Verkehrsdefizit kann nicht durch Technik gelöst werden
Signalanlagen-Ingenieur Gerald Teufel im Interview - Knotenpunkt B3/Breitgasse weiter massiv überlastet

Die neue Ampelschaltung in Großsachsen. Archivfoto: Dorn
Hirschberg/Heidelberg. (ans) Wenn’s mal wieder länger dauert - dann ist man wohl in Großsachsen unterwegs, witzelt so mancher. Viele Hirschberger sind immer noch unzufrieden mit der neuen Ampelschaltung in Großsachsen, die seit April den Verkehrsfluss verbessern soll. Das mit Gutachten und Analyse beauftragte Ingenieurbüro Habermehl und Follmann präsentierte in der jüngsten Gemeinderatssitzung allerdings ein positives Ergebnis.
"Wir können nun etwa fünf Prozent mehr Verkehr abwickeln", zog Hofmann ein Fazit. Die RNZ hat nun noch mal beim Rhein-Neckar-Kreis nachgehakt, der für die Ampelschaltung zuständig ist und mit Signalanlagen-Ingenieur Gerald Teufel gesprochen. Und der findet deutliche Worte.

Nach wie vor sind viele Hirschberger nicht glücklich mit der Ampelschaltung in Großsachsen. Verstehen Sie das?
Das ist verständlich und nachvollziehbar, da die Verkehrsdefizite insbesondere im nachmittäglichen Berufsverkehr immer noch vorhanden sind. Das umgesetzte signaltechnische Konzept ist umfangreich und besteht aus vielen Einzelmaßnahmen. Trotzdem - und dies wurde bereits in der vorhergehenden Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 2016 deutlich angesprochen - können allein mit signaltechnischen Maßnahmen die Verkehrsdefizite in der Ortsdurchfahrt Großsachen nicht gelöst, sondern nur gemindert werden. Wenn auch weniger und nicht mehr so häufig, so bedeutet dies weiterhin Stau und Wartezeiten in Großsachsen.
In der Tat staut sich der Verkehr zu den Stoßzeiten häufig immer noch so in der Ortsdurchfahrt, dass man auf dem Autobahnzubringer zwei Rotphasen abwarten muss, bis man überhaupt auf die B3 kommt. Woran liegt das?
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Unter den gegebenen verkehrlichen Rahmenbedingungen, das heißt der sehr hohen Verkehrsbelastungen auf der B3 und der Breitgasse, der gemeinsamen Nutzung von Bahn und Kfz auf einem Fahrstreifen und der fehlenden Linksabbiegespur in der nördlichen Zufahrt der B3 am Knotenpunkt Breitgasse, kann keine ausreichende Verkehrsqualität zu allen Tageszeiten sichergestellt werden. Der Knotenpunkt B3/Breitgasse ist auch weiterhin massiv überlastet. In Kombination mit den vorrangigen Bahnfahrten ergibt sich am Nachmittag ein Rückstau, der bis auf die Landesstraße reicht.
Hintergrund
"Erstens: Eine Sonderschaltung für die Bahn zur Konfliktminderung Bahn und Kfz. Dabei wird der Zwischenraum der B 3 zwischen Hohensachsener Straße und Breitgasse erst geräumt, bevor die Bahn aus der Haltestelle Großsachsen einfährt. Das ist ein ganz wichtiger Punkt für die
"Erstens: Eine Sonderschaltung für die Bahn zur Konfliktminderung Bahn und Kfz. Dabei wird der Zwischenraum der B 3 zwischen Hohensachsener Straße und Breitgasse erst geräumt, bevor die Bahn aus der Haltestelle Großsachsen einfährt. Das ist ein ganz wichtiger Punkt für die Verkehrssicherheit. Zweitens: eine Nachbeeinflussung nach Bahneingriff. Dabei erhalten nach einer Bahnfahrt zuerst die Fußgänger und die Nebenrichtungen (zum Beispiel Breitgasse) ihre Freigabe. Die deutlich zu hohen Wartezeiten von teilweise mehreren Minuten gibt es damit kaum noch. Drittens: eine geänderte Verkehrsführung und Phaseneinteilung am Knotenpunkt Breitgasse zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit."
Auch Fußgänger haben sich bei der RNZ beklagt, dass sie nun viel länger brauchen. Zum Beispiel wenn sie nun erst die B3 und dann die Breitgasse überqueren müssen. Ist bei der Neuschaltung Auto- vor Fußgängerverkehr priorisiert worden?
Eine moderne Planungversucht natürlich alle Belange zu berücksichtigen, was auch immer mit Kompromissen verbunden ist. Grundsätzlich wurde die Ampelschaltung so geändert, dass für Fußgänger, die die B3 queren möchten, spürbar geringere Wartezeiten entstehen, insbesondere am Knotenpunkt Breitgasse. Eine Übereckquerung der B3 und anschließend der Breitgasse wurde im Rahmen der Verkehrsuntersuchung erhoben und analysiert. Hier gibt es keinen großen Bedarf.
Apropos Fußgänger: Ursprünglich war vorgesehen, dass die Fußgängerampeln im Riedweg und in der Breitgasse zumindest teilweise Grün haben, während die Autos von der B3 abbiegen. Das ist aber offenbar nur im Riedweg so. Hat es hier eine Änderung gegeben und wenn ja, warum?
Es hat keine Änderung am Konzept gegeben. Das 2016 abgestimmte und oben beschriebene Konzept wurde exakt so umgesetzt. Die Freigabe der Querung Breitgasse erfolgt nur nach Anforderung am Taster. Da hier nicht so viele Fußgänger laufen, erfolgt auch nicht in jedem Umlauf eine Freigabe.
Zuletzt war seitens des Rhein-Neckar-Kreises angekündigt worden, dass es noch Feinjustierungen gibt. Was ist in den letzten Monaten passiert?
Es gab zwei Feinjustierungen, also Anpassungen von Grünzeiten oder Änderungen an den Staueingriffen. Die letzte Anpassung ist am 20. April umgesetzt worden. Seitdem läuft die Steuerung unverändert.
Am kommenden Dienstag wird der Gemeinderat über eine Bebauungsplanänderung entscheiden, nach der dann unter anderem ein Therapiezentrum und ein Drogeriemarkt gebaut werden und der Edeka-Markt im Sterzwinkel seine Verkaufsfläche vergrößern könnte. Wie ist Ihre Einschätzung: Verkraftet Großsachsen noch mehr Verkehr?
Die zu erwartenden Neuverkehre sind in Relation zum vorhandenen Verkehr gering. Von daher dürften die geplanten Ansiedlungen an der Gesamtbewertung der verkehrlichen Situation in Großsachsen kaum etwas ändern.



