Pfalzgrafenstift Mosbach

Enttäuschung und Empörung nach Nein zum Einwohnerantrag (plus Video)

Gemeinderat erklärt Antrag der Bürgerinitiative für unzulässig - OB übergibt Sitzungsleitung - Streit geht weiter

11.01.2018 UPDATE: 12.01.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden

Der Gemeinderat befasste sich in seiner jüngsten Sitzung am Mittwoch nur mit dem Pfalzgrafenstift. Den Einwohnerantrag der Bürgerinitiative erklärten die Stadträte für unzulässig, weil das Gremium als Organ der Stiftung Hospitalfonds Beschlüsse gefasst hätte. Fotos: A. Rechner

Von Alexander Rechner

Mosbach. Volles Haus herrschte am Mittwochabend in der jüngsten Sitzung des Mosbacher Gemeinderats. Die Frage, wie die Stadträte den Einwohnerantrag der Bürgerinitiative (BI) "Menschen helfen Menschen" behandeln, sorgte für einen proppenvollen kleinen Saal in der Alten Mälzerei. Die Stimmung war emotional, Mitstreiter der BI nahmen enttäuscht und teilsweise empört das Abstimmungsergebnis zur Kenntnis. Mit einem klaren Votum folgte das Gremium im Sinne der Verwaltung: 15:6 lautete das Resultat, mit dem die Volksvertreter den BI-Antrag für unzulässig erklärten. Die Fraktionen der AL und der Freien Wähler stimmten dagegen oder enthielten sich.

Den Vorwürfen der Intransparenz und der Mauschelei widersprach Oberbürgermeister Michael Jann in einer persönlichen Erklärung entschieden: Der Rathauschef bot den Sprechern der BI "einen konstruktiven Dialog über die Weiterentwicklung des Pfalzgrafenstiftes" an. Und dieses Gesprächsangebot begrüßte BI-Sprecher Paul Bley nach der Sitzung.

Hintergrund

Zu Tisch, bitte! - RNZ-Redakteur Alexander Rechner zur Zukunft des Pfalzgrafenstifts

Seit Monaten ist die Zukunft des Pfalzgrafenstifts das wohl meist diskutierte Thema in Mosbach. Keine Frage, die Entscheidungsträger sind daran gehalten, die vom Land

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Zu Tisch, bitte! - RNZ-Redakteur Alexander Rechner zur Zukunft des Pfalzgrafenstifts

Seit Monaten ist die Zukunft des Pfalzgrafenstifts das wohl meist diskutierte Thema in Mosbach. Keine Frage, die Entscheidungsträger sind daran gehalten, die vom Land beschlossenen Regelungen umzusetzen. Die Landesheimbauverordnung macht allen Trägern in Baden-Württemberg zu schaffen. Die gesetzlichen Vorgaben sind wohl am bisherigen Standort schwerlich umzusetzen. Und wenn, dann nur mit einer Menge Geld. Geld, das nicht vorhanden ist. Die künftige Wirtschaftlichkeit des Betriebs (mit weniger Plätzen, weil von September 2019 an Doppelzimmer in Pflegeheimen tabu sind) ist ein weiterer Aspekt, der zurecht beachtet werden muss. Das ist die eine Seite der Medaille.

Die andere Seite: Wie geht man mit dem Thema um? Zumal die Frage um die Zukunft des Pfalzgrafenstifts in der Bürgerschaft intensiv diskutiert wurde und wird. Im Sommer vergangenen Jahres konnte man den Eindruck gewinnen, die Verwaltungsspitze wolle das Thema "aussitzen". Das Rathaus muss sich fragen lassen, warum man nicht gleich im September die Bürger informierte? Warum lud man nicht Vertreter der rasch gebildeten Bürgerinitiative an einem (runden) Tisch ein? Erst im November (!) organisierte man eine Veranstaltung. Ist das die so oft propagierte Einbindung der Bürger? Partizipation und Transparenz werden in so vielen Sonntagsreden beschworen. Was die Bürger allerdings (bisher) erlebten, ist eine Art Bunkermentalität des Rathauses. Auf kritische Fragen reagiert man gereizt, anstatt auf sie einzugehen.

Die Krönung des bisherigen Schauspiels war die jüngste Gemeinderatssitzung. Die Bürgerfragestunde fehlte auf der Tagesordnung. Aus Versehen, wie es aus dem Rathaus dazu hieß. Bitte? Bei einer solchen Sitzung darf diese nicht fehlen. So geht man nicht mit seiner Bürgerschaft um! Und gleichzeitig vollzieht man juristische Winkelzüge (der Gemeinderat soll als Organ der Stiftung Hospitalfonds Beschlüsse gefasst haben). Das mag zwar stimmen, aber ist das letztlich wirklich zielführend?

Es ist lobenswert, wenn OB Michael Jann nun einen Dialog anbietet. Spät, aber besser als nie. Alle Beteiligten sollen nun an einen Tisch und mit- statt übereinander reden.

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Nicht nachvollziehen wollte und konnte Bley die rechtliche Begründung, mit der die Stadtverwaltung das Nein erklärte. Der Gemeinderat habe in der Juli-Sitzung des vergangenen Jahres den Ersatzneubau auf dem Gelände der Johannes-Diakonie als Organ der Stiftung Hospitalfonds Mosbach beschlossen - und eben nicht als städtisches Gremium. Das Rathaus sieht sich dabei in seiner Rechtsauffassung vom Regierungspräsidium Karlsruhe bestätigt.

Nach Auffassung der Stadt steht dem auch nicht entgegen, dass aus der damaligen Tischvorlage und dem Beschluss nicht ausdrücklich hervorgeht, als welches Organ der Rat die Entscheidung fällte. In Mosbach sei es üblich, dies nicht in die Beschlussvorlagen hinzuschreiben, betonten Vertreter des Rathauses in einer Pressekonferenz nach der Ratssitzung. Im Übrigen habe das Regierungspräsidium Karlsruhe Protokolle und Unterlagen für seine rechtliche Einschätzung erhalten.

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Die Unterstellung der Intransparenz wies die Rathausspitze zurück. Man habe unter anderem eine Informationsveranstaltung im "fideljo" angeboten. Diese Ansicht teilte auch Stadtrat Hartmut Landhäußer in der Gemeinderatssitzung, der im Namen der SPD-Fraktion die Verwaltung ausdrücklich lobte. Die Mosbacher Sozialdemokraten fühlen sich von der Stadt "gut und bestens informiert", wie er dabei ausführte. Dagegen konnte Stadträtin Elisabeth Laade von der Alternativen Liste (AL) nicht unterstreichen, dass "alles so transparent gelaufen" sei. Sie fragte, warum man sich nicht zusammensetze, stattdessen habe man ein "Feindbild aufgebaut".

Um jeglichen Anschein des Interessenkonflikts aus dem Weg zu gehen, legte Oberbürgermeister Michael Jann die Sitzungsleitung nieder und übergab das Mikro an Bürgermeister Michael Keilbach. Vorangegangen war ein Antrag der Freien Wähler, den Stadtrat Dr. Gunther Leibfried mündlich begründete. Die Fraktion wollte dabei Personen, die eine Funktion sowohl im Verwaltungsrat der Johannes-Diakonie, im Verwaltungsrat der Stiftung Hospitalfonds als auch im Gemeinderat haben, für befangen erklärt haben. Worauf Michael Jann nicht nur seinen Platz räumte, sondern gleich ganz den Tagungsort verließ.

Dass eine Bürgerfragestunde ("aus Versehen", wie die Stadtverwaltung mitgeteilt hatte) auf der Tagesordnung fehlte und Vertreter der BI nicht zu Wort kommen sollten, hatte in Teilen der Mosbacher Bevölkerung vor der Sitzung für Irritationen gesorgt. Die Fraktion der AL beantragte jedoch, Vertreter der BI zum Sachstandsbericht zur Zukunft des Stifts als "sachkundige Einwohner" anzuhören. Die Stadträte votierten mit 25 Ja-Stimmen für dieses Ansinnen. Paul Bley nutzte in der Folge die Möglichkeit, die Sicht der BI darzulegen, ehe Simone Bansbach-Edelmann, Leiterin des Ressorts "Finanzen und Immobilien" bei der Stadt, ausführlich auf das Thema einging (wir berichteten mehrfach).

Allerdings gab es unterschiedliche Auffassungen, ob der BI eine zweite Wortmeldung verwehrt wurde. Deren Vertreter wollten sich nochmals äußern, allerdings hatte Bürgermeister Keilbach bereits den nächsten Tagesordnungspunkt aufgerufen - und zu diesem waren sie nicht mehr redeberechtigt, weshalb ihnen nicht mehr das Wort erteilt wurde.

Offen bleibt die Frage, wie es nun weiter geht. Für die BI deutete Paul Bley nach der Sitzung rechtliche Schritte gegen diesen Beschluss an. Und damit wird der Streit um das Pfalzgrafenstift wohl in die nächste Runde gehen.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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