Vorsicht bei dieser haarigen Angelegenheit im Grünen
Der Eichenprozessionsspinner ist zurück: Im RNZ-Interview spricht Jörg Puchta über die Gesundheitsgefahr für Menschen und Tiere

Von Alexander Rechner
Neckar-Odenwald-Kreis. Rötungen, Reizungen von Haut und Augen sowie allergische Schocks. Der Eichenprozessionsspinner sorgt im Landkreis für Probleme. Die Stadt Mosbach hat mittlerweile am Elzuferradweg hinter der Agentur für Arbeit ein Schild aufgestellt, das die Spaziergänger und Radfahrer vor dem Eichenprozessionsspinner warnen soll. Wie die Stadtverwaltung auf Anfrage mitteilt, soll er dort möglichst zeitnah bekämpft werden. Welche Gefahr von dem Eichenprozessionsspinner ausgeht, wo er zu finden ist und was nach einem Kontakt zu tun ist, verdeutlicht Jörg Puchta, Fachdienstleiter Forst beim Landratsamt, im Gespräch mit der RNZ.
Wo hält sich der Eichenprozessionsspinner am liebsten auf?

Puchta: Da Eichenprozessionsspinner warm-trockenes Klima bevorzugen, kommt ihnen die Klimaveränderung sehr entgegen. Insbesondere in lichten Eichenwäldern oder an Bestandsrändern findet man ihn häufig. In Trockenjahren neigt der Eichenprozessionsspinner zu Massenvermehrungen, und man findet ihn sowohl an Einzelbäumen wie auch in geschlossenen Beständen unterschiedlichen Alters.
Was macht seine Härchen gefährlich?
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Die Entwicklung der Raupen umfasst sechs Stadien. Kritisch werden die Brennhaare ab dem dritten Larvenstadium, was je nach Witterung bereits im Mai und Juni sein kann. Die mit einem Widerhaken versehenen, ca. 0,2 Millimeter langen Brennhaare brechen leicht ab und setzen dann ein Eiweiß frei, das zu allergieähnlichen Symptomen führt. Die Haut reagiert mit heftigem Juckreiz, rötet sich und bildet Quaddeln. Je nach Kontakt kann sich auch eine Bindehautentzündung mit roten Augen und geschwollenen Lidern entwickeln. Gerät das Gift in die Atemwege, können sich Nase, Rachen und Bronchien entzünden, in besonders schweren Fällen kann Atemnot auftreten.
Wie können sich Spaziergänger und Radfahrer vor den Raupen schützen?

Generell sollten Raupen und deren Gespinste nicht berührt werden. Bei Massenvermehrungen sollte man im Wald auf den Wegen bleiben und nicht durch die Bestände wandern. Da meist Hautbereiche betroffen sind, die nicht bedeckt waren, sollte man sich entsprechend kleiden und den Brennhärchen und Gespinstresten so wenig wie möglich unbedeckte Haut als Angriffsfläche bieten.
Was sollen die Menschen nach einem Kontakt machen?
Besteht der Verdacht, dass man in Kontakt mit Raupen oder auch nur Gespinstresten gekommen ist, sollte man zuhause, möglichst im Freien, sofort die Kleidung wechseln, die Schuhe nass reinigen, die Kleidung waschen und sich selbst ebenfalls gründlich duschen und die Haare waschen. Bei Hautreaktionen sollte der Hausarzt aufgesucht werden, da entzündungshemmende Cremes und eventuell Medikamente Linderungen verschaffen können. Auch Hunde sind durch ihr Herumschnüffeln gefährdet, die ebenfalls allergische Reaktionen zeigen können.
Haben sich die Tiere in den letzten Jahren im Landkreis vermehrt?
Dies kann man so nicht sagen. Der Eichenprozessionsspinner bzw. dessen Raupen kommen im Kreis jedes Jahr mehr oder weniger regelmäßig vor, oft von der Bevölkerung gänzlich unbemerkt. Insbesondere im Baulandbereich und dort, wo die Eiche etwas häufiger vorkommt, müssen wir immer mit den Tieren rechnen. Aufgrund des Klimawandels beobachten und erwarten wir aber ein generell häufigeres Auftreten.
Wie bekämpft man den Eichenprozessionsspinner?
Im Wald würde man die Tiere erst nach einem mehrmaligen Eichenkahlfraß bekämpfen, da der Eiche durch den Johannistrieb, der zeitlich verzögert kommt, eine hohe Regenerationskraft gegeben ist. Als natürliche Feinde sind Ei- und Raupenparasiten wie Raupenfliegen und Schlupfwespen, aber auch räuberische Käferarten zu nennen. Aufgrund der giftigen Haare trauen sich von den Vögeln nur wenige Arten wie Kuckuck und Pirol an die Raupen. Ob die Eichenprozessionsspinner dadurch entsprechend dezimiert werden, ist aber fraglich. In sensiblen öffentlichen Bereichen wie Kindergärten, Innenstadtbereich, Friedhof oder in Baugebieten direkt am Wald sollten Kommunen gezielte mechanische oder thermische Bekämpfungen nicht ausschließen. Der Erfolg hängt entscheidend vom Entwicklungsstadium der Raupen ab. Wenn sich die Raupen in den Gespinsten verpuppen und immobil sind, sind die Chancen am besten. Der Einsatz von Insektiziden ist auf das Sorgfältigste abzuwägen.



