Eigenheime in Edingen-Neckarhausen

Suche nach Haus oder Grundstück lässt junge Familien verzweifeln

Der (Alb-)Traum vom Eigenheim – Erschwingliche Häuser oder Bauland sind rar - Zwei Gespräche

15.05.2018 UPDATE: 16.05.2018 06:00 Uhr 3 Minuten, 35 Sekunden

Ein Akt der Verzweiflung: Kurz nachdem sie in im letzten Moment den Zuschlag für ein Haus in Neckarhausen verpasst hatten, schaltete Familie K. eine Anzeige im Amtlichen Mitteilungsblatt. Dabei geht es nicht darum, Maklergebühren zu sparen. Foto: Schröder

Von Katharina Schröder

Edingen-Neckarhausen. Der Traum von Eigenheim in Edingen-Neckarhausen lässt immer mehr junge Familien verzweifeln. Bei der Versteigerung von Baugrundstücken im Rebenweg, so heißt es hinter vorgehaltener Hand, seien im vergangenen Jahr bis zu 1100 Euro pro Quadratmeter geboten worden. Im März dieses Jahres veröffentlichte eine Familie im Amtlichen Mitteilungsblatt eine Anzeige. Für die erfolgreiche Vermittlung von Baugrund oder einem Einfamilienhaus würden 10.000 Euro gezahlt. Mittlerweile hat sich mit "Wir wollen wohnen" sogar ein Gegenpol zur bebauungskritischen Bürgerinitiative "Bürgerbegehren Mittelgewann" gebildet.

Hintergrund

Welche Neubaugebiete in Edingen-Neckarhausen derzeit in Planung sind oder bereits angegangen werden, hat die RNZ zusammengefasst:

Rebenweg: Alle sieben Grundstücke wurden im vergangenen Jahr zum Höchstgebot versteigert, sie sind bereits erschlossen.

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Welche Neubaugebiete in Edingen-Neckarhausen derzeit in Planung sind oder bereits angegangen werden, hat die RNZ zusammengefasst:

Rebenweg: Alle sieben Grundstücke wurden im vergangenen Jahr zum Höchstgebot versteigert, sie sind bereits erschlossen. Die beiden ersten Bauanträge liegen vor. Die Eigentümer werden voraussichtlich noch in diesem Jahr mit dem Bau beginnen.

Wiese gegenüber Bäko: Sobald der Bebauungsplan fertiggestellt ist, könnte im Frühjahr/Sommer 2019 die Bebauung starten. 24 Grundstücke für Reihenhäuser wird es geben. Aus Gründen des Lärmschutzes muss sichergestellt sein, dass die Bebauung in einem Zug erfolgt. Die Verwaltung strebt an, das gesamte Grundstück an einen Bauträger zu veräußern; diese Entscheidung muss aber vom Gemeinderat getroffen werden.

Baldige Ex-Tennisplätze: Die Bebauung ist voraussichtlich frühestens ab der zweiten Jahreshälfte 2019 möglich. In einer der kommenden Gemeinderatssitzungen soll über den städtebaulichen Entwurf beraten werden. Eine Bürgerinfo zu diesem Gebiet findet am 7. Juni um 18.30 Uhr im Rathaus in Edingen, Bürgersaal, statt.

Neckarhausen-Nord: Das Gebiet ist rund 5,5 Hektar groß, pro Hektar sind etwa 50 bis 60 Einwohner angestrebt. Die Bebauung soll abschnittsweise von Nord nach Süd entwickelt werden. Zunächst müssen Vereine umgesiedelt und das Bebauungsplanverfahren abgeschlossen werden. Die Gemeindeverwaltung rechnet derzeit mit einem Baubeginn ab dem Jahr 2021. krs

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Die RNZ hat mit zwei Familien gesprochen, die ein Eigenheim in Edingen-Neckarhausen suchen. Familie K. will anonym bleiben. Familie Hoering ist bereit, ihren Namen in der Zeitung zu lesen. Kritiker zeigen oft Gesicht, Befürworter bleiben lieber im Hintergrund. Das zeigte sich bereits im Vorfeld des Bürgerentscheids zum abgeschmetterten Neubaugebiet Mittelgewann. Auch der Kontakt zu Familie Hoering kam erst durch die Vertrauensbasis des ehrenamtlichen Facebook-Blogs "Neues in Edingen-Neckarhausen" zustande.

Seit drei Jahren versucht Familie Hoering bereits, sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen. Ob kaufen oder bauen, ist ihnen egal, sagt Moritz Hoering: "Nur finanzierbar muss es sein." Ein alleinstehendes Haus soll es am Ende sein, man wolle dem zweijährigen Sohn Emil schließlich etwas bieten.

Aktiv zu suchen, das haben Hoerings aufgegeben. "Wenn wir etwas sehen, oder einen Tipp kriegen, gucken wir natürlich. Aber sonst ist die Lage hier in der Gemeinde einfach klar." Der Mangel an Baugrund und Neubaugebieten nimmt immer größere Ausmaße an. "Wir sitzen nicht den ganzen Tag vor Immoscout, da wird man auch nur traurig bei den Preisen", fügt er hinzu.

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Würde es in Edingen-Neckarhausen endlich ein Neubaugebiet geben, so hofft Hoering, dann würden auch die wenigen Häuser, die im Ortskern zum Verkauf stehen, bezahlbarer werden. Ein Bekannter habe dort ein Haus verkauft und Hoerings den Preis genannt. "Und dieser Preis war nicht verhandelbar. Er hat gesagt, der Preis steht und den bekomme ich auch." Die Summe will er nicht nennen.

Hoering hat beim Bürgerentscheid vor mehr als einem Jahr für die großflächige Bebauung des Mittelgewanns gestimmt. "Man sieht überall Neubaugebiete", sagt er, "nur hier nicht". Das ärgert ihn.

Als im Rebenweg sieben Grundstücke an die Meistbietenden versteigert wurden, haben sich Hoerings nicht beteiligt. "Es hieß immer, es wird sich um Familien gesorgt. Aber dann war es eben doch gegen Höchstgebot. Das ist hart, man kann nicht sagen, dass man damit Familien unterstützt", sagt er.

Die mangelnde Unterstützung für Familien ärgert auch Frau K. Seit zwei Jahren sucht sie für ihre Familie nach einem Haus oder Baugrundstück. Frau K. wünscht sich, dass der Traum vom eigenen Heim einfacher werden sollte, je mehr Kinder man hat. Darum sollten sich der Staat und die Kommunen endlich kümmern. Familien seien schließlich bedeutend für eine Gemeinde, vom Zusammenleben mehrerer Generationen profitierten alle.

Frau K. und ihr Mann hatten im Schlosspark in Neckarhausen ihr erstes Date, im Schloss haben sie geheiratet, die Tochter hat einen Platz in der Kita zugesichert bekommen. Edingen-Neckarhausen liegt gut, Frau und Herr K. kommen von hier aus ziemlich schnell zur Arbeit. Die Familie beginnt, Wurzeln zu schlagen. Jetzt kommt es darauf an, wie tief sie gehen dürfen.

Auch Moritz Hoering ist in Edingen-Neckarhausen verankert. Er ist hier aufgewachsen, seit er 15 ist engagiert er sich bei der Freiwilligen Feuerwehr, seit diesem Jahr ist er Abteilungskommandant. Sohn Emil wird ab September in den Kindergarten gehen. "So blöd das klingt", sagt Hoering, "ich mag das Dorfleben hier einfach." Seine Frau Svenja ist weniger an den Ort gebunden. Sie wäre auch bereit, für den Traum vom Eigenheim wegzuziehen. Und das ist das Dilemma der Gemeinde: Verlassen Hoerings die Gemeinde, bricht ehrenamtliches Engagement weg.

Die Unabhängige Bürgerliste will, dass die Kommune an dem Förderprogramm "Jung kauft Alt" teilnimmt. Junge Familien, die ein altes Haus im Ort kaufen, würden dabei finanziell unterstützt werden. Der Zuschuss der Gemeinde kann sich durch die Zahl der Kinder erhöhen. Die Familien Hoering und K. wären nicht abgeneigt. "Ich würde das begrüßen", sagt Frau K., "aber natürlich muss man dabei die Kosten für Haus und Sanierung abwägen." Hoering findet: "Prinzipiell ist das eine interessante Möglichkeit." Aber die Menschen, die derzeit noch alleine in den Häusern wohnen, brauchen eine angemessene Alternative. "Und dann müsste es auch ein Haus sein, das man stückchenweise renovieren kann, eine Doppelbelastung durch Miete und Sanierung ist schwierig", sagt er.

Wie schlimm die Lage für die Familien wirklich ist, beschreibt Frau K. Immer dann, wenn sie mit ihrer Familie Häuser besichtige, stehe sie in einer endlos langen Schlange mit anderen Familien. "Das ist emotional wie eine Achterbahn", sagt Frau K. In Neckarhausen habe sie ein Haus besichtigt, alles schien zu funktionieren diesmal. Dann erhielt im letzten Moment jemand anders den Zuschlag. "Das Haus haben jetzt Leute ohne Kinder bekommen", sagt Frau K., "das ist bitter."

Albtraum Eigenheim: Der Stress bei der Suche sei nicht gesund, sagt Frau K. "Es geht hier um Kinder, da braucht man jetzt etwas und nicht in 15 Jahren." Kurz nachdem sie die Absage für das Haus in Neckarhausen erhielt, war die Verzweiflung so groß, dass Familie K. sich entschied, die Anzeige mit der Vermittlungsgebühr im Mitteilungsblatt zu schalten. "Normalerweise bin ich etwas kühler", sagt Frau K., "aber in dem Moment wusste ich einfach nicht mehr weiter."

Auf die Anzeige von Familie K. im Mitteilungsblatt haben sich zwei Privatleute und eine Baufirma gemeldet. Ein Angebot ist noch zu lange hin, das andere sieht mittlerweile eher schlecht aus.

Info: Wo könnte Edingen-Neckarhausen wachsen? Darüber diskutiert der Gemeinderat heute Abend in seiner öffentlichen Sitzung, wenn es um den Vorentwurf des neuen Flächennutzungsplans geht. Los geht es um 18 Uhr im Bürgersaal im Edinger Rathaus, 3. Obergeschoss.

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