Keine Verschnaufpause, aber einige Highlights
Dielheims Bürgermeister Thomas Glasbrenner blickt auf 2021 zurück. 2022 stehen weitere Großprojekte an.

Von Sebastian Lerche
Dielheim. Ein zweites von der Coronakrise geprägtes Jahr ging zu Ende. Beim Spaziergang der RNZ zum Jahresrückblick hat Dielheims Bürgermeister Thomas Glasbrenner aktuelle Herausforderungen und einige Highlights geschildert.
Herr Glasbrenner, die Corona-Pandemie dauert an, aber: Hat etwas trotz allem gut geklappt? Oder musste auch etwas liegen bleiben?
Insgesamt bin ich mit unseren Projekten zufrieden. Die Corona-Pandemie und die Auswirkungen hemmen uns generell in unserem Tun. Aber ich kann für uns nicht sagen, es gäbe Projekte, die gar nicht funktioniert haben. Für mich gab es nichts, das komplett zurückgestellt werden musste, sondern wir konnten schon an allen Projekten arbeiten, wenn auch teilweise nicht in der Geschwindigkeit, wie wir uns vorgenommen hatten.
Die Corona-Maßnahmen, die wir auf kommunaler Ebene umsetzen müssen, kommen eben immer zum normalen Geschäft on top. Das war 2020 schwieriger als 2021, inzwischen hat sich ein kleines Bisschen Routine eingestellt, aber in Kombination hat das für das ein oder andere Projekt eine zeitliche Verschiebung bedeutet.
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War also die angespannte finanzielle Lage eher zu spüren als Corona?
Das ist eine andere Thematik. Wir sind nicht in der Situation, wo wir permanent aus dem Vollen schöpfen können. Wir müssen die Finanzen und vor allem die Verschuldung im Blick behalten. Aber wir sind trotzdem in der Lage, regelmäßig an unseren Themen zu arbeiten.
Bleiben wir bei der Finanzlage: Umstellung der Wasserversorgung und Sanierung der Leimbachtalschule sind auch 2022 große Ausgabeposten im Haushalt. Hinzu kommt der Kindergarten-Neubau in Horrenberg. Wie kann Dielheim das stemmen?
Man darf nicht vergessen, dass man in Dielheim im Vorfeld ein finanzielles Polster geschaffen hat, gerade im Hinblick auf Umbau und Sanierung der Leimbachtalschule. Der ein oder andere Euro an Zuschüssen kommt noch hinzu. Aber es wird nicht ohne die Aufnahme neuer Darlehen funktionieren. Wir müssen alle Projekte auf eine Zeitschiene setzen, die verträglich mit der Finanzierbarkeit ist.
Dabei müssen Sie die Schulden im Blick behalten ...
Es wird schon so aussehen, dass unsere Verschuldung deutlich steigt. Fast abgeschlossen sind die Leimbachtalschule mit insgesamt rund 15 Millionen und die Wasserversorgung mit 7,5 Millionen Euro. Der Kindergarten-Neubau war ursprünglich mit 4,3 Millionen Euro veranschlagt, jetzt ist absehbar, dass wir eine Kostenüberschreitung von 20 bis 25 Prozent zu stemmen haben.
Dennoch hat der aktuelle Haushaltsentwurf gezeigt, dass wir trotz allem einen fast ausgeglichenen Haushalt hinbekommen können. Aber weitere Darlehen werden unumgänglich sein – auch für künftige Projekte.
An was denken Sie da?
In der letzten Gemeinderatssitzung ging es auch darum, dass wir im kommenden Jahr in die Planungen zur Sanierung von Leimbachhalle und Kulturhalle mit Schwimmbad einsteigen. Wie wir vorgehen, liegt aber nicht nur an uns, da spielen andere Maßgaben auch eine Rolle, die wie Zahnräder ineinander greifen. Das Thema Ganztagsbetreuung an Grundschulen können wir beispielsweise nicht außen vor lassen, da sind wir auf Vorgaben von Landesseite angewiesen. Priorität hatten zunächst Kulturhalle und Schwimmbad, es könnte aber auch sein, dass wir, weil eben im Betreuungsbereich noch nicht alles klar geregelt ist, die Leimbachhalle priorisieren.
Man sieht schon, dass wir noch einiges vor der Brust haben – und das zusätzlich zu den übrigen Maßnahmen wie Wasserversorgung, Straßen- oder Kanalsanierungen.

Zurück zum Neubau des Horrenberger Kindergartens: Erste Arbeiten haben bereits begonnen, Sie drücken offensichtlich aufs Tempo ...
Wir sind momentan in Horrenberg am Anschlag, was die Belegung der Betreuungsplätze angeht: Wir können nur noch bedingt Kinder aufnehmen. Darüber hinaus haben wir das Neubaugebiet "Neuwiesen" in Aussicht. Wir brauchen den Kindergarten mit den erweiterten Kapazitäten dringend, um die Kinder, die bei uns aufwachsen, auch betreuen zu können.
Und Sie haben den Druck so stark gespürt, dass Sie sich nach den letzten Großprojekten keine Verschnaufpause gönnen?
Genau. Der Druck ist schon die ganze Zeit da. Wir sind eine wachsende Gemeinde, was auch gut ist. Das bedeutet aber auch, dass wir schauen müssen, wie wir die notwendigen Betreuungskapazitäten entsprechend vorhalten können. Von daher war klar, dass es gar keine Verschnaufpause gibt. Es kann sogar sein, dass wir zwischendurch eine weitere separate Betreuungsgruppe gründen müssen, die wir dann in einem anderen Gebäude unterbringen.
Dielheim hat verschiedene Weichen gestellt, um neuen Wohnraum zu ermöglichen. Was ist denn zeitnah möglich, was längerfristig angedacht?
Wir sind diesbezüglich breit gefächert unterwegs. Wir beschäftigen uns gerade mit dem Gebiet "Neuwiesen" in Horrenberg. Notwendige Verfahrensschritte wie Offenlage oder Beteiligung der Behörden sind in Pandemiezeiten schwierig, vom zeitlichen Ablauf klappt es nicht immer, wie wir uns das wünschen. Aber ich gehe davon aus, in 1,5 bis zwei Jahren können wir das Bebauungsplanverfahren abschließen, das Umlegungsverfahren läuft parallel, und in drei bis vier Jahren könnten wir die Erschließung umgesetzt haben. Wenn es schneller geht, umso besser.

Aber innerörtliche Flächen zu aktivieren, ist Ihnen ebenso wichtig.
So ist es. Die Planungen für die ehemalige Tabakmanufaktur in Dielheim, das Landfriedsche Anwesen, bringen wir zusammen mit einem Investor auf den Weg: 36 Wohneinheiten sollen entstehen.
Wir haben in Horrenberg neben der Nachverdichtung an der Ortsstraße noch eine Arrondierung: Am Eichbaum werden wir im nächsten Jahr den Hang durch eine Stützwand sichern, und auf der anderen Straßenseite soll künftig eine Wohnbebauung ermöglicht werden. Darüber hinaus beschäftigen wir uns momentan mit Sanierungsgebieten aus der Nachkriegszeit.
Was hat es damit auf sich?
Das ist eine städtebauliche Sanierungsmaßnahme für Gebiete, die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, in den 1950er Jahren und Anfang der 1960er, entstanden sind.
Dabei fließen keine Zuschüsse: Wenn jemand sein Anwesen modernisiert, kann er das Ganze steuerlich geltend machen. Wir versuchen, so Anreize zu schaffen, damit solche Gebiete nicht immer mehr verlassen werden.
Sie starten aber ebenso einen neuen Anlauf, um mit Dielheims Ortskern ins reguläre Landessanierungsprogramm aufgenommen zu werden ...
Das wäre für den ganzen Ort wichtig, sodass wir das Thema Wohnraum-Schaffung steuern oder die Ortsmitte gestalten können. In dem Zusammenhang ist mir auch die Renaturierung des Leimbachs wichtig.
Sie haben sich auch mit dem Regionalplan auseinandergesetzt, um langfristig Bedarf an neuen Wohngebieten anzumelden. Der Gemeinderat hat aber eins der größten abgelehnt …
Das war schon eine Überraschung. Mehrheitlich hat man im Rat Optionen für die Gemeindeentwicklung aus der Hand gegeben. Hierbei handelt es sich um das Gebiet "Viehberg" in Dielheim, Richtung Baiertal: Entgegen der Empfehlung der Verwaltung hat der Gemeinderat entschieden, es etwa um die Hälfte zu reduzieren. Allerdings haben wir noch eine andere Arrondierungsmöglichkeit: südlich der Schönbornstraße, das ist das Gebiet "Linsengrund".
Ich denke: Die Kombination von innerörtlicher Entwicklung und dem Anteil, mit dem wir nach außen wachsen, die passt bei uns. Wir sind auf einem guten Weg, um den Bedarf an Wohnbauflächen durch den Zuzug auch in den kommenden Jahren abdecken zu können.
Was hat Sie denn in diesem Jahr besonders geärgert?
Eins meiner Highlights ist verbunden mit dem, was mich dieses Jahr mit am meisten geärgert hat. Das war unser Projekt Vogelsbrunnengraben, das wir seit Längerem in der Planung haben …
Die alte Fischzuchtanlage, die renaturiert werden soll.
Genau. Im wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren hat eine der angehörten Fachbehörden sage und schreibe eineinhalb Jahre gebraucht, um eine Stellungnahme abzugeben. Von der wasserrechtlichen Genehmigung sind aber die Zuschüsse abhängig – durch die eingetretene zeitliche Verzögerung hieß es plötzlich: ,Aufgrund mittlerweile geänderter Priorisierungen können wir das Projekt nicht mehr fördern‘. Das hat mich extrem geärgert.
Umso erfreulicher: In Absprache mit den Wasserrechtsbehörden und in Zusammenarbeit mit dem Abwasser- und Hochwasserschutzverband Wiesloch haben wir geringfügig umgeplant und umdisponiert. In Kombination mit den Hochwasserschutzmaßnahmen, die zwischen Horrenberg und Balzfeld im kommenden Jahr starten sollen, bekommen wir hoffentlich die Zuschüsse für den Vogelsbrunnengraben genehmigt, um das Projekt 2022/23 endlich umzusetzen.
Was war ein Highlight?
Gegenüber dem Horrenberger Kindergarten, am Bach, haben wir ein 1100 Quadratmeter großes Grundstück erworben. Das gibt uns die einmalige Chance, dort gestalterisch tätig zu werden. Horrenberg hat keine klassische Ortsmitte: Kirche, Kindergarten und Apotheke konzentrieren sich dort, aber einen Dorfplatz haben wir dort beispielsweise nicht.
Mit dem Grundstück, das wir glücklicherweise erwerben konnten, können wir eine klassische Ortsmitte mit Aufenthaltscharakter und Spielmöglichkeiten schaffen, nachdem sich der große, öffentliche Spielplatz dort durch den Kindergarten-Neubau verkleinert.
Hat das Grundstück Bachzugang?
Ja, das hat den Charme, beides zu kombinieren: den Zugang zum Bach für einen Spielplatz und den Aufenthaltsbereich des Platzes Richtung Kreuzung von Garten- und Grundstraße. Oder vielleicht umgekehrt, da sind wir noch nicht festgelegt. Aber über diesen Grunderwerb haben wir diese wirklich große Chance, Horrenberg etwas Gutes zu tun.
Und es gibt noch mehr Highlights?
Unser Seniorennachmittag, das war ein schönes Erlebnis und ebenfalls eines meiner Highlights. Wir waren im Pfarrgarten, das Wetter und die Stimmung waren toll. Dieser Tag war auch für unsere Senioren wichtig, man hat es in den Gesprächen bemerkt: Alle waren froh, rauszukommen, andere Leute zu treffen, sich zu unterhalten, Musik zu hören, gemeinsam zu essen und zu trinken. An diesem Tag hat einfach alles zusammengepasst.
Ich bedanke mich ganz herzlich für ihren Einsatz bei den Verantwortlichen all unserer Vereine und Institutionen, Geschäftsleuten, Kindergärten, Schulen, Kirchen, meinem Mitarbeiterteam in der Gemeindeverwaltung und unserem Bauhof. Nicht zuletzt gilt mein besonderer Dank dem Gemeinderat sowie dem Ortsvorsteher.