Leimen

Parken kostet Anwohner 365 Euro

Der Gemeinderat beschloss eine neue Gebührenordnung.

11.04.2022 UPDATE: 12.04.2022 06:03 Uhr 2 Minuten, 11 Sekunden
Auch in der Römerstraße wird inzwischen fürs Parken eine Gebühr fällig. Foto: Frenzel

Von Thomas Frenzel

Leimen. Teuer, teurer, Leimen! Wer als Anwohner von Leimen-Mitte in der neugemachten Römer- oder in der Nußlocher Straße das Auto abstellt, muss in die Tasche greifen. Und zwar sehr tief. Pro Tag ist im günstigsten Tarif ein Euro zu zahlen. Macht im Jahr 365 Euro. Kein Wunder, dass die zuvor kostenlos parkenden Anwohner verschnupft sind und bei der jüngsten öffentlichen Ratssitzung ihren Ärger in Worte fassten (vgl. Extra). Greifbares bewirkten sie freilich nicht: Wie geplant wurde die neue Parkgebührensatzung beschlossen – ohne Gegenstimme. Auf Intervention von GALL und SPD erfolgte der Beschluss allerdings mit der Maßgabe einer Neuvorlage bis allerspätestens September. Dann soll es im Gemeinderat womöglich um die Einführung von Anwohnerparkausweisen gehen. Die könnten dann etwa nur halb so teuer ausfallen.

Mehr oder minder klammheimlich und basierend auf einem Ratsbeschluss des Jahres 2018 hatte die Stadt zum vergangenen 1. März die innerstädtische Parkraumbewirtschaftung massiv nach Süden ausgedehnt. Bis hin zur Hirtenwiesenstraße gelten seither tagsüber auch zwischen Römer- und verlängerter Nußlocher Straße die Kurzzeitparkregeln: 30 Minuten mit der Brötchentaste und 50 Cent für jede weitere halbe Stunde. Die Anwohner suchten das Weite, parken seitdem in den östlichen Hanglagen.

Die aktuell beschlossene neue Parkgebührensatzung weist den Erweiterungsbereich zwischen Turmgasse und Hirtenwiesenstraße nun als eigene Bewirtschaftungszone aus. Für sie lassen sich zum Parken nun auch Wochen- oder Zweiwochenkarten lösen zum Preis von sieben oder 14 Euro. Sprich: für den erwähnten einen Euro pro Tag. Auf diese Regelung hatte sich nach Worten von Oberbürgermeister Hans D. Reinwald der gemeinderätliche Verkehrsausschuss bei seiner Märzsitzung geeinigt.

Hintergrund

> Michael Wagenblaß ist ein Ur-Leimener. Bei der zurückliegenden Ratssitzung trug er in der Fragestunde die Bedenken der Anwohner gegen die neue Parkgebührensatzung vor. Unterm Applaus des Zuhörerraums stellte er den Sinn der "unglücklichen" Maßnahme in Frage. Um die

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> Michael Wagenblaß ist ein Ur-Leimener. Bei der zurückliegenden Ratssitzung trug er in der Fragestunde die Bedenken der Anwohner gegen die neue Parkgebührensatzung vor. Unterm Applaus des Zuhörerraums stellte er den Sinn der "unglücklichen" Maßnahme in Frage. Um die Parksituation zu ordnen, hätten auch einfache Markierungen genügt. Stattdessen sei ohne ersichtlichen Grund für die betroffenen Bürger eine "neue Steuer" eingeführt worden, die wegen des mit neuen Parkuhren betriebenen Aufwands wohl kaum die angespannte städtische Finanzlage mildere. Während nun die kostenpflichtig gemachten Straßen von Autos frei seien, wachse in den angrenzenden Straßenzügen der Parkdruck. Und überwiegend dort, wo es sich um älteren Baubestand ohne Garagen handle, würden nun die Gärten in Stellplätze umgewandelt. fre

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Ungeachtet der Anwohnerbeschwerden auch in den nunmehr zugeparkten Hanglagen und ungeachtet des auch von ihm erkannten "erheblichen Beratungsbedarfs", plädierte der Rathauschef mit Nachdruck dafür, die vorliegende Satzung zu beschließen, so wie sie ist und ohne Befristung. Eine solche Halbjahresbefristung hatte Michael Reinig namens der GALL ins Spiel gebracht, war dann davon aber wieder selbst abgerückt: Auf die Schnelle lasse sich wohl keine neue Satzung rechtssicher formulieren.

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Reinig spielte damit auf den Antrag seiner Fraktion an: auf die darin geforderte Einführung eines Anwohnerparkausweises. Der sollte nicht nur im umstrittenen Gebiet südlich der Turmgasse als Alternative zum Parkticket gelten, sondern auch auf den Parkplätzen in der Bürgermeister-Weidemeier-Straße. Da die aktuelle 365-Euro-Lösung für die Anwohner "recht teuer" sei, konnte sich die GALL in der schriftlichen Begründung ihres Antrags einen "Jahresparkausweis inklusive Besucherkarte" für 180 Euro vorstellen.

Auf das in Heidelberg oder Mannheim deutlich günstigere Anwohnerparken verwies Peter Sandner (SPD). Wie schon Reinig drängte er auf eine erneute Beratung in der nicht-öffentlichen Juni-Sitzung des Umwelt- und Verkehrsausschusses: Im Sinne der Anwohner müsse man zu einer günstigeren Parkraumbewirtschaftung kommen. Spätestens im September, so der OB, könne sich der Gemeinderat dann erneut mit der Thematik befassen.

Nathalie Müller (CDU) und Klaus Feuchter (FDP) riefen in Erinnerung, dass der Ratsbeschluss von 2018 einstimmig erfolgt sei. Mitausgelöst worden sei er damals von einer katastrophalen Parksituation, so Müller, als auswärtige Pendler und Gewerbebetriebe mit ihren Fahrzeugen die Straßen zugestellt hätten: Die "gut gemeinte Idee", hier Abhilfe zu schaffen, sei aber eben nicht zu Ende gedacht worden. Für Feuchter habe nach eigenen Worten schon 2018 festgestanden, "dass die Anwohner sich beklagen werden".

Einen Schritt weiter ging Mathias Kurz (FW), als er die Enthaltung seiner Fraktion ankündigte. Schon bald nach dem 2018er Beschluss habe er ein schlechtes Gewissen bekommen, vergebens Anwohnerparkausweise vorgeschlagen und erkannt: "Das war ein Fehler."

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