Simon Pflästerer - Einer, der sich seiner Wurzeln bewusst ist
Die RNZ traf OB-Kandidat Simon Pflästerer auf der Windeck zum Gespräch jenseits der Wahlkampf-Themen

Die Windeck ist ein Platz in Weinheim, der besonders mit dem Leben von Simon Pflästerer verbunden ist. Seit vielen Jahren betreibt seine Familie die Gastronomie der Burg. Foto: Dorn
Von Carsten Blaue
Weinheim. Simon Pflästerer hat die Windeck als Treffpunkt vorgeschlagen. Für ein Gespräch, in dem es mal nicht um Weinheims große Themen gehen soll, so wie sonst in diesem Wahlkampf. Es soll nur um den OB-Kandidaten selbst gehen. Um Privates quasi. Es hätten also auch seine eigenen vier Wände sein können. Oder das "Diebsloch" am Marktplatz. Aber es soll die Burg sein. Weil sie einer der Plätze sei, sagt Pflästerer, die besonders mit seinem Leben verbunden sind. Seit 22 Jahren ist sein Patenonkel Rolf der Pächter der Burg-Gastronomie. Und weil es an diesem Tag warm und sonnig ist, kann man draußen sitzen. Pflästerer hat den Tisch gedeckt. Es gibt Kaffee, Wasser sowie süße und herzhafte Teilchen. Für seine Verhältnisse ist Pflästerer wahrscheinlich leger gekleidet - blaues Polo-Hemd, rote Bermudas. Auch im Gespräch ist er locker und unverstellt. Es geht um Charakterliches und Berufliches, um Einstellungen, Neigungen und dann doch noch um das OB-Amt. Zuerst geht es aber um Pflästerers Hände. Genauer gesagt, um die Blutblasen an seinen Händen.
"Ich bin beim Alpenverein die Wand hoch. Ohne Handschuhe", stöhnt er. 25 der 60 Meter hat er geschafft: "Dabei habe ich sogar etwas Höhenangst. Außerdem hätte ich nicht gedacht, dass das so anstrengend ist." Aber was macht man nicht alles in diesen Wahlkampfwochen? "Jetzt tut’s eben etwas weh beim Händeschütteln", lächelt er. Und er schüttelt nicht wenige. Pflästerer ist viel unterwegs für sein Ziel, Oberbürgermeister zu werden. Heimatverbundenheit sei ein besonderer Impuls für seine Kandidatur gewesen: "Und ich will gestalten. Das kann ich als OB besser." In seinem Fall wäre das als privat ungebundener OB: "Ich bin glücklicher Single. Ich habe die ganze Kraft für das Amt". Dieses und der Wahlkampf wären eine Belastungsprobe für jede Beziehung, glaubt er.
Persönliche Belastungsproben gab es für Simon Pflästerer auch schon. Er spricht an, dass er im ersten Anlauf durch das erste juristische Staatsexamen gerauscht ist. Danach hatte er nur noch einen Versuch: "Das war der Tiefpunkt", wird er ernst: "Das Jahr nach der ersten Prüfung war hart. Das war eine harte Schule. Da habe ich Willensstärke gelernt. Und ich habe gelernt, mich durchzubeißen." Seit vergangenem Jahr ist er zugelassener Rechtsanwalt und arbeitet im Familienbetrieb. Ziel erreicht.
Jura wollte er immer machen nach dem Abi am Heisenberg-Gymnasium: "Ich wollte mir auch beweisen, dass ich das schaffe." Bei der Frage, warum er nicht das Metzger-Handwerk erlernen wollte, um in die familiären Fußstapfen zu treten, schaut er auf seine Hände: "Das sind keine Metzgerhände. Außerdem kann ich nicht kochen. Ich habe gar kein Talent dafür." Dem Genuss sei er aber keineswegs abgeneigt. Und dem kann man auch als Jurist frönen: "Ich dachte immer, Jura sei auch die beste Voraussetzung, um etwas in der Politik zu erreichen", sagt Pflästerer: "Aber das war ein Trugschluss." In der Politik müsse man nach oben buckeln und nach unten treten: "Und das liegt mir so gar nicht. Außerdem habe ich zu sehr meinen eigenen Kopf."
Auch interessant
So hat er zwar noch sein CDU-Parteibuch, weil er die Werte teilt, für die die Union steht. Vom Weinheimer Stadtverband hat er sich zwar schon vor Jahren losgesagt: "Im Kreisverband Rhein-Neckar bin ich aber noch Mitglied", betont der Stadtrat der Weinheimer Liste. Offenbar wird das Gen für die Kommunalpolitik bei den Pflästerers immer an den Ältesten vererbt. Seit vier Generationen sei das nun schon so, sagt Simon Pflästerer. Auch er war daheim der Älteste unter drei Brüdern. In seinen ersten drei Lebensjahren wohnte die Familie in der Lützelsachsener Wintergasse. In der Gabelsberger Straße im Müllheimer Tal verlebte er die längste Zeit seiner Jugend und Kindheit. Während des Studiums wohnte Simon Pflästerer in der Altstadt: "Das waren die schönsten Jahre. Und ich war immer überwacht von den Eltern und den Nachbarn", lacht er. Pflästerer will es nicht damit übertreiben, dass er als Ur-Weinheimer, der 1983 in der Zweiburgenstadt geboren wurde, in Weinheim antritt: "Aber man sollte sich seiner Wurzeln bewusst sein. Außerdem hat der Woinemer ja seine ganz eigene Art. Die zu verstehen, ist eine Herausforderung."
Und wie ist er, der Weinheimer? "Liebenswert-ruppig, kritisch, immer da, wenn es was zu meckern gibt. Und es dauert, bis man sich seinen Respekt erarbeitet hat", beschreibt er. Gilt das alles auch für ihn selbst? "Also, die zwischenmenschliche Ebene ist mir schon wichtig, aber ich will nicht dieser kumpelhafte Weinheimer sein." Er könne zuhören und sei nicht sonderlich nachtragend, sagt Pflästerer. Nach innen beschreibt er sich als sensibel: "Nach außen kann ich aber schon was ab." Und dann dieser Vorwurf, der ihn ständig begleitet: "Ich höre öfter, ich sei arrogant. Ich versuche, an diesem ersten Eindruck zu arbeiten. Denn wer mich ein zweites Mal trifft, der merkt, dass ich anders bin."
Das würden auch seine Freunde sicher unterschreiben. Sie zu treffen, sich an den Stammtisch zu setzen, fällt Pflästerer bei der Frage nach seinen Freizeitbeschäftigungen ein. Hobbys hat er nicht wirklich. Schon weil er den Begriff nicht mag: "Da steckt immer Struktur, Anspruch und Regelmäßigkeit drin. Und da lasse ich mich einfach nicht so gerne binden." Trotzdem war er zehn Jahre lang Feuerwehrmann. Und heute ist das Schwimmen im Sommer etwas, das bei ihm zumindest in Richtung Hobby geht. Als OB dürfte aber sowieso wenig Zeit bleiben für anderes: "Ein Jahr habe ich die Kandidatur abgewogen. Bin ich fachlich dazu in der Lage? Sind meine Ideen realisierbar? Will ich immer verfügbar sein? Auch an Sonn- und Feiertagen?". Fragen, die Pflästerer mit Vertrauten erörtert hat. Bis im September die Entscheidung fiel. Und vielleicht wird sein Blick von der Windeck hinab auf seine Heimatstadt ab 13. August ja ein anderer sein.



