Jetzt regieren die "Hexen"
Die Karnevalisten stürmten zum Auftakt der Kampagne das Rathaus. Ihre Reime nahmen Mitfahrbänke und Zebrastreifen aufs Korn.

Von Agnieszka Dorn
Nußloch. Bei den derzeitigen Themen, die Nußloch bewegen – allen voran die Debatte um die eventuelle Ansiedlung eines Supermarkts im Norden der Gemeinde – schien es Bürgermeister Joachim Förster gar nicht so unrecht zu sein, den Rathausschlüssel herauszurücken. Zumindest rein symbolisch, versteht sich: "Auch dieses Jahr ihr liewe Leit, kummt ihr genau zur rischtische Zeit. Es isch nämlich wieder ganz schee was los im Ort, do willsch dann schon als schnell bissl fort", sagte Förster beim Rathaussturm am gestrigen Freitag.
Pünktlich um 11.11 Uhr stürmten mit lautem "Narri Narro"-Geschrei und begleitet vom Lärm ihrer Ratschen die "Hexe vum Grobrunn" das Rathaus. Der symbolische Rathausschlüssel wechselte den Besitzer, im Gegenzug bekam Rathauschef Förster einen alemannischen Narrenhäs, also ein Narrenkostüm. Das zog er sich sogleich an.
"Es ist endlich soweit und die fünfte Jahreszeit beginnt", freute sich Zunftmeister Thorsten Menrath von den "Hexe vum Grobrunn". Etliche Schaulustige waren zum Rathaus gekommen, darunter Mitglieder des Karneval Club Nußloch, die "Giggelsburg Waiwa" und die Nußlocher "Gajemänndl". Außerdem war aus Sandhausen die Narrenclique da, die nachmittags die Fastnacht in die Straßen der Hopfengemeinde brachte.
Rathauschef Joachim Förster bekam indes von den Hexen einiges zu hören: "In Nußloch gibt’s seit diesem Joahr sogenannte Mitfahrbänke. Uns Hexe sträube sich die Hoar, wenn man nur dro denke", rief Madeleine Dörfer von der Rathaustreppe. "Schun im Kinnagarde wärscht belehrt: Oizustaije in fremde Autos isch fakehrt! Selbst die Polizei kummt in die Schul um zu sache: Trampe is ned cool". Einen Verbesserungsvorschlag hatten die Hexen aber auch: Man könne ja einen neunsitzigen Dorfbus organisieren, "wo tüschdige Rentner könnte stündlich rumrangieren".
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Zur Sprache kam auch der neu errichtete Zebrastreifen bei der katholischen Kirche. "On de katholisch Kärch dut sich en neije Zebrastreifen befinne". Der Grund: "Damit die Leit de Weg widda in d’ Kärsch finne". Allerdings gibt es bislang den aus der Bevölkerung gewünschten Zebrastreifen am Lindenplatz nicht. "Do mäst a ona no und zwar fix!", ging die Forderung an Rathauschef Förster und den Gemeinderat raus. Einen Blick warfen die Hexen außerdem auf das Sterben der kleinen Geschäfte und die generelle Überlegung, Bargeld abzuschaffen. Wie sollen Vereine dann noch ihre Feste feiern beziehungsweise abkassieren? "Jogi rick de Schlissl raus, fa disch is jetzt bis Aschermittwoch aus die Maus!", schlossen die Hexen ihre Rede.
Das ließ sich Förster nicht zweimal sagen und rückte den überdimensionalen Schlüssel überaus schnell heraus. Mitunter der Grund dafür: "Es geht vor allem um den Standort Nord und die Schäflin, die scheinbar nur noch grase an diesem Ort", meinte Förster mit einem Seufzer. Einen Seitenhieb gab es mit einem Augenzwinkern auf die Nachbargemeinde Sandhausen und Bürgermeister Hakan Günes. "Von Fasching hewwe sie do drunne noch nie was rischdisch kehrt, do isch bloß die Kerwe und die is a nix wert", konterte Förster die Bemerkung Günes’, dass die Sandhäuser Kerwe schöner als die Nußlocher sei. Der Rathaussturm klang bei Sekt und heißen Würstchen aus.