Arbeit mit Kindern aus anderen Kulturkreisen fordert Jugendamt
Jugendhilfeausschuss legt Bericht zu interkultureller Familienhilfe und zur Kinderbetreuung vor

Neckar-Odenwald-Kreis. (lra) Einen Bericht aus der Praxis erhielt der Jugendhilfeausschuss des Kreistags bei seiner jüngsten Sitzung. Anhand von Fallbeispielen wurde die Arbeit des Jugendamts mit Familien aus anderen Kulturkreisen vorgestellt. "Infolge der Flüchtlings- und Zuwanderungsströme der letzten Jahre sind Familien mit Kindern und Alleinerziehende aus anderen Kulturkreisen zu einem Thema der Jugendhilfe geworden", führte Landrat Dr. Achim Brötel in das Thema ein. Die Arbeit mit diesen Familien habe das Jugendamt vor neue Herausforderungen gestellt.
Zwei Fälle stellten die Jugendamtsmitarbeiterinnen Jasmin Heck und Julia Stahl vor. Kernaufgabe der Fachkräfte sei es, bei Problemen den Familien das übliche Maßnahmenset anzubieten und dieses bei mangelnder Kooperation auch durchzusetzen. Erschwert werde die Arbeit aber durch Sprachbarrieren, die man mit Dolmetschern oder der Hilfe der meist sehr gut Deutsch sprechenden Kinder überbrücken könne. Hinzu komme ein sich teilweise unterscheidendes Erziehungsverhalten sowie andere Denk- und Handlungsmuster. "Dies erfordert nicht nur ein hohes Maß an Sensibilität, sondern bindet in Einzelfällen auch enorm viel Arbeitszeit", so Heck und Stahl. Gleichzeitig habe man vieles gelernt: "Schon allein durch den Fluchthintergrund und dadurch entwickelte Traumata entstehen in manchen Familien schnell Multiproblemlagen, die zulasten der Kinder gehen können." Diese versuche man durch eine Mischung aus interkultureller Kompetenz und Hartnäckigkeit im Sinne der Familie zu lösen.
Dass dies immer besser klappe, bestätigte der stellvertretende Leiter der sozialen Dienste beim Landratsamt, Pascal Heffner. "Wir haben an Routine gewonnen. Vieles, etwa die Arbeit mit Dolmetscher und die Kostenübernahme dafür, konnte geklärt werden."
Erschwert werde die Arbeit des Jugendamts durch die Corona-bedingten Abstandsgebote, stellte Jugendamtsleiter Peter Roos fest. Eine Auswirkung der Pandemie sei gewesen, dass die unerlässlichen Besuche in den Familien zurückgefahren werden mussten. Dies habe mit der Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen die Gefahr erhöht, womöglich einen Kinderschutzfall zu übersehen. Dafür habe man aber rasch Lösungen gefunden, wie Spaziergänge der Fachkräfte mit Familienmitgliedern oder Besuche mit Schutzausrüstung. Dennoch registriere man, so Roos, einen Anstieg der Kinderschutzfälle, was auf die aus Schul- und Kindergartenschließungen resultierende vermehrte Zeit zu Hause in zum Teil beengten Wohnverhältnissen zurückzuführen sei. Der Landrat betonte, dass das Jugendamt mit dem größtmöglichen Maß an Flexibilität mit dieser Situation umgehe. Eine absolute Sicherheit, nichts zu übersehen, gebe es aber leider nie.
Ebenfalls präsentiert wurde ein Bericht zum Ausbau- und Entwicklungsstand bei der Kinderbetreuung im Kreis. "Die Städte und Gemeinden haben ihre Anstrengungen zum Ausbau fortgesetzt", sagte der Landrat. Dabei werde wo immer möglich in eine bessere Qualität und mehr Flexibilität investiert.
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Insgesamt gebe es für die Gruppe der unter Dreijährigen in Tageseinrichtungen kreisweit 1130 Plätze. In allen Gemeinden werde eine Betreuung in reinen Kleinkindgruppen angeboten. Dort sei ein Zuwachs gegenüber 2018 von 114 Plätzen festzustellen, während Plätze in altersgemischten Gruppen weggefallen seien. Deshalb sei das Angebot insgesamt nur leicht gestiegen. Das Angebot an Kindergartenplätzen für Kinder von drei bis sechs Jahren sei höher als der Bedarf. Der Rechtsanspruch würde mehr als erfüllt. In Gemeinden mit mehreren Ortsteilen sei allerdings manchmal der Bedarf innerhalb der Gesamtgemeinde gedeckt, aber es gebe trotzdem keinen Platz im Wunschkindergarten. Das Betreuungsangebot für Schulkinder habe sich verbessert.
Die Zahl der Tagespflegepersonen sei leicht zurückgegangen. Betreut wurden 169 Kinder, darunter 66 unter drei Jahre. Ab 2021 stehe eine Veränderung bei der Qualifizierung an, die die Akquise neuer Tagespflegepersonen erschweren könnte. "Kinderbetreuung ist ein wichtiger Standortfaktor", betonte Brötel. Eine gute Planung sei für die Städte und Gemeinden aber sehr anspruchsvoll, da man die Geburtenrate, die oft gegebene Erwerbstätigkeit beider Eltern und den Fachkräftemangel im Auge behalten müsse.
Info: Zahlen zum Ausbau der Betreuungsplätze im Kreis gibt es hier.



