Panzerbataillon 363 Hardheim

"Badische Büffel" eher im Osten Europas als in Malis Wüste im Einsatz

Oberstleutnant Pascal Pane spricht im RNZ-Interview und die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs. "Soldaten müssen sich auf die Politik verlassen können".

24.06.2022 UPDATE: 25.06.2022 06:00 Uhr 3 Minuten, 44 Sekunden
Foto: Rechner
Interview
Interview
Oberstleutnant Pascal Pane
Kommandeur des Panzerbataillons 363

Hardheim. (dore) Durch den Ukraine-Krieg ist die Bundeswehr wieder verstärkt in den Fokus gerückt. Die RNZ hat sich mit dem Kommandeur des Panzerbataillons 363, Oberstleutnant Pascal Pane, im Vorfeld des öffentlichen Appells in Hardheim über die Auswirkungen des Kriegs auf Deutschland und die Bundeswehr, aber auch über den Aufbau des Panzerbataillons unterhalten.

Herr Kommandeur Oberstleutnant Pascal Pane, sind Sie zufrieden mit "Ihren" Soldaten und der Entwicklung des Panzerbataillons 363?

Der Aufbau verläuft sehr zufriedenstellend. Natürlich mit Höhen und Tiefen, aber insgesamt sind wir nicht nur auf dem richtigen Weg, sondern bereits auf diesem so erfolgreich unterwegs, dass man uns die Aufgabe der "enhanced Forward Presence Battlegroup" (eFP BG) in Litauen beginnend ab August 2023 für sechs Monate übertragen wird. Auf dieses Ziel sind nun der gesamte weitere Aufbau und die Ausbildung ausgerichtet.

Wie viele Soldaten sind bislang in Hardheim sesshaft geworden?

Bisher sind 15 Soldaten und Soldatinnen in der Region ansässig geworden. Die überwiegende Anzahl ist aber Wochenendpendler mit durchschnittlich 250 Kilometern Entfernung zwischen Wohn- und Dienstort. Das ist aber gerade in der Aufstellungsphase nicht erstaunlich, da wir ja die meisten Soldaten aus verschiedensten Einheiten bekommen. Insgesamt hat sich die Bundeswehr immer mehr hin zu einer Pendlerarmee gewandelt und viele nehmen es freiwillig auf sich, wöchentlich zu ihrem Heimatort zu pendeln. Ich hoffe aber, dass sich dieses Verhältnis ändern wird und immer mehr Soldaten des Bataillons aus der hiesigen Region kommen werden – allerdings wird das seine Zeit brauchen, da gehen dann schon einmal schnell zehn Jahre ins Land.

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Machen Sie sich Sorgen wegen des Ukraine-Kriegs?

Ein Krieg ist immer ein Grund, sich Sorgen zu machen – zumal, wenn er sozusagen fast vor der "eigenen" Haustüre stattfindet. Insbesondere die Frage, wohin sich dieser Krieg entwickelt, treibt mich um, da es aktuell keine Grundlage für Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland zu geben scheint. Weder die Sanktionen des Westens noch die Aufrüstung der ukrainischen Streitkräfte scheinen Putin an den Verhandlungstisch zu zwingen.

Welche Gefahr besteht Ihrer Meinung nach für Deutschland?

Die Gefahren sind meines Erachtens nach doch sehr vielfältig und oftmals zunächst keine militärischen – beispielsweise direkte Gefahren wie die Sicherheit der Energieversorgung oder ein kostspieliges Wettrüsten. Aber wir werden auch indirekte Folgen zu spüren bekommen wie steigende Lebensmittelpreise, Hungersnöte auf Grund des fehlenden ukrainischen Getreides und die zukünftigen Kosten des notwendigen Wiederaufbaus der Ukraine, um nur einige zu nennen. Zusätzlich bin ich der Meinung, dass man die latente Gefahr einer militärischen Auseinandersetzung zwischen der Nato und Russland nicht gänzlich ausschließen kann.

Umso wichtiger ist es, dass die Bundesregierung als auch die Regierungen der Nato-Staaten weiterhin auf der einen Seite sehr darauf bedacht sind, dass wir nicht in einen Krieg hineinschlittern. Auf der anderen Seite muss dem Regime Putins aber auch klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden, dass wir gewillt sind, alle unsere Mittel und Fähigkeiten im Falle eines Falles, eben auch militärische, einzusetzen. Hier wandelt die Politik auf einem schmalen Grat.

Spanien will wohl Leopard-2-Panzer an die Ukraine liefern. Für wie hilfreich erachten Sie diese für das kriegsgebeutelte Land?

Grundsätzlich geht es doch nicht um die Frage nach Leopard-Panzern, sondern darum, inwieweit die ukrainischen Streitkräfte mit schwerem Gerät – vornehmlich aus Nato-Staaten – ausgerüstet werden. Zu Beginn des Kriegs musste mit Kriegsmitteln unterstützt werden, die schnell und ohne große Ausbildung eingesetzt werden konnten, um den Angriff der russischen Streitkräfte aufzufangen. Das hat erstmal funktioniert und insbesondere im Raum Kiew konnte der Angriff sogar zurückgeschlagen werden.

Mit zunehmender Kriegsdauer verliert allerdings die ukrainische Armee kriegswichtiges Großgerät, also Panzer, Schützenpanzer, Panzerhaubitzen etc. in erheblicher Anzahl auf den Schlachtfeldern. Auch wenn die Ukraine über eine große Rüstungsindustrie verfügt hat, ist sie auf Grund der Kriegsfolgen nicht mehr in der Lage, dieses Kriegsgerät selber zu produzieren – ganz zu schweigen davon, dass die Produktionszahlen nicht ausreichend wären. Wer also möchte, dass die Ukraine weiterhin den Krieg im eigenen Land gegen Russland führen kann, muss meines Erachtens auch das notwendige Großgerät inklusive Ausbildung, Munition und Wartung liefern.

Was glauben Sie, wie lange der schreckliche Krieg noch andauern wird?

Viele, auch sogenannte Experten, haben noch nicht einmal mit einem Angriff gerechnet – wie soll man da nun das Ende vorhersagen? Ich hoffe darauf, dass es zumindest zu einer Chance auf einen Waffenstillstand und seriösen Verhandlungen kommt – aber auch dieses zeichnet sich aktuell leider nicht ab. Eine wirklich schwierige Situation.

Wie Bundeskanzler Scholz kürzlich verkündete, wird Deutschland die Nato-Ostflanke verstärken. Könnte das auch Hardheimer Soldaten betreffen?

Das Panzerbataillon 363 hat bereits Ende des Jahres 2021 die Aufgabe bekommen, ab August 2023 die sogenannte "enhanced Forward Presence Battlegroup" in Litauen zu stellen. Insofern werden wir per se Teil des Schutzes der Nato-Ostflanke sein – dies war aber bereits vor dem Ausbruch des Kriegs entschieden und ist keine unmittelbare Reaktion darauf.

Welche Auslandseinsätze haben Sie selbst bereits absolviert?

Ich war in zwei Auslandseinsätzen. Das war für jeweils vier Monate: 2000 im Kosovo als S2-Offizier für militärische Sicherheit und 2019 im Irak als Chef des Stabes deutscher Kräfte.

Wie hoch schätzen Sie generell die Wahrscheinlichkeit eines Auslandseinsatzes der Hardheimer Soldaten, außerhalb der geplanten in Litauen, ein?

Aktuell stelle ich für mich fest, dass der politische Wille in Berlin auf Auslandseinsätze wie zum Beispiel in Afghanistan nachgelassen hat. Ich denke, dass wir in den nächsten Jahren erheblich mit der Lage im Osten Europas und damit mit der Landes- und Bündnisverteidigung beschäftigt sein werden. Insofern wird der "badische Büffel" wohl eher im Osten Europas zu sehen sein als in der Wüste von Mali. Aber am Ende ist das für mich gar nicht die entscheidende Frage. Vielmehr ist für mich wichtiger, dass wir dauerhaft und politisch verlässlich die Bundeswehr mit den Mitteln und Ressourcen ausstatten, um sowohl für Auslandseinsätze als auch im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung vollumfänglich eingesetzt werden zu können. Bisher konnte sich Deutschland auf seine Soldaten verlassen – umgekehrt möchten wir dies eben auch.

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