Robern/Wagenschwend

"Solidarische Landwirtschaft" nimmt neue Mitglieder auf

Ernte teilen und Ackerbaden: Die Solawi Robern kann die Zahl der Ernteeinheiten zum nächsten Jahr auf bis zu 120 erhöhen.

09.11.2022 UPDATE: 09.11.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 19 Sekunden
Mechthild Duhm und Tom Wünsche haben es fast geschafft, die Kartoffelernte 2022 vom Wagenschwender Acker einzubringen – die Hilfe einiger Solawi-Mitglieder inklusive. Foto: Ursula Brinkmann

Von Ursula Brinkmann

Robern/Wagenschwend. Steigende Preise für Lebensmittel sind derzeit in aller Munde. Wie Lebensmittel erzeugt werden und die Menschen ihre Lebensgrundlagen erhalten können, auch. Ein Konzept, Lebensmittel mit regionalem und saisonalem Bezug zu erzeugen und zu teilen, dabei Umwelt und Klima zu schonen, ist die Solidarische Landwirtschaft, kurz Solawi. Im Raum Heilbronn-Mosbach-Eberbach gibt es sie seit 2013.

Erzeuger Michael Scheurig bewirtschaftet in Robern rund 4,5 Hektar Ackerfläche – kleinbäuerlich, biologisch, nachhaltig. Das ist die eine, die Lieferseite. Die andere, das sind die Abnehmer. Derzeit sind es knapp 80 Haushalte, die einmal pro Woche eine Kiste mit frischem und heimischem Bio-Gemüse erhalten. Im Voraus wird ein von der Gemeinschaft jährlich festgelegter Monatsbeitrag an den Landwirt überwiesen, dessen Einkommen so gesichert ist.

An einem der letzten schönen Herbsttage ist Scheurig auf einem Feld in Wagenschwend. Kartoffelernte ist angesagt. Zwei Angestellte und einige "Solawis" holen die Knollen der Sorten Sevilla und Rosara aus der dunklen Erde. "Ich konnte hier eine Halle für meine Maschinen, 1,5 Hektar Ackerfläche sowie ein paar Felder und ein Haus pachten", erzählt der gelernte Biologe. "Dadurch können wir die Zahl der Ernteeinheiten auf bis zu 120 erhöhen." Anders ausgedrückt: Die Solawi Robern kann im nächsten Jahr neue Mitglieder aufnehmen.

Die Saison beginnt in der Regel am 1. April. Man mache aber auch Ausnahmen, ergänzt Mechthild Duhm. Als Gründungsmitglied ist die Haßmersheimerin mit Leidenschaft von Anfang an dabei und neuerdings mit einem dem Solawi-Prinzip entsprechenden Seminar-Angebot in dem Häuschen anzutreffen, das zum Umfang der Pachtflächen in Wagenschwend gehört. "Wie wir uns mit unserer inneren und äußeren Natur wiederverbinden können, zeigt uns die Tiefenökologie. Sie sucht Wege, um aus der Ohnmacht über die Krisen der Welt in persönliche Handlungsfähigkeit zu kommen."

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Handlungsfähigkeit der ganz praktischen Art "übte" auf dem Wagenschwender Acker auch Uly Schlegel, ebenfalls ein Solawi-Mitglied der ersten Stunde. "Ich wollte richtige Arbeit spüren", resümierte er nach getaner Kartoffellese, "das hat heute geklappt." Auch Theo Zuleger spürt seinen Rücken, aber er beteuert, dass es ihm guttue, das "Ackerbaden". Eine Heilbronnerin war mit den Enkeln ins Winterhauch-Dorf gekommen, damit die Kinder hautnah erleben können, woher die Zutaten für ein leckeres Essen kommen. Michael Scheurig fügt gleich hinzu: "Die Zeit, in der sich in unseren Kisten ein reduziertes Angebot mit vielen Kartoffeln, verschiedenen Kohlsorten, Roter Bete, Zwiebeln oder Möhren befindet, die kommt im Winter."

Noch aber ist die Vielfalt groß und besteht in dieser Woche aus verschiedenen Sorten Grünkohl und Salat, Möhren, Sellerie, Paprika, Lauch, Wurzelpetersilie, Salbei, Tomaten. Was in der jeweiligen Jahreszeit eben gedeiht – so funktioniert das Prinzip Solidarische Landwirtschaft. Im Hofladen in Robern präsentiert Daniela Sonnenburg die aktuelle Kiste und das über die eigene Produktion hinausgehende Angebot mit Obst, Getreideprodukten, Eiern, Säften, Aufstrichen und Gewürzen. "Alles Bio natürlich!" Während Sonnenburg im Hof- und Außerhof-Verkauf, aber auch draußen anzutreffen ist, sieht man den von Scheurig angestellten Gärtner Tom Wünsche in erster Linie auf dem Acker.

Im laufenden Solawi-Jahr gilt ein monatlicher Mindestmitgliedsbeitrag von 95 Euro – damit auch Menschen mit kleinem Budget mitmachen können, was wiederum von anderen Mitgliedern ausgeglichen wird, die mehr zahlen. "Durchschnittlich zahlen unsere Mitglieder 115 Euro", erläutert Mechthild Duhm. Für vier Kisten im Monat (im Winter alle zwei Wochen), die auf kurzen Wegen frisches Bio-Gemüse an fünf Depots bringen, findet sie das einen fairen Preis.

Apropos Depots: Einst hat es eines in Mosbach gegeben, und fast an derselben Stelle in der Straße "Am Henschelberg" soll im Frühjahr 2023 wieder eines an jedem Mittwoch die zur Abholung bereitstehenden grünen Kisten beherbergen. Kurze Wege – das gilt fürs Gemüse vom Feld in die Kiste ebenso wie für die Kiste zu den Abnehmerinnen und Abnehmern.

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