Ein außergewöhnlicher Abend
Zwei Konzerte in einem bei "Musik in historischen Mauern" - Wie es mit der Reihe weitergeht, soll sich im Oktober entscheiden

Von Peter Wiest
Hirschberg-Großsachsen. Nein, die Alte Turnhalle in Großsachsen ist kein historisches Gemäuer - wirklich nicht. Aber immerhin ist sie ein Zweckbau mit einer großen Bühne, relativem Komfort für Zuschauer im Saal - und nicht zuletzt einer erstaunlich guten Akustik. Insofern war sie der beinahe ideale Ausweichort für das ursprünglich in der Villa Rustica angesetzte, einzige diesjährige Konzert der Reihe "Musik in historischen Mauern" - bei dem das Publikum dann nicht in der September-Kälte ausharren musste und zudem gleich zwei völlig unterschiedliche, dabei jedoch absolut hochkarätige Ensembles geboten bekam.
Was aber wird aus der längst in der gesamten Region bekannten Musikreihe, die Bestandteil des Hirschberger Musiksommers ist und deren Initiator und langjährige künstlerische Leiter Claus Canisius in diesem Jahr um eine "schöpferische Pause" gebeten hatte? Auch wenn Bürgermeister Manuel Just dies zu Beginn des Konzerts offenließ (oder offenlassen musste), steht zu hoffen und zu vermuten, dass sie weitergehen wird - wofür allein schon der immense Erfolg und die Akzeptanz beim Publikum sprechen. Ob Claus Canisius "Spiritus Rektor" der Reihe bleibt, wird sich anscheinend erst im Oktober herausstellen: Dann, so Just, wird man sich zu einem Gespräch zusammensetzen und danach eine Entscheidung fällen.
Bis dahin durften sich die Zuhörer in der Alten Turnhalle am Sonntagabend erst einmal entspannt zurücklehnen und den Klängen des diesjährigen Konzerts lauschen, das in der ersten Hälfte ausgesprochen jazzig daherkam. Mit dem Trompeter Thomas Siffling war ein alter Bekannter zurück nach Hirschberg gekommen - und hatte das von ihm gemeinsam mit dem Saxophonisten Peter Lehel ins Leben gerufene Jazz-Ensemble Baden-Württemberg mitgebracht.
Acht hochkarätige Musiker standen da über eine Stunde lang auf der Bühne - und boten ungewöhnliche eigene Interpretationen von Stücken der längst legendären "Doors". Die Band um den charismatischen Sänger Jim Morrison, einen der ersten "Rock-Poeten", hatte besonders in den 60er Jahren "für Furore gesorgt", wie Bürgermeister Just zunächst schmunzelnd den Jüngeren im Publikum erläutert hatte, "wie ich es selbst auch nur gehört habe, denn damals gab es mich noch gar nicht."
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Das Jazz-Ensemble hatte eine Art "Best of"-Programm von Doors-Stücken zusammengestellt, wie es auch auf einer gerade erschienenen CD zu hören ist: ganz ohne Gesang und folglich unter dem Motto "The Doors - without Words". Was dabei herauskam, war eine stellenweise leicht gewöhnungsbedürftige, überwiegend jedoch musikalisch überzeugende Mischung. Nach kurzen Intros, bei denen die Melodien von Stücken wie "Light my Fire", "Riders on the Storm", "Touch me" oder "Break on Through" zu erkennen waren, fehlten bei dann oft ausschweifenden, aber stets mitreißenden Soli den Zuhörern durchaus immer wieder mal die Worte vor Begeisterung - und dennoch vermissten zumindest eingefleischte Doors-Fans die Texte und den Gesang irgendwie ein bisschen. Alles in allem jedoch war es ein mehr als gelungener Auftritt - bis zum krönenden "The End" am Schluss. Ein echtes Kontrastprogramm gab es nach der Umbaupause. Sinti-Jazz mit dem Lulu-Weiss-Ensemble führte das Publikum in eine ganz andere musikalische Welt. Und auch wenn der Ausdruck längst verpönt ist und politisch nicht als korrekt betrachtet wird: Sogar die Band-Mitglieder selbst nennen die Musik noch ab und an "Zigeuner-Jazz" - und diesen boten sie absolut großartig dar.
Von Gershwin-Interpretationen bis hin zu klassischen Stücken von Django Reinhardt reichten ihre Darbietungen und Interpretationen: Stets gleichermaßen melodiös, vollkommen entspannt und dabei trotzdem - oder gerade deswegen - total mitreißend. "Crazy Rhythm" hieß eines der eingängigsten Stücke des Ensembles: Auch und gerade vom Titel her symptomatisch dafür, was dieses Quartett zu bieten hatte.
Ein nicht nur musikalisch alles in allem außergewöhnlicher Abend war sie so insgesamt, diese einzige diesjährige "Mu-sik in historischen Mauern". Bleibt zu hoffen, dass sie im kommenden Jahr eine Neuauflage finden wird - in welcher Form auch immer. Schließlich wäre es mehr als schade, wenn dieses Juwel der Gemeinde Hirschberg abhanden käme.



