Bürgermeister gerät bei Entscheidung um "Tafelberg" in Kritik
John Ehret stimmte Erhöhung einer Halde im Steinbruch zu, ohne den Gemeinderat zu beteiligen - "Das wird mir nie wieder passieren"

Von Christoph Moll
Mauer. Die Elsenztalgemeinde hat einen neuen Berg. 210 Meter über dem Meeresspiegel liegt die Kuppe der weithin sichtbaren Abraumhalde des Steinbruchs, die in Anlehnung an die gleichnamige Erhebung im südafrikanischen Kapstadt auch schon "Tafelberg" genannt wird. Eigentlich sollte der Hügel auf einer Fläche von rund 3,2 Hektar "nur" auf 185 Meter über Normalnull wachsen. Nun wurde aber bekannt, dass Bürgermeister John Ehret das Einvernehmen der Gemeinde für 210 Meter erteilt hat, ohne den Gemeinderat zu befragen.
In der zurückliegenden Sitzung des Gemeinderates war es um einen harmlos erscheinenden Bauantrag für einen Zaun um das Steinbruchgelände gegangen. "Der Zaun ist leider nicht der einzige intransparente Vorgang am Schneeberg", meinte aber Manfred Watzlawek (Grüne). Er ist seit 2019 Gemeinderat und Zweiter Vorsitzender der Bürgerinitiative "Schneeberg", die sich gegen die Erweiterung des Steinbruchs vor zehn Jahren stemmte. Im Jahr 2019 habe der Betreiber des Steinbruchs einen Bauantrag zur Erhöhung der Abraumhalde um die Hälfte gegenüber dem Genehmigungsstand gestellt, wusste Watzlawek. Bürgermeister Ehret habe dafür das Einvernehmen erteilt "ohne uns, den zuständigen Gemeinderat, zu beteiligen", kritisierte er. "Diese Unzuständigkeit wurde uns Grünen auf Nachfrage vom Kommunalrechtsamt des Rhein-Neckar-Kreises schriftlich bestätigt."
Dass es diesen Bauantrag gab, habe man nur durch beharrliche Recherche erfahren. "Allerdings kennen wir den kompletten Inhalt bis heute nicht", so Watzlawek. "Somit konnte die Halde von einer Höhe von 50 Meter relativ zum Bahnübergang auf eine Höhe von 75 Meter erhöht werden." Auch die Form der Halde habe sich verändert und sei nun viel massiver mit breiter Basis, langem ebenem Plateau und steilen unnatürlichen Flanken. "Die Halde wird für alle Ewigkeit das Ortsbild unserer liebens- und lebenswerten Gemeinde und das liebliche Elsenztal von Bammental bis Meckesheim prägen", meinte Watzlawek. "Sie wird nie wieder entfernt oder verändert." Und sie sei ohne demokratische Bestätigung durch die Vertretung der Bürger entstanden. Die zunächst genehmigte Aufschüttung um 50 Meter würde sich eher einfügen, meint Watzlawek, der eine "gewaltige Zerstörung" des Ortsbildes sieht.

Bürgermeister Ehret spricht auf RNZ-Anfrage von einer "komplexen Materie". "Die Gemeinde hatte bei der Erhöhung der Halde nicht viel Mitspracherecht", erklärt er. Das Landratsamt habe die Aufschüttung klar befürwortet. Dass dafür ein Bauantrag einging, habe ihn überrascht, so Ehret, der sagt: "Blöderweise geschah dies in der Zeit der Kommunalwahl 2019." Der alte Gemeinderat sei noch nicht verabschiedet gewesen und der neue hatte sich noch nicht konstituiert.
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"Ich war der Meinung, dass nicht alle Bauanträge in den Gemeinderat müssen", gibt Ehret zu. "Ich dachte, dass ich auch als Bürgermeister das Einvernehmen für die Gemeinde erteilen kann – das war aber eine Fehlinterpretation." Er sei auch kein gelernter Verwaltungsfachmann. Der frühere Polizist und im vergangenen Jahr wiedergewählte Bürgermeister steht zu seinem Fehler, sagt: "Ich habe es falsch gemacht – das wird mir nie wieder passieren." Mit der "eigenmächtigen Stellungnahme" habe er nicht den Gemeinderat übergehen wollen.
Ehret ist aber überzeugt, dass auch eine Beteiligung des Gemeinderates nicht zu einer anderen Entscheidung geführt hätte. Denn alle Behörden hätten die Aufschüttung befürwortet – sogar die Naturschutzbehörde, die das Entstehen einer "Landzunge" als Verbindung zur umliegenden Landschaft begrüßte. "Wir hätten das mit unserem stumpfen Schwert nicht verhindern können", sagt er: "Das Landratsamt hätte zugestimmt." Das habe ihm die Behörde auch bestätigt.
Hintergrund
Für gehörige Diskussionen sorgen die Erhöhung der Abraumhalde und der Bau eines Zauns am Steinbruch in Mauer. Doch warum ist die Halde überhaupt notwendig? Was ist der Hintergrund?
> Im Steinbruch von Mauer baut die Firma "Hartmann Schotter und Kalkwerk" seit über
Für gehörige Diskussionen sorgen die Erhöhung der Abraumhalde und der Bau eines Zauns am Steinbruch in Mauer. Doch warum ist die Halde überhaupt notwendig? Was ist der Hintergrund?
> Im Steinbruch von Mauer baut die Firma "Hartmann Schotter und Kalkwerk" seit über 40 Jahren Muschelkalk ab. Jedes Jahr werden 350.000 bis 400.000 Tonnen Schotter produziert, wie Geschäftsführer Peter Rupprecht berichtet. Dieser werde im Umkreis von rund 30 Kilometern zum Bau von Straßen und Autobahnen sowie Plätzen verwendet. "Ohne uns müsste das Material über 100 Kilometer entfernt vom nächsten Steinbruch herangefahren werden", so Rupprecht. Die Vorkommen reichen noch rund zehn Jahre. "Der Steinbruch muss dann komplett verfüllt werden", erklärt der Geschäftsführer. "Es entstehen ein Biotop und ein Freizeitgebiet."
> Die weithin sichtbare Abraumhalde auf dem Steinbruchgelände wurde im Rahmen der Erweiterung des Steinbruchs im Jahr 2010 genehmigt. Sie durfte bis auf eine Höhe von 185 Meter über dem Meeresspiegel wachsen. "Wir durften hier auch unbelastetes Fremdmaterial verfüllen", erklärt Rupprecht und konkretisiert: "Aber nur Erdaushub mit Steinen, keinen Bauschutt." 70 bis 80 Prozent des Berges stammte aber aus dem Steinbruch. "Wir haben eigenen Abraum, aus dem wir keinen Schotter machen können", so Rupprecht.
> Die Erhöhung der Halde auf 210 Meter wurde im Jahr 2019 genehmigt und innerhalb von etwa drei Monaten abgeschlossen, erinnert sich der Geschäftsführer. Diese sei notwendig geworden, da das in Mauer noch vorhandene Vorkommen "perspektivisch sehr schlecht" sei. "Es fällt viel Material an, das wir nicht verwenden können", erklärt Rupprecht. Früher habe man dieses legal zum Beispiel für Hänge an Autobahnen verwenden können, was aber heute nicht mehr möglich sei. "Wir müssen außerdem schauen, dass wir an Einnahmen kommen und künftig auch wieder Erde von Privatleuten annehmen können", sagt der Steinbruch-Chef. Im Bereich der Aufschüttung sei nun die ursprüngliche Höhe des Geländes vor dem Beginn des Abbaus wieder erreicht. Das Material der Erhöhung stamme ausschließlich aus dem Steinbruch.
> Eine Begrünung des bisher braunen Hügels ist geplant. "Wir bringen nun reine Erde auf, denn auf den Steinen wächst nichts", erklärt Peter Rupprecht. Wenn das Wetter besser sei, werde voraussichtlich im März oder April mit einem Feuerwehrschlauch ein "Gelee" aus Pflanzensamen und Zellulose auf den Hügel aufgebracht. "Der Kegel wird grün", verspricht Rupprecht. "Es sieht noch nicht gut aus, aber es wird besser – wir tun, was wir können." Die Begrünung sei nicht vorgeschrieben, aber es gehe auch um Akzeptanz bei den Bürgern von Mauer. "Hartmann" rechnet mit Kosten zwischen 30.000 und 40.000 Euro. Der Auftrag soll bald vergeben werden. "Dann kann man später mal auf dem Berg rodeln oder Skifahren", sagt Rupprecht. (cm)
Zudem komme es auf eine weitere Aufschüttung von 25 Metern "in der Prärie" auch nicht an. Nach einer Bepflanzung sehe der derzeit braune Berg auch besser aus. "Da wird ein Fass aufgemacht, das keines ist", meint Ehret, der nach eigenen Angaben keine weiteren Bauanträge alleine durchgewunken hat. "Ich habe ein reines Gewissen", beteuert er.
Steinbruch-Geschäftsführer Peter Rupprecht will sich auf RNZ-Anfrage nicht zu dem Vorgang äußern, sagt nur: "Wir haben ihm keinen Umschlag zugesteckt." Ehret habe sich nicht bereichert.
Das Kommunalrechtsamt des Landratsamtes in Heidelberg hat den Vorgang untersucht, wie Sprecherin Susanne Uhrig berichtet. Sie bestätigt, dass Ehret gegenüber der Behörde die Zustimmung ohne Beteiligung des Gemeinderates eingeräumt habe. Dieser wäre aber zuständig gewesen. Die Konsequenzen für Ehret halten sich in Grenzen, so Uhrig: "Herr Bürgermeister Ehret wurde durch das Kommunalrechtsamt über die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Bürgermeister und Gemeinderat informiert."