So wird die neue Ära auf der "Frankenbahn"
Start nicht ohne Probleme - Neue Fahrzeuge fehlen

Von Burkard Gassenbauer
Odenwald/Tauber. Mit dem am Wochenende anstehenden Fahrplanwechsel beginnt auch im Bahnverkehr in der Region eine neue Ära. So auf der "Frankenbahn" zwischen Stuttgart und Würzburg, die wegen schlechter Verbindungen und veraltetem rollenden Material immer mehr in die Kritik geraten war.
Zwei private Betreiber lösen im Regionalexpress-Verkehr (RE) zwischen beiden Metropolen und bei den Regionalbahn-Verbindungen (RB) zwischen Stuttgart und Osterburken ab dem 15. Dezember die Deutsche Bahn ab. Wie die von Stundentakt geprägten neuen Fahrpläne sollen auch die neuen Fahrzeuge die Strecke aufwerten und die Reisenden begeistern, aber aufgrund von Lieferproblemen verzögert sich im RB-Verkehr der Start der modernen Triebzüge.
Hintergrund
Startschuss für den Regionalbahntakt
Der Finanzierungsvertrag für den neuen Regionalbahntakt wurde am Freitag im Bahnhof Lauda unterzeichnet. Die Vereinbarung wurde zwischen dem Land Baden-Württemberg sowie den Landkreisen Main-Tauber und
Startschuss für den Regionalbahntakt
Der Finanzierungsvertrag für den neuen Regionalbahntakt wurde am Freitag im Bahnhof Lauda unterzeichnet. Die Vereinbarung wurde zwischen dem Land Baden-Württemberg sowie den Landkreisen Main-Tauber und Neckar-Odenwald-Kreis getroffen. Die Vertreter der beiden Landkreise, Erster Landesbeamter Christof Schauder (Main-Tauber) und Landrat Dr. Achim Brötel (Neckar-Odenwald) sowie der Amtschef des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg, Ministerialdirektor Prof. Dr. Uwe Lahl, gaben somit den Startschuss für den Regionalbahntakt.
Die beiden Landkreise haben seit vielen Jahren für die Verbesserung des Schienenpersonennahverkehrs zwischen Osterburken und Lauda gekämpft. Auch viele Bürgerinnen und Bürger brachten sich ein, unter anderem in der Bürgerinitiative pro Frankenbahn. 2018 haben das Verkehrsministerium und die beiden Landkreise einen dreijährigen Probebetrieb mit stündlichen Regionalbahnen auf diesem Streckenabschnitt vereinbart. Der Kreistag des Main-Tauber-Kreises hat Ende Oktober für das Projekt und seine Finanzierung grünes Licht gegeben.
Vereinbart wurde ein stündlicher Regionalbahntakt zwischen Osterburken und Lauda von Montag bis Freitag von 6 bis etwa 22 Uhr. Einzelne, auf die Schulzeiten abgestimmte Verstärkerzüge ergänzen den Grundtakt. Zudem halten am frühen Morgen und am späten Abend einzelne Regionalexpresszüge an den Zwischenstationen. Die Stationen an dem Streckenabschnitt erhalten somit eine umfassende Schienenanbindung von 20 Zügen in jede Richtung an Schultagen, an Ferientagen sind es 19 Züge.
Das Land hat die DB Regio Bayern mit diesen Verkehrsleistungen beauftragt. Die meisten Züge pendeln zwischen Würzburg und Osterburken. Die Regionalbahnen bedienen somit ab 16. Dezember von Montag bis Freitag zusätzlich zu den Stationen zwischen Würzburg und Lauda in der Verlängerung bis Osterburken durchgängig auch die Stationen Königsho-fen, Wölchingen, Eubigheim und Rosenberg stündlich. Der Stundentakt wird morgens und um die Mittagszeit für den Schülerverkehr nochmals verstärkt. Fahrgäste können somit von den Zwischenstationen ohne Umstieg nach Würzburg oder Osterburken und zurück fahren. In Osterburken bestehen Anschlussmöglichkeiten in die Metropolregion Heidelberg-Mannheim sowie ins Oberzentrum Heilbronn und in die Landeshauptstadt Stuttgart. In Lauda bestehen in beide Richtungen Anschlussmöglichkeiten auf der Tauberbahn- und der anschließenden Maintalbahn. Weitestgehend auf die Bahn zugeschnittene Bus- und RufTaxi-Verkehre ergänzen das ÖPNV-Netz bis in die Dörfer ohne direkten Schienenanschluss. Es entsteht insgesamt ein enormer Mehrwert für die Bevölkerung.
Der Regionalbahntakt wurde zunächst für eine Probephase von drei Jahren vereinbart. Bis zum Ende dieser Probephase muss eine dauerhafte Nutzung von mindestens 500 Personenkilometer pro Kilometer Strecke erreicht sein. Der Main-Tauber-Kreis und der Neckar-Odenwald-Kreis, die Städte und Gemeinden sowie die Vertreter des Landes appellieren daher an die Bürger, das Bahnangebot intensiv zu nutzen.
Gleichzeitig tritt am 15. Dezember der neue Fahrplan für Regionalexpresszüge (RE) auf der Frankenbahn zwischen Stuttgart und Würzburg mit stündlichen Zügen in Kraft. Diese werden von dem Eisenbahnunternehmen "Go Ahead" im Auftrag der beiden Länder Baden-Württemberg und Bayern betrieben. Die RE-Züge bedienen die Stationen Osterburken, Lauda und Würzburg in der Regel ohne Zwischenhalte. Sie können wie bisher aus fahrplantechnischen Gründen nur in den Schwachverkehrszeiten am frühen Morgen und späten Abend einzelne Zwischenhalte bedienen. Auch diese Angebote werden deutlich ausgeweitet. In der Kombination aus Regionalbahn- und Regionalexpresszügen ist das Oberzentrum Würzburg ab Osterburken und Lauda künftig zwei Mal pro Stunde auf der Schiene erreichbar.
Insgesamt kosten die werktags zwischen Lauda und Osterburken in jede Richtung 20 Mal fahrenden Regionalbahnzüge rund 3,5 Millionen Euro pro Jahr. Hiervon übernimmt das Land 60 Prozent, die beiden Landkreise haben 40 Prozent zu tragen. Da die Streckenkilometer die Berechnungsgrundlage bilden, übernimmt der Main-Tauber-Kreis mit rund 75 Prozent den Löwenanteil der Landkreissumme. Dies entspricht einen Kostenanteil von rund 1,05 Millionen Euro pro Jahr für den Main-Tauber-Kreis und rund 350.000 Euro für den Neckar-Odenwald-Kreis.
Info: Weiteres gibt es im Internet unter www.vrn.de oder unter www.frankenbahntakt.de
Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann bekräftigte in einer Pressekonferenz dieser Tage, dass – wie mehrfach angekündigt – das Land gemeinsam mit den beteiligten Eisenbahnverkehrsunternehmen mit dem Fahrplanwechsel Ende 2019 deutliche Verbesserungen im regionalen Schienenverkehr erreicht.
Das gilt in der Region Odenwald/Tauber insbesondere für die "Frankenbahn" zwischen Stuttgart und Würzburg, die die Kreise Neckar-Odenwald und Main-Tauber durchquert. Die einst im Fernverkehr bedeutsame Magistrale ist, wie Kritiker der Deutschen Bahn immer wieder vorgehalten haben, in den vergangenen Jahrzehnten stiefmütterlich behandelt worden; Fahrpläne, Fahrzeuge und Verspätungen haben immer wieder für Verärgerung gesorgt.
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Zwei private Betreiber, die sich bei der Ausschreibung der sogenannten Stuttgarter Netze im Jahr 2015 gegen die Deutsche Bahn durchgesetzt hatten (auch eine Klage der Staatsbahn vor dem OLG Karlsruhe änderte nichts an der Vergabeentscheidung), läuten nun eine neue Ära auf der Strecke ein.
Waren seit Beginn des Bahnzeitalters in der Region die badische bzw. die württembergische Staatsbahn bzw. die Staatsunternehmen Reichsbahn, Bundesbahn und Deutsche Bahn AG für den Personenverkehr verantwortlich, so bedient ab 15. Dezember der Bahnbetreiber Go Ahead, deutscher Ableger des gleichnamigen britischen Unternehmens, die Express-Verbindung von Stuttgart über Heilbronn und Osterburken nach Würzburg und zurück. Die zur niederländischen Abellio-Gruppe gehörende Abellio Rail Baden-Württemberg GmbH betreibt fortan die Regionalbahn-Linie Stuttgart-Heilbronn-Osterburken.
Das Fahrplanangebot wird sich mit dem Fahrplanwechsel deutlich verbessern, "der Fahrplanwechsel wird den Umstieg (vom Auto auf die Bahn) attraktiver machen", ist sich Minister Herrmann sicher. "Dichtere Takte, neue Verbindungen, moderne Züge", hatte er als Ziel bei der Ausschreibung der Verkehrsleistungen ausgegeben.
So fahren auch auf "Frankenbahn" zwischen Stuttgart und Würzburg die Regionalexpresszüge und die Regionalbahnen künftig im Stundentakt. In Osterburken etwa startet am Morgen um 5.02 Uhr die erste Regionalbahn Richtung Heilbronn/Stuttgart, um 5.26 Uhr folgt der schnellere RE. Immerhin mehr als eine Stunde später als bisher, nämlich um 22.16 Uhr, startet künftig die letzte direkte Abendverbindung in Stuttgart in Richtung Osterburken (an 23.50 Uhr) und Lauda, die es möglich macht, nach einem Bummel durch die Landeshauptstadt noch am späten Abend mit dem Zug beispielsweise bis Rosenberg (an 23.55 Uhr) oder Eubigheim (an 23.59 Uhr) zu gelangen.
Zwar gibt es einige Verbesserungsvorschläge und kleinere Kritikpunkte, insgesamt aber haben die neuen Fahrpläne in ersten Reaktionen durchweg Beifall gefunden. Dagegen sorgen die Zughersteller, die die zum Fahrplanwechsel benötigten neuen Fahrzeuge liefern sollen, nach wie vor für erheblichen Ärger

Je nach Strecke beziehungsweise. Ausschreibungslos sollten drei- bis sechsteilige Fahrzeuge des Typs "Flirt" der Schweizer Firma Stadler bzw. des Typs "Talent 2" von Bombardier im einheitlichen Landesdesign und ausgestattet unter anderem mit Klimaanlage, Klapptischen, barrierefreien Toiletten, WLan für drahtlosen Internetzugang, großzügigen Sitzabständen und Multifunktionsbereichen mit Fahrradstellplätzen zum Fahrplanwechsel den Betrieb aufnehmen, aber das wird – wie seit geraumer Zeit absehbar – nicht überall der Fall sein, weil bestellte Fahrzeuge noch nicht startklar sind .
"Bombardier und Stadler haben große Probleme verursacht", beklagt Minister Herrmann die Lieferverzögerung. Dem Land sei es allerdings gelungen, in Abstimmung mit den Bahnunternehmen gute Ersatzkonzepte zu erarbeiten. Mit Ersatz muss sich Go Ahead zwar etwa auf der Murrbahn behelfen, nicht aber auf der Strecke zwischen Stuttgart und Würzburg. Zwar war vor geraumer Zeit noch davon die Rede, dass Go Ahead zusammen mit Partnern in einer Übergangsphase bis voraussichtlich März mehr als die Hälfte der Fahrten mit alten Wagen bestreiten muss. Wie das Unternehmen auf Anfrage der RNZ am Freitag jedoch mitteilte, kommen auf der "Frankenbahn" im Regionalexpressverkehr ab dem 15. Dezember "wie geplant die erprobten vier- oder sechsteiligen ,Flirt‘-Fahrzeuge zum Einsatz" (täglich stündlich statt wie bisher zweistündlich).
Von Abellio Rail hieß es wenige Tage vor dem Fahrplanwechsel, dass "wegen des Lieferverzugs des Fahrzeugherstellers die Strecken nicht von Beginn an komplett mit Neufahrzeugen bedient" werden. Um den Betrieb sicherstellen zu können, muss Abellio Züge leihen, unter anderem von der Deutschen Bahn. So wird die RB-Linie 18 zwischen Stuttgart und Osterburken nach Angaben des Verkehrsministeriums vom neuen Betreiber bis auf Weiteres mit Ersatzzügen der Baureihen 425/426 aus dem Bestand von DB Regio gefahrenen. Eine Anfrage der RNZ, wann mit dem Einsatz der neuen Fahrzeuge zu rechnen ist, blieb unbeantwortet.
Somit wird das Verkehrsrot der DB, das bisher das Bild des Schienenpersonenverkehrs auf der Frankenbahn geprägt hat, nicht ganz verschwinden – zumal zwischen Osterburken und Würzburg auch weiterhin rote DB-Regio-Züge fahren.
Offener Brief an Verkehrsminister
In einem offenen Brief zum Fahrplanwechsel am 15. Dezember wenden sich Bürgermeister und Ortsvorsteher aus der Region, die künftig nur noch per Bedarfshalt und nicht mehr per Regelhalt an die Bahn angebunden sind, jetzt an Verkehrsminister Hermann. Unterzeichnet haben unter anderem Adelsheims Bürgermeister Wolfram Bernhardt, Michael Grimm aus Roigheim und Ulrich Stammer aus Möckmühl sowie weitere Gemeindevertreter aus Neudenau und Züttlingen. Hier der Wortlaut des Schreibens:
"Sehr geehrter Herr Minister Hermann, zum 15. Dezember tritt der neue Fahrplan der Frankenbahn in Kraft. Zu diesem Anlass möchten wir uns als Vertreter der betroffenen Gemeinden hinter die Forderung der Initiative 780 Frankenbahn stellen, dass:
> die geplanten Bedarfshalte auf den Haltepunkten/Bahnhöfen in Herbolzheim (Jagst), Siglingen, Züttlingen, Roigheim, Sennfeld und Adelsheim bei den Zügen RE 19054 GoAhead, RB 19302, 19321,19323, 19325, 19329, 19331 und die Bedarfshalte auf den Haltepunkten/ Bahnhöfen in Adelsheim Ost, Sennfeld, Roigheim, Züttlingen, Siglingen, Untergriesheim und Herbolzheim (Jagst) in einen Regelhalt umgewandelt werden;
> es zu einer Verdichtung des Zugangebots in der Zeit 6 bis 7 Uhr kommen soll;
> eine zusätzliche Zugverbindung von Osterburken nach Heilbronn mit Halt in Neckarsulm Nord und Neckarsulm West zum Schichtbeginn bei der AUDI AG zur Frühschicht geschaffen wird.
Ferner möchten auch wir darauf hinweisen:
> dass der zweigleisige Ausbau der Bahnstrecke zwischen Züttlingen und Möckmühl unabdingbar ist, wenn die Bahn sich als echte Alternative zum Pkw auf dieser Strecke etablieren soll;
> dass der berühmte "Lumpensammler", also der Zug, der bisher kurz nach Mitternacht in Heilbronn abgefahren ist, mit dem neuen Fahrplan gestrichen wurde. Wer also aus dem Kino, Theater oder Weindorf kommt, muss die Beine unter den Arm nehmen, um den letzten Zug gegen 23 Uhr zu erreichen."
Unterzeichnet haben: Wolfram Bernhardt (Bürgermeister der Stadt Adelsheim); Michael Grimm (Bürgermeister der Gemeinde Roigheim); Manfred Hebeiß (Bürgermeister der Stadt Neudenau); Ulrich Stammer (Bürgermeister der Stadt Möckmühl) und Manfred Föll (Ortsvorsteher von Züttlingen).



