Oberzent

Die Grundsteuer wird wohl erhöht

Finanzlage alles andere als rosig - Holzpreis, geringe Schlüsselzuweisungen, hohe Kredite machen zu schaffen

22.03.2019 UPDATE: 24.03.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 13 Sekunden

Auch das Verkehrswesen findet sich unter den Produkten im städtischen Doppelhaushalt für die Jahre 2019/2020. Ein mobiler Blitzer soll angeschafft, die städtische Anlage in der Gammelsbacher Ortsdurchfahrt bald wieder "scharf" gestellt werden. Foto: Marcus Deschner

Von Marcus Deschner

Oberzent-Beerfelden. "Nichts ist in Stein gemeißelt", sagte Bürgermeister Christian Kehrer in der alten Turnhalle in Beerfelden bei der Vorlage des Doppelhaushalts der Stadt Oberzent für die Jahre 2019/2020. So könnten die Fraktionen selbstverständlich ihre Vorstellungen an dem Planwerk einbringen. Allerdings zeichnet sich bereits ab, dass die Finanzlage der noch jungen Stadt, die aus der Fusion von Beerfelden, Rothenberg, Hesseneck und Sensbachtal entstand und derzeit gut 10200 Einwohner zählt, alles andere als rosig ist. Zu schaffen machen dabei der verfallende Holzpreis, geringere Schlüsselzuweisungen und kleinere Anteile an der Einkommensteuer sowie hohe Kreditaufnahmen.

Unterm Strich bleibt für 2019 ein Überschuss von gerade mal knapp 33.000 Euro, ein Jahr später sind’s plangemäß gut hunderttausend Euro. Die flächenmäßig drittgrößte Stadt Hessens muss, nicht zuletzt wegen anstehender großer Investitionen, dieses Jahr Kredite über 3,3 Millionen Euro aufnehmen, für 2020 sind weitere Schulden von 2,5 Millionen Euro geplant. "Das macht mir Sorge, denn irgendwann endet die Niedrigzinsphase", betonte Kehrer.

Daher müsse man klug überlegen, "was wir uns leisten können und was nicht". Und um eine Erhöhung der Grundsteuern komme man nicht umhin. So soll diese für land- und forstwirtschaftliche Betriebe von derzeit 350 Punkten im Jahr 2020 auf 415 Punkte steigen, die Steuerart B für bebaute Grundstücke von 365 auf 430 Punkte. Allerdings mache dies für etwa 95 Prozent aller Betroffenen eine Erhöhung von jährlich maximal hundert Euro aus. Laut seiner Präsentation kommt’s nur für sechs Grundeigentümer knüppeldick: Die müssen an die 2000 Euro mehr pro Jahr hinblättern.

Kehrer ging auch kurz auf die Hebesätze in anderen Kommunen des Odenwaldkreises ein. So liege Bad König momentan mit 490 Punkten bei der Grundsteuer B kreisweit an der Spitze, während sich Reichelsheim und Brombachtal mit je 360 Punkten am unteren Ende befänden. Der Kreisdurchschnitt sei bei 403 Punkten. Auch das benachbarte Hirschhorn liege bei 600 Punkten und denke über eine Erhöhung nach. Die hessische Gemeinde Lautertal habe gar 1050 Punkte.

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Kehrer, der mit der Leiterin der Oberzent-Kämmerei, Tina Bartmann, den Doppelhaushalt mit 16 Produktbereichen vorstellte, verwies auch auf den derzeit äußerst problematischen Holzmarkt und nannte Zahlen: Hatten im Jahr 2017 die damals noch selbstständigen vier Kommunen ein Plus von zusammengerechnet 840.000 Euro gemacht, so liegt man heute bei gerade noch einem knappen Zehntel davon.

Sturmtief "Friederike" und der Borkenkäfer lassen grüßen. Auch die Hessenkasse hat nach Bartmanns Darstellung zwei Seiten. Während sie zwar 2,5 Millionen Euro für Investitionen ins Stadtsäckel bringe, fehle andererseits aber wieder Geld. Denn 2018 habe man noch mit einer Steigerung der Schlüsselzuweisungen um 160.000 Euro gerechnet, nun seien diese aber um 120.000 Euro zurückgegangen. Die fehlenden 280.000 Euro seien dem Umstand geschuldet, dass dem Topf Mittel für die Hessenkasse entnommen worden seien.

Mehrfach betonte Christian Kehrer, dass die nun weniger schönen Zahlen "absolut nichts" mit der Fusion der vier Gemeinden zu tun hätten. Im Gegenteil: "Sonst sähe es noch düsterer aus". Der Zusammenschluss sei "der Not geschuldet", die Kommunen vorher "nur noch bedingt in der Lage" gewesen, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Vieles habe man schon erreicht, etliches stehe aber auch noch an.

So müsse man in öffentliche Gebäude wie Feuerwehrhäuser, im Kindergartenbereich, in neue Fahrzeuge für den Bauhof, in die Software für die Verwaltung und in die Schwimmbäder investieren. Ebenso in die Feuerwehren mit ihren 450 Mitgliedern in den Einsatzabteilungen. Viele Wehrautos lägen über der Mindestnutzungsdauer von 25 Jahren.

Und so komme man auch nicht um die Grundsteuer-Erhöhung herum: "Das Totsparen muss ein Ende haben", unterstrich der Bürgermeister.

Ort des Geschehens

Einmütig überwiesen die 29 anwesenden Stadtverordneten den Plan zur Beratung in den Haupt- und Finanzausschuss.

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