Stadt hat keine Angst - aber Respekt
Bürgerfragestunde in der Ratssitzung ausgesetzt - BI-Vertreter werden nicht gehört

Mosbach. (ar) Eine Thematik, eine Sitzung und ein anderer Tagungsort - das unterstreicht die Bedeutung des Pfalzgrafenstifts. In der Sitzung des Gemeinderats am Mittwoch behandeln die Mosbacher Volksvertreter nun den Einwohnerantrag, den die rasch gebildete Bürgerinitiave (BI) "Menschen helfen Menschen, Mosbach" auf den Weg brachte und im Rathaus einreichte. Seit Monaten wird in Mosbach die Frage kontrovers diskutiert, wo das Pfalzgrafenstift künftig sein Domizil haben soll.
In der Alten Mälzerei befassen sich die Stadträte mit dem Antrag, der dazu auffordert, den Beschluss neu zu verhandeln und die Pflegeeinrichtung am bisherigen Standort in der Innenstadt zu belassen. Das Gremium hatte im Juli vergangenen Jahres der Verwaltung das Mandat erteilt, weitere Schritte für die Errichtung eines Ersatzneubaus gemeinsam mit der Johannes-Diakonie in die Wege zu leiten.
Verwundert rieben sich einige Bürger die Augen, als sie die Tagesordnung zur Kenntnis nahmen. Eine Bürgerfragestunde ist in der Sitzung nicht vorgesehen, was sonst aber üblich ist.
Dies nahmen wir zum Anlass und fragten im Mosbacher Rathaus nach, ob man dort Angst vor der eigenen Bevölkerung habe. "Keine Angst, sondern Respekt", gab Oberbürgermeister Michael Jann am Dienstag als Antwort auf die Frage. Den Grund, warum die Bürger während der Sitzung nicht (nach)fragen dürfen, lieferte das Rathaus auch sogleich. Dies beruhe auf einem Versehen. Und just dieses Versehen habe man der Bürgerinitiative mitgeteilt. Ein Schreiben sei am Dienstag verschickt worden.
Die Möglichkeit, die Tagesordnung im Nachhinein noch zu ändern und diesen Punkt aufzunehmen, sah man gestern im Rathaus nicht. Zum jetzigen Zeitpunkt könne die Agenda nicht mehr erweitert werden, war von der Pressestelle der Stadt Mosbach zu hören.
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Selbst die Vertreter der Bürgerinitiave "Menschen helfen Menschen, Mosbach" dürfen nach derzeitigem Stand nicht das Wort zu ihrem Einwohnerantrag ergreifen. Die Verwaltungsspitze verweist dabei auf die Gemeindeordnung (GemO). Demnach hätten Bürger grundsätzlich kein Rederecht in der Sitzung. "Nur bei einem Einwohnerantrag - sollte er zulässig sein - sind die benannten Vertrauenspersonen zu hören", teilte die Stadt kurz und knapp mit und fügte noch hinzu: "Da der Einwohnerantrag jedoch nicht zulässig ist, ist eine Anhörung nicht vorgesehen."
Einen Hoffnungsschimmer für die BI gibt es allerdings noch: Nach Informationen der Verwaltung hat die Stadtratsfraktion der AL einen Antrag eingereicht, diese Repräsentanten als "sachkundige Einwohner" zum dritten Tagesordnungspunkt ("Sachstandsbericht zur Zukunft des Pfalzgrafenstifts") hinzuzuziehen. Und dies liegt nun in den Händen der Stadträte. Sie müssen über diesen Antrag befinden. "Dies kann der Oberbürgermeister nicht in eigener Zuständigkeit entscheiden", heißt es aus dem Rathaus.
Wenn die Vertreter der BI dennoch nicht zu Wort kommen sollten, bleibt die Frage offen, ob die Rathausspitze die Mosbacher Bürger ausreichend einbindet. Oberbürgermeister Michael Jann jedenfalls hält dem entgegen, dass es in der Sitzung "um rein juristische Fragen" ginge. Die Zulässigkeit des Einwohnerantrags stünde im Mittelpunkt.
Die Verlegung des Tagungsortes hätte nach Darstellung der Stadt einen einfachen Grund. Die Vorbereitungen zur Ratsherrenweckfeier an diesem Freitag liefen bereits. Der Bürgersaal im Rathaus müsse umgebaut werden. Daher könne das Gremium dort nicht tagen.
Wenn sich schon die BI-Vertreter (voraussichtlich) nicht zu Wort melden können, dürfen die Mitglieder des Gemeinderats ihre Meinung äußern. Aus dem Rathaus war gestern jedenfalls zu hören, dass jeder Stadtrat nur seinem eigenen Gewissen unterworfen sei und eben nicht der Fraktionsdisziplin. Die Mosbacher Bürger werden sicherlich verfolgen, wie die heutige Sitzung verläuft. Man darf gespannt sein.



