Nach Halloween-Randalen

Walldorfer Bürger sind in Sorge

Informationsabend zu "Jugendlicher Vandalismus" - Gewaltausbruch nur ein Teil des Problems

12.12.2017 UPDATE: 13.12.2017 06:00 Uhr 3 Minuten, 18 Sekunden

Auf der Informationsveranstaltung zum Thema "Jugendlicher Vandalismus in Walldorf" war der Ratssaal voll besetzt. Foto: Pfeifer

Walldorf. (rö) Die Krawalle in der Halloween-Nacht in Walldorf wirken nach: Auch wenn inzwischen gegen neun der Täter im Alter zwischen 16 und 19 Jahren, die Molotowcocktails gegen den Polizeiposten und die Sporthalle in der "Sozialen Mitte" geworfen hatten, Haftbefehle erlassen wurden, ist die Verunsicherung in der Bevölkerung nach wie vor groß. Das wurde am Montagabend auf einem Informationsabend zum Thema "Jugendlicher Vandalismus" deutlich, zu dem die Stadt in den Ratssaal eingeladen hatte. Der war nicht nur voll besetzt, es meldeten sich auch zahlreiche Bürger quer durch alle Altersschichten zu Wort. Klar wurde: Eine Patentlösung gibt es nicht. Bürgermeisterin Christiane Staab erklärte nach gut zwei Stunden: "Wir können nur alle zusammen probieren, dass es besser wird."

Während Stadtverwaltung und Vertreter der Polizei mögliche Maßnahmen aufzeigten, um die Situation in den Griff zu bekommen, machten die zahlreichen Wortmeldungen von Bürgern deutlich, dass der Gewaltausbruch an Halloween nur ein Teil des Problems ist. So wurde von Jugendlichen berichtet, die mit der Shisha-Pfeife vor dem evangelischen Kindergarten in der "Sozialen Mitte" sitzen.

Drogenhandel und -konsum sowie Sachbeschädigungen habe es im Astorpark gut 30 Jahre lang gegeben, sagte eine Anwohnerin, erst mit der Neugestaltung der Drehscheibe hätten sich die Probleme dorthin verlagert. Neben Drogen wurde Alkohol als Auslöser für Gewalt angesprochen, es gab den Vorschlag, die Eltern stärker in die Pflicht zu nehmen, eine zu geringe Präsenz der Polizei wurde bemängelt. Nachdem an Halloween ein Mann verletzt worden war, der die Jugendlichen auf ihr Fehlverhalten hingewiesen hatte, gibt es zudem eine große Unsicherheit, ob man sich in einem solchen Fall wirklich einmischen soll.

Deutlich wurde jedoch auch, dass nicht pauschal "die Jugendlichen" das Problem sind, sondern es sich um eine Gruppe von 30, maximal 40 Personen handelt, die negativ auffällt, darunter auch Jugendliche aus Nachbargemeinden. Auch jüngere Walldorfer meldeten sich zu Wort: "Wir bräuchten für uns einen Platz, an dem wir ungestört sind", hieß es. Und das Verhalten der Polizei gegenüber Jugendlichen bei den inzwischen öfter stattfindenden Kontrollen wurde kritisiert: "Man wird beleidigt und bedroht, da verstehe ich, dass sich Jugendliche provoziert fühlen."

Zu Beginn der Veranstaltung hatte Bürgermeisterin Staab auf Maßnahmen hingewiesen, die man bereits getroffen hat, als die Störungen auf der Drehscheibe - Vermüllung, aber auch Alkohol- und Drogenkonsum sowie Sachbeschädigungen - immer größer wurden. Dazu gehören der Ausbau der mobilen Jugendarbeit und die Beauftragung eines Security-Diensts, schließlich wurde die Videoüberwachung beschlossen, wodurch sich die Probleme in die "Soziale Mitte" verlagerten. Der Treffpunkt für Jugendliche am alten Wasserwerk "wurde nicht so angenommen wie erhofft", vermutlich, weil er nicht zentral liegt. Schlimmer noch, kam es auch hier zu Zerstörungen: "Er ist angezündet, verwüstet, verschmutzt worden."

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Mit Blick auf die Halloween-Nacht sprach Polizeidirektor Bernd Bühler von einer "Gewalteskalation sondergleichen". Dass es inzwischen Festnahmen und Haftbefehle gegeben habe, sei "ein wichtiges Zeichen an die, die dafür verantwortlich sind", aber auch an alle, die sich in ihrem Dunstkreis aufhielten und die Vorfälle bagatellisierten. An Silvester, wenn mancher ähnliche Vorkommnisse befürchtet, werde man in diesem Jahr "ein besonderes Konzept fahren", so Bühler.

"Wir sind zuversichtlich, dass wir das gut über die Bühne bringen", ergänzte Klaus Österreicher, der Leiter des Walldorfer Polizeipostens. Dass dem Posten mehr Personal zur Verfügung gestellt wird, hielt Bühler dagegen für unwahrscheinlich, stehe die Polizei doch vor "unglaublichen Herausforderungen in der Fläche". Walldorf sei mit sieben Personen "gut aufgestellt".

Klaus Brecht, Leiter des Fachbereichs Ordnung und Umwelt, ging auf Maßnahmen ein, die von der Verwaltung geplant sind oder geprüft werden, aber noch vom Gemeinderat beschlossen werden müssen. Bewährt habe sich die Ausschilderung der Benutzungsordnung für den Schulhof der Schillerschule - damit habe man eine Handhabe gegen Fehlverhalten. Eine Rechtsgrundlage für ein generelles Aufenthaltsverbot gebe es nicht, so Brecht, lediglich für ein individuelles Aufenthaltsverbot, durch einen sogenannten Platzverweis. "Wenn jemand mehrfach aufgefallen ist, kann man diesen für bis zu drei Monate aussprechen." Das sei in einigen Fällen - auch mit Blick auf Silvester - bereits geschehen.

Für ein Rauchverbot auf Freiflächen gebe es keine gesetzliche Handhabe, ein Alkoholverzehrverbot sei nach der gerade in Kraft getretenen Änderung des Polizeigesetzes möglich, allerdings bestehen "hohe rechtliche Hürden". Den privaten Sicherheitsdienst, den man seit rund drei Jahren einsetze, bezeichnete Brecht als "zahnlosen Tiger", weil er keine polizeilichen Befugnisse hat. Deshalb gebe es die Überlegung, den städtischen Vollzugsdienst auszubauen. "Ultima ratio ist die Videoüberwachung", so Brecht. Allerdings könne sich dann wie schon bei der Drehscheibe der Verdrängungseffekt wieder genauso ergeben.

An baulichen Maßnahmen hat man in der "Sozialen Mitte" bereits den Zaun ums Kleinspielfeld der Schillerschule auf vier Meter erhöht, auch die Gartenumzäunungen von Krippe und Kindergarten sollen höher werden. Zudem hat die Stadt in diesem Bereich das freie WLAN für die Zeit von 18 bis 6 Uhr morgens abgeschaltet. Bürgermeisterin Staab sprach von einem "Bündel von Maßnahmen", zu dem auch der weitere Ausbau der mobilen Jugendarbeit gehören soll, eventuell zudem der neuerliche Versuch, den Jugendlichen einen Platz oder Raum anzubieten.

"Der Abend hat mich sehr enttäuscht", war das alles einer Bürgerin zu wenig konkret. "Wir haben einen begrenzten Handlungsspielraum", entgegnete die Bürgermeisterin. Und: "Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass die Situation besser wird." Trotzdem müsse man es probieren.

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