Edingen-Neckarhausen

Der Verwaltungsvorschlag fällt durch

Rat stellt sich mit hauchdünner Mehrheit gegen den Plan

21.06.2018 UPDATE: 22.06.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 40 Sekunden

Mit neun zu acht Stimmen votierten die Gemeinderäte von Edingen-Neckarhausen für den Antrag der SPD zur Fortbeschreibung des Flächennutzungsplans, der mit rund 33 Hektar unter dem Verwaltungsvorschlag von 34,3 Hektar lag. Foto: Pilz

Von Nicoline Pilz

Edingen-Neckarhausen. Mit einer hauchdünnen Mehrheit von einer Stimme ließ am Mittwochabend die SPD-Fraktion mit Unterstützung von CDU-Gemeinderäten und Helmut Koch von der Unabhängigen Bürgerliste (UBL- FDP/FWV) den Verwaltungsvorschlag zur Fortschreibung des Flächennutzungsplans für Edingen-Neckarhausen durchfallen.

Bürgermeister Simon Michler hatte eingangs für seinen nochmals überarbeiteten Vorschlag geworben: Im Unterschied zum alten Flächennutzungsplan sah er die Reduzierung von bebaubaren Flächen in einer Gesamtgröße von 50 Hektar auf 34,2 Hektar vor, fast gleichmäßig verteilt auf die Ortsteile.

Das umstrittene Edinger "Mittelgewann", gegen dessen großflächige Bebauung sich 3600 Bürger im Bürgerentscheid vom März 2017 ausgesprochen hatten, beließ Michlers Vorschlag mit einer Fläche von 4,2 Hektar im Flächennutzungsplan in Zeitstufe zwei. Das bedeutet, dass erst in zwölf Jahren überhaupt wieder über eine Bebauung diskutiert werden kann. Derzeit ist es als potenzielles Baugebiet durch den Bürgerentscheid noch bis 2020 "gesperrt".

Hintergrund

Edingen-Neckarhausen. (nip) Mehrheitlich hat sich der Gemeinderat dem Antrag der SPD-Fraktion auf Fortschreibung des Flächennutzungsplans mit folgenden Inhalten angeschlossen (Unterschiede zum Verwaltungsvorschlag in Klammern):

Zeitstufe

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Edingen-Neckarhausen. (nip) Mehrheitlich hat sich der Gemeinderat dem Antrag der SPD-Fraktion auf Fortschreibung des Flächennutzungsplans mit folgenden Inhalten angeschlossen (Unterschiede zum Verwaltungsvorschlag in Klammern):

Zeitstufe eins

Neckarhausen-Nord: 3,6 Hektar

Kappeseck westlich: 6 Hektar (4,5) in Zusammenhang mit dem Neu- bau der L 597

Eichendorffstraße: 2,5 Hektar

Grenzhöfer Straße: 3,5 Hektar

Hundert Morgen (Tennis): 0,6 Hektar

Friedrichsfelder Straße: null Hek- tar (1,5 Hektar)

Wingertsäcker (nördlich) der BÄ- KO: ein Hektar, denkbar zum Bau einer weiteren Sporthalle, die dann auch Lärmriegel zur L 597/Neckar- brücke sein könnte

Hilfeleistungszentrum: 6 Hektar plus 3 Hektar Erweiterung Gewer- begebiet (3)

Neckarhausen-Gewerbegebiet Nordwest: 2,6 Hektar (1,7 Hektar)

Zeitstufe zwei

Kappeseck: 6 Hektar (4,5)

Kirchhofpfad: null Hektar (2,9)

Lämmerhorst: 3,1 Hektar (5)

Mittelgewann: 7,5 Hektar (4,2)

Friedrichsfelder Straße: null Hek- tar (1,5)

Damit bleibt der beschlossene SPD-Antrag mit rund 33 Hektar unter dem Verwaltungsvorschlag (34,3 Hektar).

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Michler sagte, der Verwaltungsvorschlag trage dem Volksentscheid Rechnung und beinhalte zugleich den Kompromiss von 4,2 Hektar Fläche im Mittelgewann, den die Bürgerinitiative "Rettet das Mittelgewann" (BI) mitgetragen hätte. "Ich hätte auch bei 5,2 Hektar mitgehen können", sagte später BI-Sprecher Enzio Ermarth.

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So lautete der Vorschlag der CDU. Deren Fraktionssprecher, Bernd Grabinger, sagte, man gehe weitgehend mit dem Verwaltungsvorschlag konform, wolle aber fürs Mittelgewann einen Hektar mehr, ebenfalls für Zeitstufe zwei.

Grabinger fand es bedauerlich, dass in der Diskussion um den Flächennutzungsplan der Fokus auf dem Mittelgewann gelegen habe. Die anderen Flächen hätten eine breitere Diskussion verdient. Das war insofern bemerkenswert, weil die CDU Michler nicht nur als Bürgermeister durchsetzen, sondern ihn nach seinem Amtsantritt Anfang 2016 auch für eine mögliche Bebauung des Mittelgewanns gewinnen konnte.

Mit bekanntem Ausgang: Michler verlor den Bürgerentscheid, stellte sich anschließend aber klar hinter diesen. Eine "urdemokratische Entscheidung", die er respektiere, sagte er in der Gemeinderatssitzung im Mai.

In die Debatte um die Fortschreibung des zuletzt 2006 erneuerten Planungsinstruments, das die städtebauliche Entwicklung der Gemeinden steuert und ab nächstem Jahr für rund zehn Jahre gelten wird, hatten die Fraktionen jeweils eigene Anträge eingebracht.

Dabei wich der Vorschlag der Offenen Grünen Liste (OGL) mit einer Beschränkung auf sechs Hektar bebaubarer Fläche am weitgehendsten von Michlers Vorschlag ab. Das Mittelgewann wollte die Fraktion dabei ganz aus dem Flächennutzungsplan nehmen. Mit lediglich den eigenen beiden Ja-Stimmen fiel auch der OGL-Antrag durch.

Dann passierte Interessantes: Obwohl die SPD im April im RNZ-Interview noch davon gesprochen hatte, das Mittelgewann angesichts des Bürgerentscheids aus dem Flächennutzungsplan rausnehmen zu wollen, erklärte Thomas Zachler nun, dabei habe sie lediglich an Zeitstufe eins gedacht. Ursprünglich wollte seine Fraktion 10,7 Hektar fürs Mittelgewann in Zeitstufe zwei lassen: "Das heißt nicht, dass auch gebaut werden muss. Und sowieso nicht vor 2023 und nur bei Bedarf", betonte Zachler.

Allerdings griff die SPD sichtlich erfreut einen Vorschlag von Helmut Koch (UBL) auf, der in einem leidenschaftlichen Plädoyer für 7,5 Hektar im Mittelgewann warb, weil unterm Strich vor allem den Landwirten geschadet werde, die durch die Verschiebung auf andere Flächen, zum Beispiel in die Grenzhöfer Straße, guten Boden verlieren würden.

Weil Koch selbst keinen eigenen Antrag formulieren konnte, erledigte das die SPD für ihn und zog dabei noch vier CDU-Gemeinderäte auf ihre Seite, obwohl Michler noch betont hatte, er sehe keinen Grund dafür, ein Jahr nach dem Bürgerentscheid "künstliche Kompromisse" zu schließen. Was ihn insbesondere verärgerte, war das Abstimmungsverhalten von CDU-Fraktionschef Bernd Grabinger, der das Zünglein an der Waage für Michlers Antrag hätte sein können.

Doch Grabinger und Gabi Kapp enthielten sich, die SPD gewann mit neun zu acht Stimmen. Vier Gemeinderäte hatten sich für die Sitzung entschuldigen lassen. Seitens der UBL hatte Fraktionssprecher Hans Stahl für Michlers Vorschlag geworben, weil dieser dafürstehe, verloren gegangenes Vertrauen wiederherzustellen. Dieses Vertrauen sei in der Debatte ums Mittelgewann auch wegen der fehlenden Bürgerbeteiligung verloren gegangen.

Michler habe das erkannt, und sein Vorschlag sei "angemessen und konsequent, was das Bürgervotum angeht." Die Einzelmeinung von Fraktionsmitglied Koch akzeptiere man aber auch.

Eingangs hatten sich Bürger nach der Befangenheit von Gemeinderäten erkundigt, deren Familien im Mittelgewann Grundbesitz haben. Weil kein "unmittelbarer Vor- oder Nachteil" zu erkennen sei, war eine Befangenheit nicht gegeben, erklärte Michler die Gesetzeslage.

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