Zwei Rathäuser - ein Chef?
Ravensteiner Bürgermeister Hans-Peter von Thenen kandidiert im benachbarten Rosenberg - Er traut sich beide Ämter zeitgleich zu

Von Joachim Casel und Alexander Albrecht
Ravenstein/Rosenberg. Bürgermeister Hans-Peter von Thenen war mehrere Wochen krankgeschrieben, bevor er an diesem Montag an seinen Schreibtisch im Rathaus des Bauland-Städtchens Ravenstein zurückkehrte. Mit einer faustdicken Überraschung im Gepäck. Wenige Stunden vor Ende der Frist am Montagabend reichte der 49-Jährige in der Nachbargemeinde Rosenberg seine Bewerbung als Bürgermeister ein. Zugleich kündigte von Thenen an, die Amtsgeschäfte in Ravenstein weiter zu führen.
Rechtlich wäre der Doppeljob möglich (s. "Hintergrund") - aber ist die Bewerbung auch klug und erfolgversprechend? Zweifel sind angebracht. "Der bekommt ja nicht mal seinen eigenen Laden in den Griff", schimpft ein Ravensteiner Kommunalpolitiker hinter vorgehaltener Hand. Von Thenen (parteilos, seit 2012 im Amt) hatte zu Jahresbeginn für zwei Eklats in der 2700-Einwohner-Stadt gesorgt.
Zum einen sagte er den Neujahrsempfang drei Tage vorher ohne Begründung ab. Und dann dichtete er beim Rathaussturm auch noch einen fragwürdigen Fastnachtsreim, in dem er den Ravensteiner Kämmerer aufs Korn nahm, der zu dieser Zeit in Limbach als Bürgermeister kandidierte. Seither gilt das Verhältnis zwischen von Thenen und Teilen des Gemeinderats als zerrüttet. Diese Nachricht ist auch in Rosenberg angekommen - weshalb Beobachter dem Kandidaten lediglich Außenseiterchancen einräumen.
Hintergrund
Doppel-Bürgermeister: Kann jemand in zwei Kommunen gleichzeitig Verwaltungschef sein? Im Fall von Ravenstein und Rosenberg bejaht dies die baden-württembergische Gemeindeordnung eindeutig. So heißt es in Paragraf 63: "Benachbarte kreisangehörige Gemeinden
Doppel-Bürgermeister: Kann jemand in zwei Kommunen gleichzeitig Verwaltungschef sein? Im Fall von Ravenstein und Rosenberg bejaht dies die baden-württembergische Gemeindeordnung eindeutig. So heißt es in Paragraf 63: "Benachbarte kreisangehörige Gemeinden können dieselbe Person zum Bürgermeister wählen. Die Wahl ist in jeder Gemeinde getrennt durchzuführen. Die Amtszeit bestimmt sich für jede Kommune nach den hierfür geltenden Vorschriften."
Tatsächlich gab es solche Fälle schon in der Region. So war Gerhard Epp zunächst Bürgermeister in Helmstadt-Bargen, ehe er am 15. Januar 1978 auch in Waibstadt zum Rathauschef gewählt wurde. Die Amtszeit in beiden Gemeinden endete durch seinen Tod am 18. Februar 1985. Ähnlich war es bei Jakob Layer, der vor der Verwaltungsreform und der Gründung des Rhein-Neckar-Kreises in den 60er- und 70er-Jahren zeitgleich Bürgermeister von Altneudorf (heute Stadtteil von Schönau) und Lampenhain (gehört inzwischen zu Heiligkreuzsteinach) war.
Zulässig wäre auch eine Bewerbung von Hans-Jürgen Moos gewesen, der 2005 als damaliger Bürgermeister von Meckesheim über eine Kandidatur in Eschelbronn nachdachte.
Eine Sonderrolle nimmt die Gemeinde Neckargerach im Neckar-Odenwald-Kreis ein. Die dortigen Bürgermeister führen seit vielen Jahre ehrenamtlich auch die Geschäfte im kleinen, aber selbstständigen Zwingenberg mit seinen rund 700 Einwohnern. (joc/alb)
Von Thenen ist einer von sechs Bewerbern, die sich anschicken, die Nachfolge von Gerhard Baar anzutreten, der Ende des Jahres nach zweieinhalb Amtszeiten in den vorzeitigen Ruhestand geht. Die mit Spannung erwartete Wahl findet am 7. Oktober statt. Von Thenen sagt, er habe sich "sehr kurzfristig" zur Kandidatur entschlossen. Seinen Stellvertreter in Ravenstein, Thomas Hornung, hat er am Montag von seinen Plänen in Kenntnis gesetzt, am Dienstag die Verwaltung und die Stadträte per E-Mail.
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Von Thenen sagt auch, er wolle nicht aus der Kommune fliehen, sondern zählt "einiges" auf, "das wir in den letzten Jahren zusammen bewegt haben". Er verweist auf die "alla hopp!"-Anlage oder Neubaugebiete. Bis 2020 wolle er sich in seinem Amt "engagiert einbringen" und "gerne darüber hinaus". Ravenstein und Rosenberg seien sich ähnlich, erklärt von Thenen. Beide Kommunen am südöstlichen Rand des Neckar-Odenwald-Kreises hätten Teilorte, und auch die Einwohnerzahl sei vergleichbar. Schon jetzt helfe man sich bei Krankheit oder Urlaub gegenseitig aus. "Ich sehe da weitere Berührungspunkte und viele Synergieeffekte zum Wohle", sagt von Thenen.
Er ist überzeugt, dass er den Aufgaben in den zwei Rathäusern gerecht würde. Bürgermeister hätten fließende Arbeitszeiten, so von Thenen. Und: "Wenn ich in nächster Zeit in Rosenberg etwas zu machen habe, arbeite ich das Versäumte am Abend an meinem Schreibtisch im Ravensteiner Rathaus wieder auf."



