Vorsicht vor dem Eichenprozessionsspinner
Brennhaare des TIers können allergischer Reaktionen auslösen

Von Martin Bernhard
Buchen. Eigentlich hätte es ein schöner Ausflug werden sollen. Die Familie nahm zwischen Hettingen und dem "Großen Wald" Platz auf einer idyllisch gelegenen Sitzgruppe mit Steintisch, beschattet von einem Kreis aus zehn Eichen. Ein idealer Platz zum Picknicken – eigentlich. Denn nach kurzer Zeit juckte es im Nacken, Gesicht und an den Beinen. Die Bäume sind vom Eichenprozessionsspinner befallen. Die giftigen Härchen seiner Larven können Juckreiz und allergische Reaktion auslösen.
Die Betroffenen informierten die Forstverwaltung darüber. Diese sperrte die Baumgruppe mit einem Trassierband ab und wies mit Schildern auf die Gefahren durch die Raupen des nachtaktiven Falters hin. "Wir spritzen nicht mit Insektiziden", sagt Bernhard Linsler, Revierleiter-Ost von der Stadtverwaltung Buchen. "Das wäre zu teuer. Außerdem sind die Bäume nicht in ihrer Existenz gefährdet."

Die Raupen des Eichenprozessionsspinners schaden nicht nur dem Menschen, sondern auch den Bäumen. Denn nachts machen sich die Raupen in "Prozessionen" aus 20 bis 30 Tieren hintereinander auf den Weg aus ihren Nestern in die Baumkrone. Dort fressen sie ganze Äste kahl. Doch dank des sogenannten "Johannistriebs" Ende Juni kann die Eiche den Kahlfraß kompensieren. Dann haben die Raupen des Falters in der Regel ihre sechs Larvenstadien durchlaufen und verpuppen sich in ockerfarbenen Kokons. Nach drei bis fünf Wochen schlüpfen die ersten Falter.
Bernhard Linsler zählt in unseren Raum den Eichenprozessionsspinner nicht zu den Hauptschädlingen der Eiche. Der Schwammspinner, der Frostspanner und der Eichenwickler können der Eiche ebenfalls zu schaffen machen. In wärmeren Regionen, wie dem Kraichgau oder der Rheinebene, allerdings ist die Gefahr durch den Prozessionsspinner deutlich größer. Denn der Falter und seine Larven mögen es warm. Deshalb sind meist alleinstehende Bäume oder Baumgruppen sowie Bestände am Waldrand befallen.
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Linsler weist in der Baumgruppe bei Hettingen auf die gut erkennbaren Gespinste des Falters beziehungsweise seiner Raupen hin. Diese befinden sich meist in Astgabeln oder am Stamm. Mit bloßem Auge kann man gut die behaarten Raupen und die leeren Raupenhäute darin erkennen. Die Brennhaare verfügen über Widerhaken und enthalten das Eiweiß Thaumetopoein, das allergische Reaktionen bei Mensch und Tier auslösen kann. Die Haare sind über mehrere Jahre hinweg giftig. Deshalb sollte man nicht nur akut befallene Eichen meiden, sondern auch welche, die über leblose Gespinste verfügen.
Stark befallen vom Eichenprozessionsspinner war im vergangenen Jahr auch eine Baumreihe in der Nähe des Grillplatzes bei Götzingen. In diesem Jahr scheinen die Bäume frei von dem Schädling zu sein. Auch keine alten Gespinste sind an Stamm und Krone zu sehen.
Das Landratsamt des Neckar-Odenwald-Kreises bestätigt in einer Pressemitteilung, dass das Tier in unserer Region im Wald nicht bekämpft wird. "Das wäre vergleichbar mit dem Kampf gegen Windmühlen. Der Eichenprozessionsspinner gehört wie Zecken zu den waldtypischen Risiken, mit denen man aber durch Vorsichtsmaßnahmen gut umgehen kann", betont der zuständige Fachdienstleiter Jörg Puchta.
Am besten sollte man in Wäldern mit Eichenbeständen auf dem Weg bleiben und generell Abstand zu dieser Baumart halten. Wer Nester oder Gespinste des Eichenprozessionsspinners zerstört, setzt die gefährlichen Brennhaare frei. Deshalb sollte man dies unterlassen. Bernhard Linsler weist auch auf die Gefahren für Waldarbeiter beim Waldeinschlag hin. Auch für Brennholzmacher ist erhöhte Vorsicht geboten.
Wer Eichenholz von ehemals befallenen Bäumen zersägt und dabei Brennhaare aufwirbelt, wird dies möglicherweise mit allergischen Reaktionen und unangenehmem Juckreiz büßen müssen. In diesem Fall rät das Landratsamt dazu, die Kleider zu wechseln, sich zu duschen und die Haare zu waschen. Bei stärkeren Symptomen sollte man zum Arzt gehen, empfiehlt die "Schutzgemeinschaft Deutscher Wald".



