Gewerbeflächenentwicklung Weinheim

Wird "Hintere Mult" zum Gewerbegebiet?

Verwaltung warnt vor Weggang des Filterherstellers "B & S"

04.04.2017 UPDATE: 05.04.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 3 Sekunden

Das Gebiet "Hintere Mult" in der gestrigen Abendsonne: Auf einem Teil dieses Geländes will sich einer der größeren Arbeitgeber der Stadt erweitern. Foto: Kreutzer

Weinheim. (web) Der Konflikt zwischen den Befürwortern und Gegnern neuer Gewerbeflächen ist wieder voll entbrannt: Im Vorfeld der heutigen Sitzung des Gemeinderats protestieren die Bürgerinitiative "Rettet die Breitwiesen", der Verein "Landerlebnis Weinheim" sowie der Bauernverband. Ebenso engagiert wirbt die Verwaltungsspitze für ihre Positionen.

Die gut 50 Seiten lange Beschlussvorlage hat es in sich. Es geht darin zwar um ein "Zukunftsthema", aber doch um zwei verschiedene Beschlüsse. Brisant ist der zweite Punkt: Dieser sieht erste Schritte zu einem zwölfeinhalb Hektar (Nettofläche: 9,8 Hektar) großen Gewerbegebiet im Bereich "Hintere Mult" vor.

Im ersten Abschnitt schlägt die Verwaltung dem Rat ein gemeinsames Vorgehen zum Thema "Gewerbeflächenentwicklung" vor. Hintergrund: Der 2013 getroffene Bürgerentscheid gegen eine großflächige Entwicklung der Breitwiesen an der A 5 hat seine Bindungskraft verloren. Die Verwaltung hat nun sämtliche Ratsgruppierungen und Interessenvertreter um Stellungnahmen gebeten. Die Meinungen sind grundverschieden. So ruft die Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar dazu auf, mehr Gewerbeflächen vorzuhalten - auch um für potenzielle Neuzugänge offenzubleiben. Derzeit würden Freiflächen vorwiegend für den Wohnungsbau in Anspruch genommen, beklagen die Industrievertreter. Auf der anderen Seite warnt der Verein "Landerlebnis" vor dem Fokus auf Gewerbesteuereinnahmen und dem damit verbundenen Flächenverbrauch.

Während die Widerstände gegen Gewerbe in den Breitwiesen groß sind, könnten sich viele mit einer Entwicklung des Tiefgewanns anfreunden. Doch laut neuesten Gutachten kann das Karlsruher Regierungspräsidium die Ausweisung dieser Flächen als Hochwasserschutzgebiet vorerst nicht zurücknehmen: Die Dämme an der Neuen Weschnitz sind nicht hoch genug, um einem Jahrhunderthochwasser standzuhalten.

Die Stadt will nun überprüfen lassen, ob und unter welchen Bedingungen eine Entwicklung des Tiefgewanns möglich wäre - wenn die Dämme ausgebaut würden. Dies erfordert weitere Gutachten.

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Die Verwaltung schlägt dem Rat nun vor, das Thema "Gewerbe" im Verlauf einer Klausurtagung im Juli zu beackern. Dabei sollen nicht Standorte im Mittelpunkt stehen - sondern der Bedarf von Unternehmen. Denn hier gibt es aus Sicht der Stadt Missverständnisse. Doch bis Juli vergeht Zeit. Und die hat Weinheim in der "Hinteren Mult" nicht, heißt es. Wichtigster Grund ist die Tatsache, dass sich der Filterhersteller "B & S Industrieservice" dringend erweitern will. Der 230 Mitarbeiter zählende Betrieb hat seinen Hauptsitz in der Olbrichtstraße, in einem kleinen Gewerbegebiet im Süden von Mult᠆ring und Westtangente. Als Erweiterungsfläche haben "B & S" und ein weiteres Unternehmen die Äcker zwischen diesem Gebiet sowie der Bahnlinie Heidelberg-Darmstadt im Osten und einer stillgelegten Bahntrasse im Süden ins Auge gefasst. "B & S" wolle schon bald 350 Arbeitsplätze vorhalten und das Unternehmen an einem Standort bündeln (aktuell gibt es ein Lager in Heppenheim). Doch dafür bräuchte die Firma 30.000 Quadratmeter Fläche. "B & S" habe die Stadt Anfang 2017 mit "konkreten Abwanderungsplänen" konfrontiert. Dies habe "bei der Verwaltung den Impuls gegeben, dem Gemeinderat die Möglichkeit eines schnellen Handelns für den Bereich der ’Hinteren Mult’ vorzuschlagen".

Die Erschließungsgegner halten das für Katastrophenrhetorik. Sie bestehen darauf, den Einstieg ins Bebauungsplanverfahren im Ausschuss für Technik und Umwelt vorzuberaten und die Klausur abzuwarten. Außerdem müssten die hier tätigen Bauern geschützt werden, heißt es.

Info: Der Gemeinderat tagt heute, 18 Uhr, im Schloss. Dabei wird auch über das weitere Vorgehen beim Thema Grundschulbetreuung abgestimmt. Für Bürgerfragen soll um 20 Uhr Zeit sein.

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