Edingen-Neckarhausen: Wäre ein Bebauungsplan für Mittelgewann anfechtbar?

"Nachgehakt" bei OGL, Nabu und Nachbarschaftsverband: Städtebauliche Kriterien und Naturschutz müssen abgewogen werden

15.03.2017 UPDATE: 16.03.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 55 Sekunden

Von Nicoline Pilz

Edingen-Neckarhausen. Das "Mittelgewann" ist seit 50 Jahren im Flächennutzungsplan als mögliches Baugebiet ausgewiesen. Ist das überhaupt noch zeitgemäß? Denn der Flächennutzungsplan und der 2014 veröffentlichte "Fachplan Landesweiter Biotopverbund" widersprechen sich: Der künftige Geltungsbereich eines möglichen Bebauungsplans fürs Mittelgewann überplant knapp zehn Kernflächen des Landesweiten Biotopverbundes. Das ist angesichts einer Bebauung insofern problematisch, da der Fachplan die rechtliche Schutzwirkung von Paragraf 21 des Bundesnaturschutzgesetzes genießt.

Die BI und der Naturschutzbund weisen stets daraufhin, dass eine Bebauung im Mittelgewann große Konflikte mit naturschutzrechtlichen Aspekten mit sich bringt. Kürzlich wurde für den Steinkauz eine Niströhre aufgestellt. Foto: Pilz

Thomas Hoffmann, Sprecher der Offenen Grünen Liste (OGL) und Mitglied der Bürgerinitiative "Bürgerbegehren Mittelgewann", hält daher einen künftigen Bebauungsplan fürs Mittelgewann für anfechtbar. "Wir müssen das noch überprüfen, aber ich würde es gut finden, wenn er einer richterlichen Überprüfung unterzogen würde."

Hoffmann meint, selbst wenn ein Bebauungsplan mit dem Flächennutzungsplan übereinstimme, müssten bei seiner Aufstellung und spätestens bei seiner Beschlussfassung Änderungen bei der Sach- und Rechtslage beachtet werden. "Vor allem, wenn der Flächennutzungsplan so alt ist wie hier." Eine Gemeinde können nicht einfach einen Bebauungsplan auflegen und dabei die Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes ignorieren.

Auf Anfrage beim Naturschutzbund (Nabu) Heidelberg, teilt dessen Zweiter Vorsitzender Sebastian Olschewski mit: "Auch das Rahmenkonzept Biotopverbund des Nachbarschaftsverbands weist das Mittelgewann als Schwerpunktbereich für Biotoperhaltung und -verbesserung aus. Es hebt die gute Biotopausstattung in hoher Komplexität und die damit verbundene Bedeutung als Lebensräume gefährdeter Arten hervor."

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Als Erhaltungs- und Entwicklungsziel werde ein Streuobstgürtel sowie strukturreiche Feldflur genannt. Olschewski: "Eine Bebauung würde diese wichtigen Funktionen vollständig entwerten."

Hintergrund

Im Vorfeld des Bürgerentscheids über das geplante Neubaugebiet Mittelgewann hat die RNZ unter der Überschrift "Nachgehakt" Thesen von Befürwortern und Kritikern aufgegriffen und sie noch einmal näher beleuchtet.

Thomas Hoffmann von der OGL und Mitglied in der

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Im Vorfeld des Bürgerentscheids über das geplante Neubaugebiet Mittelgewann hat die RNZ unter der Überschrift "Nachgehakt" Thesen von Befürwortern und Kritikern aufgegriffen und sie noch einmal näher beleuchtet.

Thomas Hoffmann von der OGL und Mitglied in der Bürgerinitiative Bürgerbegehren Mittelgewann, sagt, ein Bebauungsplan im Mittelgewann sei anfechtbar, da dieses eine Kernfläche im Biotopverbund darstelle. Darin wird er vom Nabu unterstützt. Der Nachbarschaftsverband sagt, eine Bebauung sei dennoch möglich. Eventuell müsse aber die Ausgleichsfläche erweitert werden. nip

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Während also einerseits der Nachbarschaftsverband im Gespräch mit der RNZ das "Mittelgewann" für bebaubar und problemlos vermarktbar erklärt, weist das Rahmenkonzept Biotopverbund des Nachbarschaftsverbands das Gewann als Schwerpunktgebiet für Biotoperhaltung und -verbesserung aus. Das Rahmenkonzept des Nachbarschaftsverbandes stammt aus dem Jahr 1999. "Es ist also seit vielen Jahren dokumentiert, dass das Mittelgewann eine wichtige Funktion im Biotopverbund erfüllt", meint Olschewski. Und ergänzt: "Ein Bebauungsplan, der gegen geltendes Recht verstößt, auch gegen das Bundesnaturschutzgesetz, ist rechtlich angreifbar."

Thomas Hoffmann kritisiert zudem, dass die nun im Gemeinderat vorgestellte Wohnbedarfsanalyse für Edingen-Neckarhausen, aufgelegt von dem Mannheimer Büro MVV Regioplan, die Berücksichtigung des "Artenschutzprogramms Feldhamsterschutz" bei der Bauleitplanung zwar als richtig bestätigt habe. "Der Biotopverbund wird aber nicht einmal erwähnt, obwohl er einen viel stärkeren rechtlichen Schutz genießt." Die Darstellung des Nabu sei inhaltlich korrekt, erklärt auf Nachfrage der Nachbarschaftsverband. Allerdings stimme die Schlussfolgerung, dass im Mittelgewann aus rein naturschutzrechtlichen Kriterien keine Bebauung möglich sei, so nicht.

Denn in der Gesamtabwägung könnten städtebauliche Kriterien höher bewertet werden, sagte Verbandsgeschäftsführer Martin Müller. "Eine Bebauung wäre trotzdem an dieser Stelle möglich." Erfahrungsgemäß sei dies bereits bei konfliktträchtigeren Gebieten geschehen.

Sollte der Bürgerentscheid am Sonntag, 26. März, zugunsten des Neubaugebiets ausfallen und die Kommune fürs Mittelgewann einen Bebauungsplan aufstellen, müsse sie alle ökologischen und naturschutzrechtlichen Aspekte nach Recht und Gesetz abarbeiten und alle Schutzfaktoren berücksichtige, so Müller.

Angesprochen auf die derzeit vorgesehene Ausgleichsfläche von vier Hektar sagte er, dass diese womöglich höher ausfallen könnte.

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