Landtagspräsidentin Muhterem Aras besuchte die KZ-Gedenkstätte
Ihr besonderes Augenmerk galt den Ehrenamtlichen. Ein Generationenwechsel steht bevor.

Von Brunhild Wössner
Neckarelz. Auf dem ehemaligen Appellplatz des Konzentrationslagers in Neckarelz, jetzt Schulhof der Clemens-Brentano-Schule, begrüßte die vierte Klasse Muhterem Aras, Landtagspräsidentin in Baden-Württemberg, mit einem Lied. Nach einem Jahr pandemiebedingter Pause war sie nun zum vierten Mal auf einer Gedenkstättenreise. Ihr besonderes Augenmerk galt dabei dem größtenteils ehrenamtlich tätigen Personal in den Gedenkstätten. Viele der Frauen und Männer, die oft mit großem persönlichen Engagement Erinnerungsorte im ganzen Land seit ihrer Eröffnung begleiten, müssen ihre Einsatzzeiten altersbedingt reduzieren oder scheiden sogar ganz aus.
Die Landtagspräsidentin besucht in diesem Jahr die Gedenkstätten in Nordbaden, gleich der erste Halt führte sie nach Neckarelz. Ein Besuch des Maria-Zeitler-Pfades auf dem Gelände der Johannes-Diakonie in Mosbach stand danach auf dem Programm, gefolgt von einem Gespräch zur Thematik "Gedenkstättenverbund im Neckar-Odenwald-Kreis". Am zweiten Tag ihrer Reise machte Aras Station im Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg und schloss ihr Programm mit einem Besuch der ehemaligen Synagoge und dem jüdischen Friedhof in Hemsbach.
Der gemeinsame Rundgang mit der Landtagspräsidentin durch die Gedenkstätte stand ganz im Zeichen der "pädagogischen Arbeit" dieses Erinnerungsortes, so Dorothee Roos, Vorsitzende des Vereins KZ-Gedenkstätte. Roos erläuterte, dass man die Gedenkstätte zuerst als Lernort verstehe und dabei mit zahlreichen Schulen kooperiere. In den letzten Wochen sei man von vielen Gruppen "förmlich überrannt" worden, wobei sich die Bandbreite von der Förderschule bis hin zur Universität erstrecke. Auf Nachfrage von Aras gab Roos an, dass bis zu 2500 Besucher im Jahr diesen Erinnerungsort besuchen, 80 bis 100 Gruppen seien im Schnitt zu Gast. In diesem Jahr sei nach dem Ende der Kontaktbeschränkungen die Nachfrage besonders groß.
An der ersten Station ihres Rundgangs konnte sich die Präsidentin des Landtags sogleich einen Überblick über die Lage der Außenlager im Land machen. Sie zeigte sich sehr erstaunt über die große Konzentration in Baden-Württemberg und im Elsass. Erinnerungsarbeit "ist hier eine grenzüberschreitende Sache", merkte Roos an.
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Die hiesige Region sei von November 1944 bis März 1945 ein Knotenpunkt im Netzwerk der Außenlager gewesen. So habe sich die Kommandantur der Lager in Guttenbach und die Fahrbereitschaft in diesem Zeitraum in Neunkirchen befunden. Die ...
Von Brunhild Wössner
Neckarelz. Auf dem ehemaligen Appellplatz des Konzentrationslagers in Neckarelz, jetzt Schulhof der Clemens-Brentano-Schule, begrüßte die vierte Klasse Muhterem Aras, Landtagspräsidentin in Baden-Württemberg, mit einem Lied. Nach einem Jahr pandemiebedingter Pause war sie nun zum vierten Mal auf einer Gedenkstättenreise. Ihr besonderes Augenmerk galt dabei dem größtenteils ehrenamtlich tätigen Personal in den Gedenkstätten. Viele der Frauen und Männer, die oft mit großem persönlichen Engagement Erinnerungsorte im ganzen Land seit ihrer Eröffnung begleiten, müssen ihre Einsatzzeiten altersbedingt reduzieren oder scheiden sogar ganz aus.
Die Landtagspräsidentin besucht in diesem Jahr die Gedenkstätten in Nordbaden, gleich der erste Halt führte sie nach Neckarelz. Ein Besuch des Maria-Zeitler-Pfades auf dem Gelände der Johannes-Diakonie in Mosbach stand danach auf dem Programm, gefolgt von einem Gespräch zur Thematik "Gedenkstättenverbund im Neckar-Odenwald-Kreis". Am zweiten Tag ihrer Reise machte Aras Station im Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg und schloss ihr Programm mit einem Besuch der ehemaligen Synagoge und dem jüdischen Friedhof in Hemsbach.
Der gemeinsame Rundgang mit der Landtagspräsidentin durch die Gedenkstätte stand ganz im Zeichen der "pädagogischen Arbeit" dieses Erinnerungsortes, so Dorothee Roos, Vorsitzende des Vereins KZ-Gedenkstätte. Roos erläuterte, dass man die Gedenkstätte zuerst als Lernort verstehe und dabei mit zahlreichen Schulen kooperiere. In den letzten Wochen sei man von vielen Gruppen "förmlich überrannt" worden, wobei sich die Bandbreite von der Förderschule bis hin zur Universität erstrecke. Auf Nachfrage von Aras gab Roos an, dass bis zu 2500 Besucher im Jahr diesen Erinnerungsort besuchen, 80 bis 100 Gruppen seien im Schnitt zu Gast. In diesem Jahr sei nach dem Ende der Kontaktbeschränkungen die Nachfrage besonders groß.
An der ersten Station ihres Rundgangs konnte sich die Präsidentin des Landtags sogleich einen Überblick über die Lage der Außenlager im Land machen. Sie zeigte sich sehr erstaunt über die große Konzentration in Baden-Württemberg und im Elsass. Erinnerungsarbeit "ist hier eine grenzüberschreitende Sache", merkte Roos an.
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Die hiesige Region sei von November 1944 bis März 1945 ein Knotenpunkt im Netzwerk der Außenlager gewesen. So habe sich die Kommandantur der Lager in Guttenbach und die Fahrbereitschaft in diesem Zeitraum in Neunkirchen befunden. Die ausgestellten Karten zeigen, dass sich am Neckar die Lager ballten. Im nächsten Raum ist dargestellt, worin der Daseinszweck des Lagers bestand. Es war die Herstellung von Flugzeugmotoren, die nach dem Bombardement auf das Werk bei Berlin von Daimler Benz in unterirdischen Stollen produziert werden sollten. Jakob Schlegel, Mitglied im Vorstand, wies auf den Flugzeugmotor im Raum hin, der eine Dauerleihgabe des Stuttgarter Autobauers ist. Hierbei entspann sich spontan eine kurze Diskussion über die Anerkennung von NS-Verbrechen durch Industrieunternehmen. Während sich Daimler zu diesem Teil seiner Unternehmensgeschichte bekennt, sind andere betroffene Unternehmen zurückhaltender.
Als Antwort auf Journalistenfragen stellt Aras die Bedeutung der Gedenkstätten heraus. Gerade weil es kaum noch Zeitzeugen gebe, hätten die Gedenkstätten in der heutigen Zeit eine wichtige Aufgabe. Die dort betriebene Erinnerungsarbeit würde dazu beitragen, dass "wir die Grundwerte und unser Grundgesetz vor dem Hintergrund der menschenverachtenden Verbrechen in der NS-Zeit besser verstehen". Dabei leisteten Gedenkstätten eine wirksame Prävention gegen Hass und Antisemitismus.
Methodisch-didaktische Aspekte des Gedenkstättenkonzepts, wie etwa das "selbstständige Entdecken" vor Ort oder das "Prinzip des entdeckenden Lernens", eine Art digitale Schnitzeljagd auf dem Obrigheimer Goldfischpfad, erläuterten die Vorstandsmitglieder Hans-Peter Haas und Bernhard Edin sowie der Realschüler Connor Mittelstaedt.
Beim anschließenden Gedankenaustausch beschäftigte man sich mit der Frage einer dauerhaften und nachhaltigen Absicherung der Gedenkstättenarbeit. Landrat Dr. Achim Brötel wies darauf hin, dass alle Gedenkstätten in der Region ehrenamtlich geführt und getragen würden, vornehmlich von Rentnern. Um die Arbeit auf eine "gute Grundlage" zu stellen, schlug der Landrat vor, die Gedenkstätten über eine zu schaffende Stelle zu vernetzen, die die ehrenamtlichen Aktivisten koordiniert und organisiert.
Auch die Landtagspräsidentin sieht den anstehenden Generationswechsel in den Gedenkstätten. Die überwiegende Anzahl der Landtagsabgeordneten stehe entschieden hinter den Gedenkstätten und der dort geleisteten Arbeit. Auf ihre Frage nach seiner Arbeit in Verbindung mit der Gedenkstätte, sieht Bernhard Edin eine Schlüsselrolle für "Multiplikatoren mit einer pädagogisch-didaktischen Ausbildung". Diese könnten die Botschaften der Erinnerungsorte am besten in die Schulen hineintragen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Schülerinnen und Schüler besonders mit projektbezogenen Lernformaten begeistert werden können.