Neubau gestoppt - Aldi soll mehr fürs Klima tun
Der Gemeinderat bremst das Verfahren für den geplanten Neubau des Discounters in Kleingemünd. Es wird ein zweites Geschoss für Wohnraum gefordert.

Von Christoph Moll
Neckargemünd. So schnell wird in Kleingemünd kein neuer Aldi-Markt gebaut. Eigentlich sollte der Gemeinderat in öffentlicher Sitzung den vorhabenbezogenen Bebauungsplan für das Projekt beschließen, doch am Ende bremste das Gremium den Discounter aus. Der Grund: Aldi soll mehr fürs Klima tun.
Zunächst hatte Planer Ulrich Villinger die Planung vorgestellt: Der bestehende und rund 900 Quadratmeter große Aldi-Markt in der Neckarsteinacher Straße soll abgerissen und mit einer Fläche von 1200 Quadratmetern neu errichtet werden. Hierzu seien während der Offenlage der Pläne etliche Stellungnahmen von Behörden und Bürgern eingegangen. Interessant sei, dass die Vergrößerung der Verkaufsfläche keine Rolle gespielt habe. So sei aber angeregt worden, das Grundstück baulich besser auszunutzen – zum Beispiel mit einem zweiten Geschoss für Wohnbebauung. Aldi stehe dem positiv gegenüber, so Villinger. Es seien aber nicht genug Stellplätze vorhanden, und eine Tiefgarage sei wegen der Grundstücksform nicht möglich.
Kritisiert worden sei auch der CO2-Verbrauch durch Abriss und Neubau des Gebäudes. Eine Prüfung habe gezeigt, dass die Optimierung eines über 20 Jahre alten Gebäudes im Bestand nicht sinnvoll sei, so Villinger: "Es ist wesentlich sinnvoller, ein Gebäude mit energetischer Optimierung neu zu errichten." Aldi sei bereit, beim Neubau den KFW-Standard 55 einzuhalten. Auf dem Dach sei zudem eine Photovoltaikanlage vorgesehen, die 80 Prozent des Strombedarfs decken könnte. Ebenfalls angeregte Ladesäulen für Autos seien vorgesehen.
Zum Vorschlag, nicht nur Stellplätze, sondern auch die Fahrbahn wasserdurchlässig zu gestalten, gab Villinger die höhere Lärmbelastung durch Einkaufswagen auf dem rauen Belag zu bedenken. Ob ein Anschluss an das Kleingemünder Nahwärmenetz sinnvoll sei, müsse untersucht werden. Planer Villinger sah durch den größeren Markt keine Gefahr für Geschäfte in der Innenstadt und auch die Kaufkraftabflüsse aus umliegenden Gemeinden seien gering. Der Fachmann schlug vor, dass die Verpflichtung zum Erstellen einer Energiebilanz getroffen wird und eine Abstimmung mit dem Klimaschutzbeirat erfolgt.
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Walter Gilbert vom Klimaschutzbeirat war dies nicht genug: "Wir sehen keinen großen Wurf, sondern nur einen kleinen Würfel", meinte er. "Es gibt keinerlei Klimaschutzaktivitäten, die über gesetzliche Anforderungen hinausgehen." Nur das Erstellen einer Energiebilanz ändere nichts. Regenwasser zum Beispiel werde nur abgeleitet statt genutzt. Gilbert regte an, über Parkplätzen statt über dem Markt Wohnraum zu schaffen. "Unsere Anmerkungen dürfen nicht unter den Teppich gekehrt werden – das ist ein absolutes No-Go", so Gilbert. Er war für eine Diskussion über das Thema. "Klimaschutz muss nicht einfach gemacht werden, sondern auch sinnvoll sein", so der Fachmann.
"Es gibt Punkte, über die wir sprechen wollen und auch können", sagte ein Vertreter von Aldi in der Sitzung. "Es muss aber auch passen." So müsse man das Grundstück individuell betrachten. "Wir müssen uns gemeinsam an einen Tisch setzen", sagte er. Bürgermeister Frank Volk hielt dies für das richtige Vorgehen. Planer Villinger meinte, dass die Forderungen des Klimaschutzbeirates nachvollziehbar seien, aber Einschnitte in den Planungen bedeuten würden.
"Wir sollten nicht gegeneinander, sondern miteinander diskutieren", betonte Felix Konrad (Grüne). Themen wie Aufstockung und Anschluss an das Nahwärmenetz seien bisher "lapidar wegdiskutiert" worden. Der Aldi-Markt befinde sich nicht mehr in der Randbebauung wie vor 20 Jahren, sondern durch Erweiterungen inzwischen im Ortskern von Kleingemünd. Es brauche Perspektiven für das Quartier. Dass Aldi nur für 20 Jahre baue, ergebe keinen Sinn, so Konrad: "Das kann nicht das Ziel sein." Manfred Rothe (Freie Wähler) kritisierte, dass Argumente des Klimaschutzbeirates "einfach abgebügelt" worden seien. Deshalb werde man nicht zustimmen.
"Eine Aufstockung ist für uns weiter einer der wichtigsten Punkte", meinte Anne von Reumont (CDU). "Es geht um Wohnraum zu annehmbaren Preisen nicht irgendwo abseits, sondern integriert im Stadtteil." Jens Hertel (SPD) sah es ähnlich: "Wir würden begrüßen, wenn mehr passiert", meinte er. "Aldi darf ruhig kreativ sein und ausprobieren." Wichtig sei aber, dass der Markt dort bleibe. Dieser sei ein "sozial nicht unwichtiger Faktor". "Denn bei Rewe sieht man an den Verpackungen an der Kasse, was jemand verdient", erklärte Hertel. Giuseppe Fritsch (fraktionslos) meinte, dass der Markt stark frequentiert sei. Es müsse eine Lösung gefunden werden.
"Es wird einen Kompromiss geben"
Bürgermeister Volk sagte, dass er einen Arbeitskreis mit Vertretern aller Fraktionen vermeiden wolle. Es solle eine Diskussion zwischen Klimaschutzbeirat, Aldi und der Verwaltung geben, deren Ergebnisse dann dem Gemeinderat vorgelegt werden. "Es wird einen Kompromiss geben", zeigte er sich sicher und sagte in Richtung des Aldi-Vertreters: "Schön, wenn es nicht als Querschießen, sondern als konstruktiver Dialog gesehen wird." Der Gemeinderat könne sich eine Erweiterung vorstellen und habe dies auch beschlossen: "Wir stehen zu Aldi in Neckargemünd."



