Kann die Bechsteinfledermaus die Sportplätze verhindern?
Waldschützer warnen vor Rodung im Schwetzinger Hardt - Lebensraum einer streng geschützten Art

Von Lukas Werthenbach
Sandhausen. Bringen am Ende fünf Zentimeter große Fledermäuse doch noch die Wende? Die Gegner der Erweiterungspläne des Fußball-Zweitligisten SV Sandhausen (SVS) dürften jedenfalls nichts dagegen haben, sollte es so kommen. Unter den Veröffentlichungen der Bürgerinitiative "Pro Waldschutz" (BI) findet sich inzwischen nämlich ein Steckbrief über die Bechsteinfledermaus. Dieses Tierchen ist die einzige streng geschützte Art, die auf der ursprünglich für die SVS-Erweiterung vorgesehenen, rund 2,5 Hektar großen Fläche im Waldschutzgebiet Schwetzinger Hardt lebt (vgl. Hintergrund).
Hintergrund
> Die ursprünglichen Pläne zur Erweiterung des SV Sandhausen um zwei Sport- und 144 Parkplätze liegen derzeit auf Eis. Dies entschied der Gemeinderat im Oktober 2019, nachdem die Proteste der Bevölkerung gegen das "Sportzentrum Süd" und eine damit verbundene Rodung von
> Die ursprünglichen Pläne zur Erweiterung des SV Sandhausen um zwei Sport- und 144 Parkplätze liegen derzeit auf Eis. Dies entschied der Gemeinderat im Oktober 2019, nachdem die Proteste der Bevölkerung gegen das "Sportzentrum Süd" und eine damit verbundene Rodung von rund 2,5 Hektar im Waldschutzgebiet Schwetzinger Hardt immer lauter geworden waren. Teil dieses Beschlusses war die Einrichtung eines Runden Tischs zur Suche nach Alternativen außerhalb des Schutzgebiets.
Im Januar und Februar kamen dazu Vertreter von Verwaltung und Gemeinderatsfraktionen, BI-Sprecherin Petra Weiß, SVS-Präsident Jürgen Machmeier sowie die Vorsitzenden der beiden benachbarten Sportvereine zusammen. Über den Inhalt der drei erarbeiteten Alternativen halten sich bis heute alle Beteiligten bedeckt. Nach RNZ-Informationen sieht mindestens eine der Varianten einen Umzug des FC Sandhausen und die Rodung von ungeschütztem Wald zwischen Sonnenweg und Jahnstraße vor. So könnten zwei Sportplätze für den SVS entstehen.
Im November soll der Runde Tisch ein drittes Mal – diesmal mit dem gesamten Gemeinderat – zusammenkommen. Die endgültige Entscheidung über eine mögliche Alternative zum "Sportzentrum Süd" obliegt allein dem Gemeinderat. luw
"Nicht besonders schützenswert" und "Artenschutz nur geringfügig betroffen": Das sind einige der Stichwörter, die insbesondere Natur- und Waldschützer in der Region seit einigen Wochen auf die sprichwörtliche Palme bringen. Denn Recherchen der RNZ ergaben im Juni, dass die Petition der BI gegen die Rodung der genannten Fläche für den Bau von zwei Sport- und über 140 Parkplätzen wohl vom Landtag abgelehnt wird. Als Begründung für eine entsprechende Empfehlung des Landeswirtschaftsministeriums unter "Mitbeteiligung" von Umwelt- und Landwirtschaftsministerium werden unter anderem jene Beschreibungen angeführt, nach denen das betroffene Waldstück "nicht die allerhöchste Schutzkategorie" habe.
Artenschutzrechtlich "relevant" sei hier demnach lediglich das Vorkommen der Bechsteinfledermaus. Deshalb hat sich die Sandhäuserin Cordula Kienle, BI-Mitstreiterin und Mitglied des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), näher mit dem auf der Roten Liste stehenden Tier beschäftigt und einen Steckbrief verfasst. "Die Bechsteinfledermaus braucht ein großes zusammenhängendes Waldstück als Lebensraum", erklärt sie auf RNZ-Nachfrage. Rodungen von Waldgebieten würden die Flugsäuger "akut gefährden", weil sie auf "alten Baumbestand und Mischwald" angewiesen seien. Und dass das Tier auch in der Schwetzinger Hardt lebt, ist für die 51-Jährige ein Zeichen dafür, dass es sich hier um einen "gesunden Wald mit genügend Insekten und Totholz handelt, der groß genug ist".
Zudem habe die Bechsteinfledermaus eine "ausgeprägte Standorttreue", weshalb viele Naturschützer den Erfolg von – im Fall einer Rodung erforderlichen – "Ersatzmaßnahmen" zur Schaffung neuer Lebensräume anzweifeln. "Und sie traut sich nachts nur bei absoluter Dunkelheit raus um zu jagen", nennt Kienle ein weiteres Problem einer möglichen Verkleinerung des für die Fledermaus heimischen Waldstücks. "Beleuchtung irritiert sie und beeinträchtigt die Jagd stark", weiß die Gymnasiallehrerin.
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Im Zuge ihrer Recherchen zur Bechsteinfledermaus fand sie übrigens auch heraus, dass das Tier mit einer Flügelspannweite von bis zu 25 Zentimetern schon öfter Grund für Klagen gegen Bauvorhaben war: etwa gegen den Weiterbau der Autobahn A 33 bei Bielefeld und gegen die Verlegung der A 4 zugunsten des Braunkohletagebaus Hambach – beide Klagen wurden jedoch abgewiesen. Allerdings erreichte der BUND im Jahr 2018 ebenfalls im Zusammenhang mit dem dortigen Kohleabbau einen vorläufigen Rodungsstopp für den Hambacher Forst – zum Schutz der dort lebenden Bechsteinfledermaus, wie das zuständige Gericht damals entschied...



