"Grüner" Aldi-Neubau darf kommen
Der Bebauungsplan wurde nach mehreren Nachbesserungen genehmigt. Das Gebäude braucht keine Heizung, doch die Grünen sind nach wie vor unzufrieden.

Von Christoph Moll
Neckargemünd. Nachdem der Klimaschutz bei den Neubauten des Rewe- und des Edeka-Marktes nicht die Hauptrolle gespielt hat, soll nach viel Kritik beim neuen Aldi-Markt in Kleingemünd alles anders werden. Der Gemeinderat hat das Verfahren für den Neubau deshalb im Frühjahr ausgebremst und auch auf Drängen des Klimaschutzbeirats gefordert, dass Aldi mehr fürs Klima tun solle. Nun gab es vom Gemeinderat bei zwei Gegenstimmen und fünf Enthaltungen grünes Licht für den geänderten vorhabenbezogenen Bebauungsplan.
Bekanntlich möchte Aldi seinen bestehenden und rund 900 Quadratmeter großen Markt an der Neckarsteinacher Straße – das ist die Bundesstraße B 37/45 – abreißen. An gleicher Stelle soll ein Neubau mit 1200 Quadratmetern Verkaufsfläche entstehen.
Im Nachgang zur Sitzung im Frühjahr habe es bei Aldi "intensive Überlegungen" gegeben, wie das Gebäude energetisch optimiert werden könne. Das berichtete Ulrich Villinger vom beauftragten Planungsbüro Piske. Auch ein Fachbüro für Energieberatung sei eingeschaltet worden. "Aldi hat von Beginn an die Bereitschaft gezeigt, sich mit den aufgeworfenen Fragen zu beschäftigen", so Villinger. Es sei aber eine Bereitschaft gewesen, die es ohne die Forderungen nicht gegeben hätte.
Die Planungen seien an mehreren Punkten intensiv überarbeitet worden. So sei nun eine Fotovoltaikanlage mit einer Spitzenleistung von 130 statt 49 Kilowatt vorgesehen. "Das Dach ist komplett mit Fotovoltaikmodulen belegt", verdeutlichte Villinger. Bereits nach sechs Jahren seien die durch Abriss und Neubau entstandenen CO2-Emissionen dank des energiesparenden Marktes wieder ausgeglichen. Das neue Gebäude erfülle den KFW-55-Standard und werde zum Beispiel dank der Abwärme der Kühlgeräte ohne Heizung auskommen. Deshalb sei auch ein vom Klimaschutzbeirat noch besserer Energiestandard nicht sinnvoll. "Es wird quasi ein Passivhaus", so Villinger. Der Strombedarf, der nicht vom Dach gedeckt werden könne, solle durch "grünen Strom" aus dem Netz bezogen werden. Auch eine Zisterne mit acht Kubikmeter Speicherkapazität sei vorgesehen. Das Wasser soll für die Toilettenspülung und die Beregnung von Pflanzen ausreichen. Voraussetzungen für eine Ladestation für E-Bikes sollen zudem geschaffen werden soll. Noch gebe es hierfür aber keinen Bedarf.
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"Der Markt stellt sich komplett anders dar als die jüngsten zwei Märkte, die in Neckargemünd gebaut wurden", betonte Villinger. Auch für Aldi sei die neue Planung ein Stück weit Neuland. Obwohl Betriebsabläufe erschwert werden, gebe es künftig zum Beispiel Kühlregale mit Türen, um Energie zu sparen.
Nicht umgesetzt werde laut Villinger eine Wohnbebauung über dem Markt oder über Stellplätzen. Eine solche lehne die Nachbarschaft kategorisch ab. Bisher würden die Parkplätze gerade so für den Markt ausreichen und der Bau einer Tiefgarage sei klimaneutral nicht möglich. Auch wegen des Lärms von der nahen Bundesstraße sei eine Wohnbebauung nicht sinnvoll.
Felix Konrad (Grüne) meinte, dass die Gespräche mit dem städtischen Klimaschutzbeirat einen "Nutzen für beide Seiten" gebracht hätten. "Das hätten wir auch bei den anderen Supermärkten machen müssen, aber da waren wir nicht sensibel genug", gestand er. Angesichts von immer neuen Klima-Hiobsbotschaften habe man mit der neuen Planung aber immer noch Schwierigkeiten. Es werde wieder nur für 20 bis 25 Jahre und nicht langlebig gebaut. Aldi solle sich schon jetzt über einen Rückbau Gedanken machen, denn dann werde es keine Deponien mehr geben, in denen Baustoffe wie heute entsorgt werden könnten. Bei den vorgesehenen Stahlbetonfertigteilen in Kombination mit Wärmeverbundteilen sei ein Rückbau nicht möglich. "Aber wir sehen ein Entgegenkommen", so Konrad. "Wir hätten uns aber zudem Wohnungen gewünscht."
Auch Jürgen Rehberger (Freie Wähler) meinte, dass die Zusammenarbeit mit dem Klimaschutzmanager Früchte getragen habe. Einen höheren Energiestandard hielt er für nicht notwendig, da es sich nicht um ein Wohnhaus handele. Das Verkaufsgebäude brauche keine Heizung. Und Anne von Reumont (CDU) bedauerte, dass es keine Wohnungen über dem Markt geben wird.
"Wir sind nicht unfehlbar, sondern können dazulernen", meinte ein Vertreter von Aldi. "Wir sind den Wünschen gerne nachgekommen, aber nicht alles macht Sinn und geht auch." Auch mit Blick auf die Nachbarn sei nicht alles möglich. "Wir wollen einen modernen und zeitgerechten Markt", so der Aldi-Vertreter. "Es wird einer der grünsten in Neckargemünd." Bürgermeister Frank Volk lobte den "hervorragenden Einsatz des Klimaschutzbeirates" und Aldi für die Bereitschaft zu dem "Vorzeigeprojekt".



