Wenn der Naturschutzbund bei einem Verein abschreibt
Naturschutzbund meint, das Gebiet sei nicht notwendig - Der Verwaltung liegen 33 Bauanfragen vor

Gaiberg. Foto: www.heidelberg-ballon.de
Von Agnieszka Dorn
Gaiberg. Da ist es wieder, das Gaiberger Streitthema Nummer eins: das geplante Neubaugebiet "Streuobstwiesen". Bisher habe er den Naturschutzbund (Nabu) für einen respektablen Verein gehalten, sagte Rolf-Dieter Schaetzle (SPD/Aktive Gaiberger) in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats beim Punkt "Fragen und Anträge" der Gemeinderäte. Aber: "Wenn der Nabu Stellungnahmen von Mitgliedern des Streuobstwiesenschutzvereins übernimmt, umfirmiert und mit dem Briefkopf als eigene Stellungnahme an die Gemeinde Gaiberg verschickt, dann muss ich mich fragen, wie weit es mit der Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit eines Vereins her sein kann."
Die Verwaltung sowie die Gemeinderäte hatten eine Stellungnahme des Nabu Rhein-Neckar-Odenwald erhalten, datiert vom 5. Juli und unterschrieben von Christiane Kranz, der Geschäftsführerin des Bezirksverbandes. Die 15-seitige Stellungnahme erfolgt "im Namen und mit Vollmacht des anerkannten Naturschutzverbands Deutschland, Landesverband Baden-Württemberg". Das Brisante dabei: Laut Schaetzle soll der Nabu Rhein-Neckar-Odenwald ein Schreiben des Vereins zur Erhaltung der Gaiberger Streuobstwiesen eins zu eins aufgegriffen und es als seine Stellungnahme herausgegeben haben. Ein entsprechender E-Mail-Verkehr liegt der RNZ liegt vor.
"Meiner Ansicht nach hat der Nabu seine Karten ganz schlecht verspielt", so Schaetzle. Wünsche und Stellungnahmen von Interessensgruppen als Nabu-Stellungnahme zu verkaufen: "Das ist ein absolutes Unding", sagte Schaetzle Kopf schüttelnd. Für ihn habe der Nabu keine Aussagefähigkeit mehr. Ähnlich sah es Hauptamtsleiter Alexander Wenning. Er verstehe nicht, dass der Nabu sich so "vor den Karren sperren lässt", so Wenning.
In der 15-seitigen Stellungnahme werden verschiedene Gründe aufgeführt, um das geplante Vorhaben des Wohnbaugebiets "Oberer Kittel/Wüstes Stück" aufzugeben, das besser bekannt als Streuobstwiese ist. Unter anderem ist der Nabu der Meinung: "In Gaiberg besteht kein Bedarf für ein neues Wohnbaugebiet", so steht es in der Stellungnahme. Mittlerweile liegen der Verwaltung laut Bürgermeister Klaus Gärtner 33 Anfragen von Interessierten vor, die dort bauen möchten. Anfang des Jahres waren es schon um die 20 gewesen. Der Nabu hat laut Gärtner sich nicht nach der aktuellen Situation in Gaiberg erkundigt, sondern einfach eine Stellungnahme herausgegeben.
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In dieser heißt es übrigens weiter: "Die Darstellungen zur Erfordernis eines Bebauungsplans sind unrichtig." Es bestünde kein Bedarf im Sinne des Baugesetzbuches für die Ausweisung des Wohngebiets. "Ganz offensichtlich aus diesem Grund enthält der vorgelegte Bebauungsplan überhaupt keinen gesetzlich geforderten Bedarfsnachweis auf der Basis anerkannter Berechnungsmethoden." Die Stellungnahme geht auf verschiedene Punkte wie technische Erschließung, Regionalplan, Baugrundgutachten sowie Umweltauswirkungen ein und weist darauf hin, dass in Zukunft durch die demografische Entwicklung bestehende Immobilen frei werden.
"Sollte die Gemeinde dennoch daran festhalten wollen, ein neues Wohnbaugebiet auszuweisen, müsste zwingend zunächst das Gebiet ,Oberer Ruten’ ausgewiesen werden, sodann gegebenenfalls weitere Gebiete des Innenbereichs", heißt es im Schreiben des Nabu. Das Amt für Landwirtschaft und Naturschutz - Untere Naturschutzbehörde des Landratsamts - gab zum geplanten Wohngebiet "Streuobstwiese" übrigens kein "Nein". Die Behörde riet allerdings von einem Einkaufsmarkt im geplanten Gebiet ab.