Eberbach

Beim "Sommernachtstraum" kamen alle auf ihre Kosten

Die Badische Landesbühne präsentierte ein Liebesdrama in einer Fantasiewelt um Athen.

27.06.2022 UPDATE: 28.06.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden
Handwerker Klaus Zettel zeigt vollen Einsatz, aber seine Kollegen belächeln die großen schauspielerischen Ambitionen ihres Freundes eher. Foto: Moritz Bayer

Von Moritz Bayer

Eberbach. Mit dem Träumen ist es so eine Sache. Traumhaft schön und albtraumhaft gruselig können mitunter nah beieinanderliegen. Die Badische Landesbühne spielte geschickt mit beiden Varianten und entführte etwa 100 Gäste am Freitagabend in der Stadthalle auf eine Reise der Träume und Fantasie in Shakespeares "Ein Sommernachtstraum". Dass die Vorstellung wegen des angesagten Regens, der spät, aber heftig kam, spontan nach drinnen verlegt werden musste und nicht wie ursprünglich geplant auf dem Leopoldsplatz stattfinden konnte, tat dem Amüsement der Zuschauer keinen Abbruch - im Gegenteil wäre im Freien vielleicht der ein oder andere Schrei nicht ganz so schön zur Geltung gekommen.

Liebesdrama in einer Fantasiewelt um Athen: Vom Quartett der Frauen Hermia und Helena sowie der Männer Demetrius und Lysander ist jeder Einzelne verliebt. Glücklich, oder zumindest unproblematisch allerdings niemand. Denn während Hermias Vater sie Demetrius versprochen hat, liebt diese eigentlich Lysander, der ihrem Vater nicht gut genug ist. Helena ist verrückt nach Demetrius, der aber lieber Hermia hätte. So verabreden sich Lysander und Hermia im nah gelegenen Wald, um des Vaters Urteil zu entgehen und ein traumhaftes Leben in Zweisamkeit führen zu können. Die eifersüchtige Helena schickt Demetrius hinterher, um in seiner Sympathie zu steigen - das erweist sich zunächst als Albtraum, denn selbst ihr "Du bist der Nordpol, ich die Kompassnadel", bringt den Traummann nur zu weiteren, bösen Abweisungen.

Ebenfalls im Wald verabredet ist eine kleine Truppe Handwerker, die allenfalls zweitklassige Schauspieler abgeben. Das hält sie nicht davon ab, für ein Stück proben zu wollen, welches sie bei der bevorstehenden Hochzeit des Herzogs Theseus von Athen und dessen Frau Hippolyta aufführen wollen. Aus dem "genialsten Spektrum" wird bei den "Profis" hier schon mal das "genitalste Rektum", nicht nur den Zuschauern schwant Böses. Zu allem Unheil hat im Wald der Elfenkönig Oberon noch seine Finger im Spiel. Aufgrund eines Machtkampfes mit seiner Frau Titania beauftragt er seinen Diener Puck, Titania mittels eines Liebesbanns aus dem Saft einer Blume zu verwirren. Die erste Person, die man nach dem Aufwachen sieht, ist fortan das Ein und Alles für das Trankopfer. So möchte Oberon aber auch Helena unter die Arme greifen. Puck verwechselt die schlafenden Menschen aber und sorgt für reichlich Action:

Auf einmal lieben beide Männer Helena statt Hermia, was Erstere nicht glauben kann und einen bösen Scherz befürchtet. So beschuldigt sie Hermia, mit der sie eigentlich befreundet ist, gegen sie zu intrigieren. Herrlich choreografierte Verfolgungsjagden ließen die Zuschauer mitlachen und -leiden. Titania ist derweil dem Handwerker Klaus Zettel verfallen, dem Puck aber Eselsohren und - Schwanz als "Zugabe" verpasst hat. Als Oberon vor drohenden Duellen zwischen den Männern ein Einsehen hat und zusammen mit Puck den Zauber rückgängig macht, hat Zettel die Lacher des Publikums sicher, als er traumhaft amüsant darstellt, dass ihm nicht sämtliche Körperteile in Eselgröße auf Dauer gesehen missfallen hätten.

Auch interessant
Eberbach: Es gibt noch Karten für den Sommernachtstraum
Mosbach: Wer der David Bowie war, wird ein Mythos bleiben
Mosbach: Mit Major Tom im Raumschiff von David Bowie

Da von allen Rückverzauberten lediglich Demetrius bei seiner Liebe zu Helena bleibt, hat schlussendlich jeder Topf seinen Deckel gefunden. Auch die Handwerker sind froh, ihren "alten" Zettel wiederzuhaben. Der aufgetauchte Herzog spricht bei Hermias Vater ein Machtwort und ruft spontan eine Dreifach-Hochzeit aus. Dort "bewundern" die Paare dann die fehlerhafte und dennoch unterhaltsame Show der schauspielenden Handwerker. Deren Spaßfaktor lässt die Hochzeitspaare generös über lustige Malheurs wie "Minusgrade" statt "Minos Grabe" hinwegsehen, spätestens als die Truppe zur Musik von "Staying Alive" zum Tanz aufruft, nachdem sie sich in ihrem Stück eigentlich alle umgebracht haben, hält es auf der Hochzeit niemanden mehr auf den Füßen.

Lautstark applaudierendes Publikum in der Stadthalle stellte unmissverständlich die Botschaft des Stückes klar: Liebe macht eben einfach blind - und in Träumen, welcher Art auch immer, ist alles erlaubt.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.