogramm und 1,5

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Wo das Geld hinfließt

Im Aufgabenbereich > Verkehr will der Landkreis im kommenden Jahr 39 Millionen Euro ausgeben, alleine sechs Millionen davon für Baumaßnahmen an den Straßenmeistereien, eine Million für das Radwegeförderprogramm und 1,5 Millionen für Wohnbauförderung. 1,3 Millionen Euro sind für Straßenbaumaßnahmen vorgesehen, darunter ist auch die seit Langem geplante Rampe, die die Kreisstraße 2120 bei Bad Rappenau mit der Landesstraße 530 verbinden soll. Weitere 5,2 Millionen sind für Instandhaltungsarbeiten an Straßen veranschlagt. Für > Schulen, Sport und Kultur sind fast 25 Millionen Euro veranschlagt und für Sicherheit, Ordnung und Gesundheit 16 Millionen. Für die Sparte > Bauen, Planen, Umwelt sind 17,5 Millionen Euro vorgesehen. Ausgabenintensivster Posten ist der Bereich > Soziales und Jugend mit Aufwendungen von 227 Millionen; davon entfallen auf den Teilbereich Jugendhilfe 44,2 Millionen. Da Gemeinschaftsunterkünfte für Geflüchtete zurückgebaut werden konnten und ein Neubau aktuell nicht nötig ist, können die dafür zurückgestellten 6,2 Millionen Euro anderweitig ausgegeben werden. Die > Personalkosten für die Kreisverwaltung steigen voraussichtlich leicht von 69,8 auf 70 Millionen Euro. (guz)

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Von den fast 372 Millionen Euro, die für Ausgaben zur Verfügung stehen, fließen alleine 227 Millionen, das sind 61 Prozent, in den Aufgabenbereich "Soziales und Jugend". Zugleich sinken die Kostenerstattungen des Landes an den Kreis in diesem Bereich um fast drei Millionen Euro. Piepenburg hatte das Land bereits in seiner Haushaltsrede im Oktober mit deutlichen Worten aufgefordert, "zu seinen Zusagen zu stehen".

Für den ÖPNV sind 23 Millionen im Haushalt 2020 vorgesehen, ein Plus von zwei Millionen. Durch Zuschüsse verringern sich die Ausgaben für den Kreis auf 14,5 Millionen. Der Hebesatz für die Kreisumlage sinkt um zwei auf dann 27 Prozentpunkte. Das entlastet die Kommunen um insgesamt mehr als zehn Millionen Euro. Grüne und AfD stimmten dagegen – die Grünen, weil sie Investitionen in den ÖPNV und das Breitbandnetz sinnvoller finden als eine Senkung, die AfD weil sie das Geld lieber in die Straßensanierung stecken will.

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Um alle Vorhaben zu finanzieren, muss der Kreis voraussichtlich 13,6 Millionen Euro an neuen Kredite aufnehmen – damit betrüge der Schuldenstand Ende 2020 mehr als 64 Millionen Euro. Unter anderem wegen des Kreisberufschulzentrums und weil ab 2023 auch das Landratsamt für mehr als 30 Millionen saniert werden soll, rechnet Kämmerer Schuhmacher mit einem Anstieg der Schulden auf 102 Millionen Euro im Jahr 2023.

Dass die Kreisumlage ab 2021 wieder erhöht wird, gilt fast als ausgemacht: Die Senkung sei "nur eine Momentaufnahme", sagte CDU-Fraktionschef Nico Morast. Er dankte der Kreisverwaltung für die damit bewiesene Solidarität mit den Kommunen, sagte aber auch: "Wir wissen um die großen Aufgaben der Zukunft."

Einer der Schwerpunkte in den Haushaltsreden nahezu aller Fraktionen war die nötige Verbesserung des ÖPNV, vor allem bei Bussen in den ländlichen Regionen. Nico Morast (CDU) brachte ein Ruftaxi-Model ins Spiel, das Jugendliche nachts sicher nach Hause bringen soll. Die Hälfte der Kosten solle der Landkreis tragen. Beschlossen wurde das noch nicht, die Zustimmung war aber erkennbar groß. Morast will ÖPNV-Angebot, Zonenregelung und Ticketpreise von einem externen Büro auf Verbesserungsmöglichkeiten hin überprüfen lassen. Ein Umstieg auf den ÖPNV funktioniert seiner Meinung nach "nicht durch Restriktion, sondern durch Anreize". Dazu soll 2020 nun eine fraktionsübergreifende Arbeitsgruppe eingerichtet werden. Ralf Steinbrenner (Freie Wähler) erinnerte daran, dass der Umbau der Kliniklandschaft ein komplexer Prozess und noch längst nicht abgeschlossen sei. Er kritisierte, dass der Kreis hiebei auch dem "Diktat aus Berlin" ausgesetzt sei. Bei der Breitbandausbau fehle die Koordinierung.

Bernd Bordon (SPD) macht sich Sorgen um die steigenden Transferaufwendungen für ältere Menschen und sieht bei der Sanierung von Landesstraßen "absoluten Handlungsbedarf, für den der Kreis allerdings nicht zuständig ist. Armin Waldbüßer (Grüne) kritisierte den Flächenverbrauch bei Bauvorhaben und forderte eine Senkung der Ticketpreise für Busse und Bahnen.

Jürgen Koegel (AfD) betonte, der Mensch habe keinen wesentlichen Einfluss auf das Klima und eine andere Ideologie demontiere gerade die Schlüsselindustrie Automobilbau: "Wir wollen nicht, dass das Proletariat aufs Rad umsteigen muss." Dr. Michael Mühlschlegel (FDP) sieht in der steigenden Zahl auffälliger Jugendlicher eine Herausforderung für den Sozialetat und eine große gesellschaftspolitische Aufgabe. Der ÖPNV müsse attraktiver werden, forderte er. Klaus Ries-Müller (ÖDP) scheiterte mit dem Antrag auf eine Potenzialstudie für Wasserkraftwerke. Der Antrag auf einen 10.000-Euro-Kreiszuschuss für Repair-Cafés fand hingegen eine Mehrheit. Florian Vollert (Linke) scheiterte mit mehren Anträgen, unter anderem auf die Gründung einer Kreis-Baugenossenschaft und auf Einführung eines 365-Euro-Tickets für den HNV.

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