Neckargemünd

Wie die Bettensteuer das Loch im Haushalt stopfen soll

Als einzige Kommune der Region verlangt Neckargemünd von Touristen künftig einen Euro pro Übernachtung.

28.10.2021 UPDATE: 29.10.2021 06:00 Uhr 1 Minute, 51 Sekunden
Zwei betroffene Betriebe: der Campingplatz unter der Friedensbrücke und das „Art Hotel“ in der Altstadt. Fotos: Frenzel/Alex

Neckargemünd. (cm) Um 23.06 Uhr war die Verwirrung zunächst groß. Von den 25 anwesenden Stadträten stimmten lediglich 13 ab – sieben mit Ja, sechs mit Nein. Kurios: Der Rest enthielt sich. Somit war – zum Staunen einzelner Stadträte – die Einführung einer Bettensteuer zum 1. Januar 2022 beschlossen. Damit ist Neckargemünd die einzige Kommune der Region, die eine solche Steuer erhebt. Entsprechende Pläne waren in Heidelberg abgewendet und in Mannheim nie umgesetzt worden.

Auch dort hatte es – so wie nun in Neckargemünd – viel Krach gegeben. Im Vorfeld waren der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) sowie die Industrie- und Handelskammer (IHK) wegen des hohen Aufwandes für die Betriebe und negativen Auswirkungen auf den Standort Sturm gelaufen. Noch in der Sitzung versuchten Ex-Stadtrat Lothar Eisenhauer als Vermieter einer Ferienwohnung und Brigitte Stalinger als Inhaberin des "Art Hotels" und der "Dependance" Überzeugungsarbeit zu leisten. "Unsere Gäste schauen auf jeden Cent", betonte Eisenhauer und Stalinger gab zu bedenken, dass es nur noch wenige betroffene Betriebe gebe – darunter Campingplätze. "Die Gäste werden abwandern", prognostizierte sie.

Zwei betroffene Betriebe: der Campingplatz unter der Friedensbrücke und das „Art Hotel“ in der Altstadt. Fotos: Frenzel/Alex

Bürgermeister Frank Volk erklärte, dass sich eine Haushaltsstrukturkommission mit den Möglichkeiten zur Verbesserung der städtischen Einnahmen befasst habe. Neben einer Erhöhung von Grund-, Gewerbe- und Hundesteuer sei eine Bettensteuer als neue Abgabe herausgekommen. "Es war klar, dass das für Aufruhr sorgt", meinte er. "Ich hätte mir aber vom Dehoga gewünscht, dass er bei der Weiterführung des Hotels Kredell genauso viel Engagement gezeigt hätte." Volk glaubte nicht an negative Auswirkungen: "Entweder es gefällt Gästen hier oder nicht." Er beteuerte: Die Einnahmen sollen in den Tourismus fließen.

Kämmerer Daniel Möhrle erklärte, dass sich die Stadt an der Bettensteuer-Satzung aus Freiburg orientiert habe. "Der Verwaltungsgerichtshof hat diese nicht beanstandet", erklärte er. Und auch der Bundesfinanzhof habe eine Bettensteuer grundsätzlich für zulässig erachtet. Ausgenommen seien Minderjährige und Geschäftsreisende. Touristen sollen künftig einen Euro pro Übernachtung zahlen. Die Stadt rechnet mit Einnahmen von 65.000 Euro.

Hermino Katzenstein (Grüne) schlug vor, die Steuer erst ab 2023 einzuführen. "Die Betriebe haben gelitten und leiden immer noch", begründete er. Es gebe immer Gründe, nicht an der Steuerschraube zu drehen, entgegnete Jürgen Rehberger (Freie Wähler), der die Bettensteuer angeregt hatte. "Mich halten auch 1,50 bis zwei Euro pro Übernachtung von keinem Urlaubsort ab", meinte er. "Wir sind immer noch günstiger als Heidelberg." Auch Maximilian Bernauer (CDU) sah für die Betriebe "keinen wirtschaftlichen Nachteil": "Wer nach Neckargemünd kommt, der kommt wegen der Lage und weil es bei uns schön ist." Er fürchtete eher den Aufwand für die Stadt. Sarah Striegel (SPD) meinte, dass 14 Euro mehr pro Woche für eine junge Familie viel Geld seien. Neckargemünd sei zudem keine touristische Hochburg. Und Marco La Licata (Linke) fand die Argumente von Dehoga und IHK "schlecht und völlig haltlos". Aus seiner Erfahrung als Nachtportier wisse er, dass kein großer Aufwand entstehe. Die Bettensteuer sei ein "verhältnismäßig kleiner Eingriff mit großer Wirkung".

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