Bettensteuer sorgt für Aufregung
Es gibt massive Kritik an den Plänen für die neue Abgabe.

Das Rathaus in Neckargemünd. Archiv-Foto: Reinhard Lask
Neckargemünd. (cm) Wenn der Gemeinderat am heutigen Dienstag ab 19 Uhr in der Aula des Schulzentrums tagt, wird es auch um Steuererhöhungen gehen. Die Stadt könnte an den Schrauben für Grund-, Gewerbe- und Hundesteuer drehen – und eine neue Steuer einführen: eine Bettensteuer, wie sie auch Heidelberg einmal geplant hat. Und gegen diese regt sich schon im Vorfeld Widerspruch. Pro touristische Übernachtung sollen Betriebe einen bis 1,50 Euro an die Stadt abführen. Bei angenommenen 65.000 Übernachtungen pro Jahr sollen somit 65.000 bis 97.500 Euro in die Stadtkasse gespült werden.
Brigitte Stalinger spricht von einer "Horrornachricht" und "Schwachsinn". Die Inhaberin des "Art Hotels" und der "Dependance" in der Hauptstraße war davon ausgegangen, dass den Betrieben das "Bürokratiemonster Bettensteuer nicht aufgehalst wird". Im Frühjahr hatten die Freien Wähler eine solche Steuer erstmals ins Spiel gebracht. Stalinger fürchtet einen "unglaublichen Aufwand". Die durch Corona-Nachweispflichten schon stark geforderten Betriebe würden nun noch mehr belastet. Zudem sei die Zahl der Übernachtungen um 60 Prozent eingebrochen.
Stalinger würde eher eine Kurtaxe befürworten, wenn Touristen auch eine Gegenleistung wie Vergünstigungen bei Eintritten erhalten würden. So aber müsse die Stadt das Geld nicht für Tourismus verwenden. "Wir werden außerdem schlechter gestellt als andere Gewerbetreibende", so Stalinger. Zudem bezweifelt sie, dass jeder Betreiber einer Ferienwohnung seine Übernachtungen an die Stadt melden wird.
Auch Jan van der Velden sieht ein "völlig falsches Signal". "Wir sind schon gebeutelt und jetzt kommt der nächste Hammer", sagt der Betreiber des Campingplatzes unter der Friedensbrücke, der für die meisten Übernachtungen in der Stadt sorgt. "Wir müssen etwas dafür tun, um attraktiver zu werden." So aber werde Neckargemünd unattraktiver. "Unsere Gäste kommen nicht wegen Neckargemünd, sondern wegen Heidelberg", meint er. "Wir müssen froh über jeden Einzelnen sein." Die Konkurrenz mit Neckarsteinach, Hirschhorn sowie Eberbach sei groß, die Besucher sehr preissensibel. "Die Gäste müssen das Gefühl haben, dass sie willkommen sind – nicht, dass sie gemolken werden", sagt er.
Auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) läuft Sturm. "Wir finden es unglaublich, dass der am meisten gebeutelte Gewerbezweig noch weiter geschröpft werden soll", kritisiert die Heidelberger Dehoga-Chefin Melanie von Görtz und gibt zu bedenken: "Das Gastgewerbe macht weiter massiv Verluste und erhält teilweise noch staatliche Hilfe." Die Pläne der Stadt seien eine "absolute Unverschämtheit". Nun sei einfach nicht der Zeitpunkt für eine Bettensteuer. Diese würde für einen "negativen Marketingeffekt" sorgen, da es im ganzen Umland keine solche Steuer gebe, so von Görtz. Es gebe zudem Zweifel, ob die Steuer rechtlich zulässig ist.
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Auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) appelliert in einem Schreiben an Bürgermeister Frank Volk und die Stadträte, die Pläne fallen zu lassen. Die Geschäftsführer der IHK Rhein-Neckar, Axel Nitschke und Andreas Kempff, sehen die "Gefahr, dass Privatreisende zukünftig nicht mehr in Neckargemünd absteigen, sondern in den umliegenden Gemeinden oder in Heidelberg". Durch Überkapazitäten auf dem Hotelmarkt würden die Übernachtungspreise in Heidelberg mittelfristig sinken. Eine "Sondersteuer" für acht gewerbliche Beherbergungsbetriebe bei über 1300 Unternehmen und Gewerbetreibenden in Neckargemünd halte man für "nicht verhältnismäßig".



