Mühlhausen

Das "Dorflädl" Tairnbach ist auf Erfolgskurs

Für das Projekt gab es Europäische Fördermittel. Der Genossenschaftsgedanke hat Zukunft: Insgesamt 230 Menschen haben Anteile erworben.

02.05.2021 UPDATE: 03.05.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 21 Sekunden
Backwaren, Zeitschriften, aber auch Kaffee, Waschmittel und viele weitere Waren findet man im Tairnbacher Dorflädl, das jetzt eine Förderung durch das EU-Programm „Leader“ erfährt. Damit wird gewürdigt, dass das Lädl auch ein sozialer Treffpunkt ist. Foto: Pfeifer

Von Maria Stumpf

Mühlhausen-Tairnbach. Die Kräfte bündeln, weil Gemeinschaft mehr schafft: Mit dieser uralten Genossenschaftsidee ist ein kleiner Dorfladen im Mühlhausener Ortsteil Tairnbach seit über sieben Jahren auf Erfolgskurs. Im 1250-Einwohner-Dorf haben 230 Menschen Genossenschaftsanteile erworben, viele engagieren sich ehrenamtlich. In diesen Tagen freut man sich über eine Anerkennung, die den Blick über den Tellerrand erlaubt: Es fließen europäische Fördergelder aus dem regionalen Kraichgau-Leader-Programm.

Leader steht für die "Verbindung von Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft" und ist ein Förderinstrument der Europäischen Union zur Stärkung der ländlichen Räume. Die Auswahlkriterien: Wie viele Menschen profitieren von dem Vorhaben? Welche sozialen, ökologischen und ökonomischen Auswirkungen hat die Idee? Steckt dahinter bürgerschaftliches Engagement? Wird damit die Kraichgau-Landschaft gestärkt?

Rüdiger Egenlauf (li.) und Volker Maier sind überzeugt von der genossenschaftlichen Idee. Foto: Pfeifer

"Passt doch alles auf uns. Es war ein Papierkrieg ohne Ende, hat sich aber gelohnt", erklären Rüdiger Egenlauf und Volker Maier vom Vorstand der Genossenschaft "Tairnbacher Dorflädl". Mit dem Fördergeld soll nun ein Anbau für mehr Platz sorgen im nur 55 Quadratmeter großen Laden. Das Sortiment mit rund 1200 Artikeln kann um Laktose-freie Waren und Bio-Produkte erweitert werden. Außerdem gibt es neue Kühlgeräte und eine Brotschneidemaschine.

"Die dafür notwendigen 13.000 Euro hätten wir nicht stemmen können. Jetzt bekommen wir 80 Prozent der Kosten bezuschusst", freut sich Rüdiger Egenlauf, der auch Ortsvorsteher ist. "Das ist eine große Hilfe. Denn jedes Jahr ist auch ein Kampf ums Überleben", ergänzt Volker Maier. Jeder Kostenfaktor müsse unter die Lupe genommen werden. Mit einem Jahresumsatz bis 300.000 Euro könne heute kein Lebensmittelgeschäft mehr existieren.

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"Wir sind deshalb überzeugt von diesem genossenschaftlichen Konstrukt als Ergänzung zu den Supermärkten in der Umgebung. Nur so können wir die Nahversorgung im Dorf sicherstellen. Wir brauchen dieses Alleinstellungsmerkmal auch im täglichen Sortiment-Angebot und für die Service-Dienste." Aber: "Ohne die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer wäre der Laden morgen zu."

Von Verstaubung keine Spur: Neue Bereiche wachsen ständig hinzu. Wenn draußen das Fähnchen weht, dann hat das "Dorflädl" offen. Sechs Tage die Woche ab 6.30 Uhr, Lieferservice – besonders nachgefragt in Corona-Zeiten – inbegriffen. "Auch wenn wir immer die älteren Tairnbacher im Blick haben, so ist das doch längst auch ein Treffpunkt für Neubürger geworden."

Vor dem Lädl steht eine Bank, man kennt sich. Drinnen gibt es frischen Kaffee und Backwaren, Batterien oder Schulhefte, Obst, Gemüse und Eier von Nachbarhöfen, Saft und Sprudel aus dem Kraichgau, Waschmittel oder Fliegenklatsche – egal: Was ein Gemischtwarenladen braucht, können die Kunden finden. Die Gemeinde Mühlhausen hat das Gebäude gekauft, in dem zusammen mit dem Laden unter einem Dach noch eine Kinderkrippe und eine Metzgereifiliale untergebracht sind. Ortsvorsteher Egenlauf, qua Amt schon mit einem guten Draht ins Rathaus ausgestattet, freut sich, dass auch Bürgermeister Jens Spanberger das Dorflädl "stets unterstützt."

Und dem Genossenschaftsvorstand mangelt es nicht an neuen Ideen, um Sponsoren zu gewinnen. Eine Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach senkt die Stromkosten für die Kühlaggregate, der Laden hat einen EC–Service zum Geldabheben und beim Schulfrucht-Programm des Landes Baden-Württemberg mischt er auch mit. Ziel dieses Programms ist es, Kindereinrichtungen mit frischem Obst aus der Region zu beliefern – im "Dorflädl" laufen die Fäden zusammen. Kundenbefragungen helfen im Übrigen, nah bei den Wünschen der Tairnbacher zu sein.

"Es ist einfach praktisch, nicht ins Auto steigen zu müssen, um einzukaufen", erzählt Stammkundin Anke Volpp. "Und man kann auch mal die Kinder zum Einkaufen schicken." Für Margrit Kittler ist es auch wichtig, das Dorflädl als Institution zu unterstützen. "Es ist eine super Idee." Da lacht Ulrike Stark. Sie gehört seit Jahren zu den sieben bezahlten Arbeitskräften und kennt wahrscheinlich alle Tairnbacher. "Das hier ist genau das, was man einen sozialen Treffpunkt nennt", sagt sie.

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