Hauchdünn für Baumkataster entschieden
Nach lebhafter Diskussion im Gemeinderat fiel die Abstimmung sieben zu sechs aus.

Von Marcus Deschner
Schönbrunn. Heftig umstritten war in der Gemeinderatssitzung am Freitag im Feuerwehrhaus der Grundsatzbeschluss zur Erstellung eines Baumkatasters. Um es vorwegzunehmen: Nach rund dreiviertelstündiger, teils sehr konträr geführter Diskussion stimmte das Gremium mit denkbar knapper Mehrheit von sieben zu sechs Stimmen für das Ansinnen, für das Bürgermeister Jan Frey geradezu leidenschaftlich warb.
Wie er in der Sitzung ausführte, sei sich die Verwaltung seit Jahren der Verpflichtung zur Führung eines Baumkatasters und der möglichen Folgen einer vernachlässigten Verkehrssicherungspflicht bewusst. Und bei einem Unglücksfall stehe er persönlich in der Haftung. Aus Kostengründen sei die auch vom Badischen Gemeinde-Versicherungsverband (BGV) immer wieder angemahnte Aufgabe auf individuelle Bäume und Anlässe beschränkt worden.
"Die in diesem Jahr durchgeführte Überprüfung der Gerichtslinde in Haag, der Friedenseiche in Schönbrunn und insbesondere des Baumbestands in den Außenanlagen der kommunalen Kindergärten hat der Verwaltung erneut die Dringlichkeit eines Baumkatasters und der regelmäßig erforderlichen Kontrollen sowie der Dokumentation vor Augen geführt", heißt es dazu in der Verwaltungsdrucksache. Im Gegensatz zu Bäumen im Wald oder in der freien Feldlage bestehe für den innerörtlichen Baumbestand eine wesentlich höhere Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers. Denn der müsse im Schadensfall nachweisen, dass er alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen und den Baum regelmäßig kontrolliert hat.
Eine Schuld im Schadensfalle bestehe dann, wenn die Gefahr im Vorfeld erkenn- und abwendbar gewesen sei. Dabei spiele es keine Rolle, ob der Baumeigentümer über das erforderliche Wissen verfügt. Denn dieser sei verpflichtet, sich das nötige Wissen anzueignen oder die Baumkontrolle extern zu vergeben. Komme man dem nicht nach, müsse man Schadensersatz leisten und habe bei Fahrlässigkeit auch mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen. Um dies erst gar nicht aufkommen zu lassen, wolle man eben das Baumkataster, so der Verwaltungstenor.
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Bei einem Mosbacher Büro habe man daher schon die Kosten für eine entsprechende Software, bei einem Schwarzacher Baumpfleger die Kosten für die Ersterfassung des Baumbestands angefragt. Bauamtsleiter Karl Wilhelm hatte bereits im Vorfeld eine Schätzung des innerörtlichen Baumbestands vorgenommen. Er kam auf 1144 Exemplare, davon stehen mit 519 die meisten in Allemühl.
Allerdings sind die Kosten für ein solches Kataster nicht gerade gering. Wie in der Vorlage erwähnt, rechnet die Verwaltung mit einmaligem Aufwand für die Einrichtung in Höhe von rund 20.000 Euro sowie laufenden jährlichen Kosten für die Kontrollen und die Programmpflege von etwa 11.000 Euro. Kosten für die Baumpflege zur Abarbeitung festgestellter Mängel sind darin noch gar nicht enthalten.
An der Kostenfrage schieden sich die Geister. Das Ingenieurbüro habe es geschafft, eine neue Geldquelle zu erschließen, wetterte Karin Koch (CDU). Dabei werde das natürliche Lebensrisiko zum Scheinriesen hochgejubelt, zerpflückte die Juristin die Argumentation der Verwaltung: "Das Geschäft mit der Angst treibt Blüten". Philipp Danzeisen (CDU) wollte wissen, ob man das Angebot noch abspecken könne.
Jan Frey wurde nicht müde zu betonen, dass es sich ja zunächst einmal nur um eine Grundsatzentscheidung handele. Erst danach entscheide man, wen man mit diesen Aufgaben betraue. Karl Wilhelm warnte, es sei "höchstgefährlich, wenn wir uns dieser Aufgabe verweigern".
"Eine Baumkontrolle ist unstrittig, aber man braucht kein Kataster für einzelne Bäume", betonte Forstingenieur Gunter Kirschenlohr (CDU). Aus ihrer Ladenburger Zeit berichtete die künftige Bauamtsleiterin Nicole Ernst-Karch, dass der Versicherungskonzern BGV bei Schäden dort "zuerst immer nach der Nummer des Baums gefragt hat". Denn im Falle der Einrichtung des Katasters erhält jeder Baum eine kleine Plakette mit Nummer.
Man könne den Bürgermeister doch haftungsrechtlich nicht im Regen stehen lassen, sprach sich Jürgen Dinkeldein (FW) pro Kataster aus. Auch Carmen Oesterreich (SPD) erachtete es als wichtig, "jeden einzelnen Baum zu prüfen", und wollte wissen, ob dies nicht Bauhofmitarbeiter vornehmen könnten. Auch die kosteten Geld, entgegnete Kämmerer Benedikt Münch und sprach von einem Stundenverrechnungssatz von 42,50 Euro.



